G. D. H. Cole: Selbstverwaltung in der Industrie

selbstverwaltung in der industrieDieses Buch ist ein wichtiges Dokument aus der Bewegung für einen Gilden-Sozialismus, die – wie mehrere andere Anfang der zwanziger Jahre – abbrach, bevor sie praktische Resultate größeren Umfangs vorweisen konnte. Die Tradition lokaler Gilden als Vereinigung der Gewerbe war in England noch lebendig und lieferte den Namen für die zu bildenden landesweiten Organisationen der Produzenten. Theoretisch wurde viel geleistet und eine gute Verbindung zu kämpferischen und gut verankerten Teilen der Arbeiterbewegung erreicht. Ein wirtschaftlicher Kriseneinbruch 1921 aber lähmte das Selbstbewusstsein der Arbeiter, dem Projekt der Baugilden fehlten die Finanzen, der Parteikommunismus hatte eine kurze Phase der Anziehungskraft und die Dynamik der Idee der Selbstverwaltung durch die Produzenten selbst brach ein.
Es ist ein Schlüsselbuch für alles, was mit Abschaffung der Lohnarbeit, mit Arbeiterkontrolle, Wirtschaftsdemokratie oder Selbstverwaltung in der Wirtschaft zu tun hat. Zum einen, weil in ihm die Entstehung und Ausarbeitung dieses Plans lebendig nachvollziehbar wird und gleichzeitig auch, wie die „Gedankenträger“ ihre Idee den „Anwendern“ in den Industrien nahe bringen wollten. Das Buch zeigt, wie die Gildensozialisten auf den französischen Syndikalismus aufbauten, Erfahrungen der amerikanischen I.W.W. aufnahmen und in erbittertem Clinch mit den verschiedenen Formen des Staatssozialismus (damals Kollektivismus genannt) standen. Es gab keine einheitliche Theorie, die ersten Quellen waren christlicher Sozialismus, die Werttheorie von Karl Marx und die Tradition des freiheitlichen Denkens in England. Cole war es im Besonderen, der die Flügel zu verbinden und eine Programmatik zu formulieren suchte, die gesellschaftlich wirksam werden konnte. Das Buch zeigt, wie gute neue Ideen nicht durch Dogmatismus, Wissenschaftshuberei und Haarspalterei entstehen, sondern durch rationales, offenes Denken, das auch seinen Anteil Idealismus nicht verleugnet, ohne den es nie gehen wird. Praktisch alle wichtigen Schreiber (Penty, Hobson, Cole …) des Gildensozialismus waren stark von William Morris inspiriert, aber auf verschiedene Weise (z.B. Ablehnung der Industrie: ja oder nein?).
Die Theorie des Gildensozialismus hatte zu ihrer Zeit eine große internationale Ausstrahlung, siehe Bruno Trentin: Über den Gildensozialismus auf dieser Webseite. Dann wurde, man kann fast sagen, das gesamte restliche Jahrhundert lang die Idee der industriellen Selbstverwaltung von Faschismus, Sozialpartnerschaft, „Wohlfahrtskapitalismus“ und dem Desaster des Staats“Kommunismus“ ertränkt. Das Konzept von Industriegewerkschaften, die halbherzige Forderung nach Verstaatlichung der Schlüsselindustrien und die berechtigte Klage, dass „die Demokratie vor den Werkstoren aufhört“, kann man noch als Nachhall innerhalb DGB-Gewerkschaften interpretieren. Die deutsche „Mitbestimmung“ sicher nicht, denn hier liegt der Unterschied: die Gildensozialisten waren für soviel Kontrolle und Macht in der Industrie wie nur möglich, auch wenn es erst nur eine Teilmacht ist – aber sie wären sicher keine Partnerschaft eingegangen und hätten keine Hilfsdienste geleistet. Ansonsten könnte man manchmal denken, ausgerechnet Trotzki hätte die „Arbeiterkontrolle“ erfunden, so sehr wurde dieser naturwüchsige, aber anspruchsvolle Emanzipationsgedanke aus der Arbeiterbewegung ausgetrieben.
