Elisabet Küster: Mittelalter und Antike bei William Morris

kuester-morris0Dieses Buch ist 1928 erschienen und es geht einer der vielen Seiten von Morris wissenschaftlich auf den Grund, als die „Untersuchung eines seltsamen literarischen Stilphänomens: mittelalterlich dargestellte Antike im 19. Jahrhundert, das im Bereich der englischen Präraffaelitengruppe am häufigsten aufzutreten schien“.  „In den literarischen Werken von Morris findet das genannte Stilphänomen den breitesten und klarsten Ausdruck, aber die Dichtungen führen zugleich in Zusammenhänge und Entwicklungen englischen Geisteslebens und englischer Kunst. … Es wurde deshalb zum weitergesteckten Ziel der vorliegenden Arbeit, nicht nur die Entwicklungsgeschichte, Darstellung und Begründung eines literarischen Phänomens zu geben, sondern auch einen Einblick zu schaffen in das uns im wesentlichen fremde Gebiet des englischen Mediaevalismus, und auf den Mann hinzuweisen, der die angewandte Kunst des Kontinents vielleicht noch mehr als die seines Landes beeinflusst hat.“ (Aus dem Vorwort)
Die Dichtungen von Morris zu antiken Themen sind wie antike Geschichte und Mythologie selbst aus dem Fokus unserer Zeit geraten. Aber auch für die Beantwortung der uns näher liegenden Frage: Was hat William Morris eigentlich am Mittelalter gefunden? ist dieses Buch äußerst aufschlussreich.
Frau Elisabet Küster verfasste das Buch als Dissertation an der Uni Freiburg. Zu den Studien hielt sie sich in London auf, wo sie von Weggefährten von Morris freundlich aufgenommen wurde.

Der erste Teil des Buches (70 Seiten) über den Mediaevalismus in England und bei William Morris beginnt mit einer wichtigen länderspezifischen Differenzierung der Romantik:
„Im Deutschen ist die Romantik im wesentlichen emotionell-metaphysisch gerichtet, in Frankreich literarisch-soziologisch, in England ist der künstlerische Aspekt bestimmend, wenn auch soziale (Carlyle) und religiöse (Oxford-Movemnet) Strömungen hier als stilbildende Faktoren mit heranzuziehen sind. Ein solcher Eklektizismus, wie ihn die Renaissance des Mittelalters in der Romantik darstellt, kann nur auf so einem autonomen Gebiet wie dem künstlerischen wirklich Boden fassen und schöpferisch sein. Daraus ist zu erklären, dass die mediavalistische Tendenz gerade in der englischen Romantik mit ihrer betont künstlerischen Haltung am schärfsten herausgearbeitet werden konnte.“
An dessem Ende kommt Küster zu dem Schluss, dass Morris sich nicht (nach einem eventuellen klischeehaften Vorurteil) pessimistisch und verantwortungslos der Gegenwart entzogen habe und ins Mittelalter zurückgekehrt sei. Lesen Sie selbst: Der Mediaevalismus in England

Hier das noch vorher im Buch stehende erste Kapitel:

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