1921 erschien das Buch in einem renommierten Verlag in deutscher Sprache (wohl als einzige größere Schrift zu diesem Thema). Es war wahrscheinlich der Verlag, der unpassender Weise Rudolf Hilferding das Vorwort antrug. Hilferding war als führender Sozialdemokrat, „Ökonom“ und Mitglied beider Sozialisierungskommissionen in den Vorjahren wesentlich daran beteiligt, die der deutschen Bevölkerung versprochene Sozialisierung der Industrie zu vereiteln. Carl von Ossietzky gibt in deutlichen Worten eine Charakterisierung dieses „prädestinierten Bremsers“ als „Der Mann ohne Schatten“: http://archive.org/stream/DasTage-buch19242.Halbjahr/DasTage-buch1924-2#page/n28/mode/2up
Hier das Buch in Abschnitten:
Inhalt, Vorwort, Einleitung
Die Gilden
Die Reorganisation der Gewerkschaften
Die Abschaffung des Lohnsystems
Das Wesen des Staates
Staatsbesitz und Staatskontrolle
Die Freiheit in den Gilden
Gilden und Konsumenten
Anhänge: Syndikalismus in Frankreich, Arbeiterpolitik nach dem Krieg
Hier der komplette Text: Selbstverwaltung_Textdatei
Link zur englischen Ausgabe:  https://archive.org/stream/selfgovernmentin00coleiala#page/n5/mode/2up

coleG.D.H. Cole (1889-1959) war ein englischer Schriftsteller und Sozialist, der nach eigener Aussage durch die Lektüre von News from Nowhere für den Sozialismus gewonnen wurde. Zeit seines aktiven Lebens stand er in der britischen Arbeiterbewegung und der Labour Party an vorderster Stelle auf der Seite, die für einen zielstrebigen und bewussten Übergang zu einer sozialistischen Gesellschaft eintrat. Er scheint der geborene Schriftsteller, Vordenker und Überzeuger gewesen zu sein, der sich mit festen Prinzipien auch in die schwierige Nähe zu den Vertretern eines Staatssozialismus begab, um den Hauptstrom der Arbeiterbewegung zum entschiedenen Klassenkampf zu bewegen. Dies war so in den Jahren vor und nach dem 1. Weltkrieg, als er ein wesentlicher Aktivist und Schreibender der Bewegung für den Gildensozialismus war. Dann in den dreißiger Jahren als Mann der Socialist League, die sich innerhalb der Labour Party für den Kampf gegen den Faschismus und für ein sozialistisches Programm positionierte, bis die Labour Party ihre Mitgliedschaft für unvereinbar erklärte. In den 50er Jahren wieder als Initiator einer internationalen Initiative, die in der schlimmen Zeit des Kalten Krieges für eine Erneuerung des Weltsozialismus eintrat. Sein Lebenslauf hat viel mit der Fabian Society zu tun, der er zunächst angehörte, die er 1915 im Streit mit den elitären Reformisten um Sidney Webb und G.B. Shaw verließ um in den späten Dreißigern in ihr wieder Ämter und zeitweise den Vorsitz zu übernehmen. Dies können und wollen wir nicht beurteilen oder in angelesenen Sätzen ausbreiten.
Über den Gildensozialismus und die englischen Sozialisten wird zuwenig geforscht und geredet, im deutschsprachigen Raum so gut wie gar nicht. Wir haben aber selber noch drei seltene Belege antiquarisch gefunden, die über die Schwierigkeiten dieser Zeiten und die Positionen von G.D.H. Cole Auskunft geben:
gildensozialismus– die deutschsprachige Ausgabe eines Vortrags über den Gildensozialismus von 1921: Gildensozialismus
socialistcontrol– in den frühen Dreissiger Jahren für die Socialist League: Socialist Control of Industry

ForwardtoSocialism– ein Aufruf der Socialist League (1932-1937), die denselben Namen trug, wie die Organisation von William Morris in den Jahren 1885-1890: Forward to Socialism
Weltsozialismus-Cole– für die Internationale Gesellschaft für Soz. Studien (1956): Ein neues Bekenntnis zum Weltsozialismus

Hier jetzt das zweite Kapitel des Buchs:

Die Gilden

Eine Bewegung ist nur dann gefährlich, wenn sie von einer Idee getragen wird. Wenn es auch oft vorgekommen sein mag, reich Menschen mit hohen Idealen ihr Ziel nicht erreichen konnten, weil sie ihr Pulver nicht trocken hielten, so steht andererseits fest, dass keine noch so große Menge trockenen Pulvers ausreicht, um eine Revolution ohne tragende Idee zum Siege zu führen. Konstruktiver Idealismus ist nicht nur die treibende Kraft jeder großen Erhebung, er ist auch das Bollwerk gegen die Reaktion.
Sollen die Gewerkschaften die revolutionäre Macht der Zukunft werden, dann nur insofern, als sie von wirklichem Idealismus beseelt sind. Solange sie rein materialistisch bleiben, haben sie nicht die leiseste Aussicht, das kapitalistische System in ein besseres zu verwandeln. Die Sozialisten, die ihr Vertrauen auf die Arbeiterorganisationen setzen, glauben daher, dass die Gewerkschaften ein höheres Ziel verfolgen müssen, als bloß für ihre Mitglieder bessere materielle Lebensbedingungen zu erstreben.
Die frühere Einstellung zu den Gewerkschaften findet man in folgender Lesebuchdefinition zusammengefasst: Eine Gewerkschaft ist die dauernde Vereinigung von Lohnempfängern zum Zwecke der Erhaltung oder Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen. Auf den ersten Blick erscheint diese Definition ganz zutreffend, denn früher haben die Gewerkschaften sicherlich in der Hauptsache unter dem Gesichtspunkt des „Kollektivvertrages“ gehandelt. Die Definition entspricht auch durchaus der Vorstellung der alten Gewerkschaften selbst. Historisch bestand die wesentlichste Funktion der Gewerkschaften in der Aufrechterhaltung des Preises der Ware „Arbeit“ innerhalb des kapitalistischen Systems.
Als der Sozialismus in England zu erstarken begann, waren die Gewerkschaften immer noch äußerst reformistisch. Man könnte vielleicht sagen, dass die Arbeiterschaft, in ihrer Liebe zur Revolution in früher Jugend enttäuscht, ein Gelübde der Keuschheit abgelegt hat und es ablehnte, sich mit irgendeiner anderen idealistischen Richtung zu vermählen. Die revolutionäre Gewerkschaftsbewegung aus der Zeit Robert Owens zog zu früh in die Schlacht und erlitt eine schmachvolle Niederlage. Die Überlebenden hielten es für das einzig Richtige, die Reste der Gewerkschaftsarmee zu retten, indem sie sie zu einer Art von Bürgergarde umwandelten, die alles Kriegerische abschwor und sich, wo nur möglich, auf friedliche Verhandlungen mit den Unternehmern beschränkte. Jeder Gedanke an eine Überwindung des Kapitalismus wurde aus der Ideenwelt der Gewerkschaften verbannt und jede Andeutung von politischer Machtergreifung verworfen. Die Gewerkschaften erklärten sich offen für eine reformistische Haltung; gleitende Lohnskalen und Schiedsgerichte bildeten die Höhe ihres Ehrgeizes.
Die natürliche Folge war, dass die früheren Sozialisten, unter ihnen die hervorragendsten Mitglieder der alten sozialdemokratischen Partei, die Gewerkschaften für hoffnungslos reaktionär hielten und sich von ihnen keine Unterstützung für die Erreichung eines sozialistischen Gemeinwesens versprachen. Dieser sehr begreifliche Fehler hatte nichtsdestoweniger unheilvolle Folgen. Der heranwachsende englische Sozialismus blieb eine fast rein politische Lehre, auf industriellem Gebiete war sein letztes Wort die Verstaatlichung der Produktion.
Inzwischen begannen aber die Gewerkschaften, vornehmlich infolge der wachsenden Verbreitung sozialistischer Ideen, ihren Charakter zu ändern. Der Dockerstreik im Jahre 1889 war die erste Äußerung des neuen Geistes, er bedeutete das Aufdämmern eines neuen Klassenbewusstseins. Das Gewerkschaftswesen war von jetzt an nicht nur die Verkörperung des korporativen Egoismus der gelernten Arbeiter, auch die ungelernten Arbeiter stellten sich im Kampfe um die industrielle Freiheit an die Seite ihrer Kameraden. Diese Geistesänderung ist selbst bis heute noch sehr unvollständig geblieben, aber seitdem war es sicher, dass es nur eine Frage der Zeit ist, wann das Gewerkschaftsbewusstsein in den Gewerkschaften vom Klassenbewusstsein abgelöst werden wird.
Das Heranwachsen dieses neuen Geistes zeigt uns, welche Gelegenheit sich der Sozialismus entgehen ließ. Damals wäre es Zeit für den politischen Sozialismus gewesen, sich durch die Idee der Selbstverwaltung in der Industrie zu vervollständigen, indem er die Gewerkschaften als die zukünftigen Träger der Produktion anerkannt hätte. Diese Unterlassung hat die Sache des Sozialismus um ein Vierteljahrhundert zurückgeworfen. Die Ereignisse, die in dem Dockerstreik gipfelten, blieben allerdings nicht ohne Rückwirkung auf den Sozialismus und führten zu der Bildung der unabhängigen Arbeiterpartei (Independent Labour Party). Aber anstatt sich für industrielle Demokratie einzusetzen, stellte die unabhängige Arbeiterpartei ein rein politisches Programm auf, das zur Hälfte den Fabiern, zur Hälfte der S.D.F. (Sozialdemokratische Partei) entliehen war. Trotzdem sie ihre Entstehung einer industriellen Revolte verdankte, erfassten Keir Hardie und seine Freunde deren Bedeutung nicht. Sie sahen nicht die eigentliche Funktion der Gewerkschaften und urteilten weiter skeptisch über ihren endgültigen Wert.
Als dann mehrere Jahre vergingen, ohne dass sich Anzeichen von Gesinnungsänderung in den Arbeitermassen zeigten, erkannten die Sozialisten endlich, welchen Fehler sie mit der Nichtbeachtung der Gewerkschaften begangen hatten. Ihre nächste Tat war demzufolge die Bildung einer Arbeiterpartei (Labour Party), einer Verbindung zwischen Gewerkschaften und sozialistischen Verbänden. Aber auch jetzt versagten sie wieder. Die Logik der Tatsachen zwang sie dazu, die Notwendigkeit der Unterstützung durch die Gewerkschaften einzusehen, aber sie sahen nicht darüber hinaus und wussten nicht, in welcher Weise sie an die Gewerkschaften herankommen sollten. Anstatt ihre Theorie nach der industriellen Seite zu erweitern und die Gewerkschaften als künftige Träger der Industrie anzuerkennen, bemühten sie sich, die Gewerkschaften für ihr eigenes politisches Programm zu gewinnen. Durch diese Bewegung, die der Einsicht beider Parteien ein gleich schlechtes Zeugnis ausstellt, gewannen sie zwar im Augenblick an Stärke, versäumten aber gleichzeitig die gute Gelegenheit und legten den Grund zu ihrer eigenen späteren Schwäche. Statt den Gewerkschaften industriellen Idealismus einzuflößen, wollten sie politische Idealisten aus ihnen machen, und den politischen Wein in industrielle Schläuche füllen. Der Erfolg war vorauszusehen: die Gewerkschaften gewannen nicht an Idealismus und die Verschmelzung mit den Sozialisten zu einer neuen Vereinigung war zwar nicht frei von Idealen, schwächte aber bald die Schwungkraft der rein sozialistischen Ideale. Wir kennen das letzte Ergebnis: es ist eine Labour Party, die dem Kapitalismus längst keine Angst mehr macht.
Die menschliche Natur fand aber doch eine Rettung. Während die anerkannten Führer der Gewerkschaften ihre Kräfte allzu oft in der Politik zersplitterten – die, so wichtig sie an sich ist, nicht ihre Aufgabe war –, begann der neue Idealismus, den die Sozialisten nicht begriffen hatten, in den Massen der Gewerkschaften allmählich aufzukeimen. Halb unbewusst begann die Auflehnung gegen die Tyrannei in den Arbeitsstätten festere Gestalt anzunehmen, und die Arbeiter begannen einzusehen, dass ihre Unterdrückung erst dann ein Ende haben würde, wenn sie selbst zu Herren ihrer Industrien würden. Die Leitung der Staatsbetriebe zeigte ihnen, dass eine allgemeine Verstaatlichung der Industrien ihnen zwar eine gerechtere Einkommensverteilung bringen, nicht aber ihre Wünsche in bezug auf industrielle Freiheit befriedigen würde. Der Syndikalismus, oder wenigstens syndikalistisch gefärbte Lehren, begannen Wurzel zu fassen. Als die Unruhe in der Arbeiterschaft sich ausbreitete, stellte es sich heraus, dass sie nicht bloß ein Streben nach höheren Lohnsätzen anzeigte, sondern Auflehnung gegen Tyrannei und das Streben nach industrieller Selbstverwaltung war.

Der neue Geist erstarkte also in den Gewerkschaften, und zwar größtenteils außerhalb des Sozialismus, einfach aus dem Grunde, weil die Sozialisten nicht genügend Phantasie besaßen. Er wurde dadurch natürlich einseitig und unvollständig, denn er wurde zu einer industriellen Doktrin, während man eine zugleich industrielle und politische benötigte.
Es ist die Aufgabe der heutigen Sozialisten, die Synthese zwischen den Zwillingsidealismen des Sozialismus und der Gewerkschaften zu vollenden, die man vor 25 Jahren bei dem Hafenarbeiterstreik unterlassen hatte. Jedermann, der den Wert von Idealen begreift und eine mit konstruktivem Idealismus getränkte Revolution herbeiwünscht, sollte sich an dem Ausbau des neuen Sozialismus beteiligen.
In der heutigen Gesellschaft ist der Staat die Zwangsgewalt, die das Privateigentum schützt und als Diener des Kapitalismus die wirtschaftliche Klassenstruktur der modernen Welt widerspiegelt. Die Gewerkschaften sind heutzutage ausschließlich Vereinigungen von Lohnempfängern, die sich gegen die kapitalistische Ausbeutung schützen und ihre Arbeitsbedingungen weniger drückend machen wollen. Welche Vorstellung können wir Sozialisten uns außer diesen beiden Kräften – dem kapitalistischen Staat und der Gewerkschaft von Lohnempfängern – von der künftigen Gesellschaft machen?
In der richtigen Erkenntnis, dass der Aufbau unserer industriellen Gesellschaft seinen natürlichen Ausdruck im Klassenkampf findet, und unablässig beschäftigt durch unseren dauernden Kriegszustand mit dem Kapitalismus, sind wir trotz unserer Absicht, die Gesellschaft neu zu organisieren, sehr leicht geneigt, den gegenwärtigen Staat und die heutigen Gewerkschaften als unabänderliche Gegebenheiten anzusehen. Manche Sozialisten halten den Staat wesentlich für die Erscheinungsform des Kapitalismus und meinen, er werde mit allen seinen Funktionen automatisch verschwinden, wenn die Arbeiter zur Macht gelangen. Das wäre der Anarchismus, dem eine Art des Syndikalismus sehr nahe steht. Andere betrachten die Gewerkschaften als reine Unterhandlungsorgane, die nach dem Verschwinden des Kapitalismus entweder ganz verschwinden oder nur eine ganz untergeordnete Bedeutung behalten werden. Das ist der Standpunkt des reinen Staatssozialismus, des Kollektivismus, der sowohl in England als anderwärts so oft missverstanden worden ist.
Beide Vorstellungen stützen sich auf falsche Voraussetzungen. Die erste setzt voraus, dass der Staat immer so bleiben werde, wie er heute ist, die zweite, dass ihre enge Auffassung der gewerkschaftlichen Funktionen in der kapitalistischen Gesellschaftsordnung schon deren ganze Aktionsmöglichkeiten erschöpft. Beide Ansichten sind überdies einseitig, denn beide glauben, dass sich zwar die eine der gegebenen Institutionen ändern werde, die andere aber nicht, während doch natürlich sowohl Staat als Gewerkschaften, wenn sie als Bausteine einer neuen Gesellschaftsordnung dienen sollen, von Grund auf geändert und von neuem Geist erfüllt werden müssen.
Eine dauernde Gemeinschaft, die die Rechte und die Persönlichkeit aller Konsumenten und Produzenten in gleicher Weise wahrt, kann nur dadurch entstehen, dass Staat und Gewerkschaften neue Funktionen bekommen und jeder in seiner Sphäre die Herrschaft hat. Ein Kollektivismus, der nicht durch starke Gewerkschaften ergänzt ist, wird zu reiner Staatsbürokratie auf breitester Grundlage, und Gewerkschaften, denen kein mächtiger und demokratischer Staat gegenübersteht, werden nicht minder tyrannisch sein, wie eine oberste Staatsgewalt, die nicht durch eine komplementäre Organisation gezügelt wird.
Der eigentliche Wirkungsbereich der industriellen Organisation ist die Kontrolle der Produktion und des Produktionsaustausches; ihre Funktion ist industriell im weitesten Sinne und umfasst alles, was den Produzenten in seiner Eigenschaft als Produzenten betrifft, seine Arbeit, also den wichtigsten und nützlichsten Teil seines täglichen Lebens. Sie hat nicht den Ehrgeiz, „politische“ Fragen zu entscheiden, ihre Daseinsberechtigung beruht nur darauf, dass sie dem Produzenten die direkte Kontrolle über die Produktion ermöglicht.
Der eigentliche Wirkungsbereich des Staates in Bezug auf die Industrie liegt darin, dass er die gemeinsamen Bedürfnisse und Wünsche der Menschen als Konsumenten und Verbraucher der Industrieprodukte vertritt. Er beansprucht weder die Entscheidung von Produktionsfragen, noch die Kontrolle über die Produktion, seine Daseinsberechtigung resultiert daraus, dass er die Interessen der Konsumenten vertritt und ihnen das Recht wahrt, die Verteilung der nationalen Produkte und die Verteilung des Einkommens in der Gemeinschaft zu bestimmen.

Industrie in weitestem Sinne ist zugleich Gegenstand der Produktion und des Verbrauchs. Erst wird das Produkt hergestellt, und dann wird bestimmt, wem das Recht zu seinem Verbrauch zugesprochen werden soll. Die Entscheidung über Art und Verbrauch des Produktes ist in erster Linie eine Verbraucherangelegenheit, die Produktionsbedingungen wiederum sind für den Produzenten von so vitalem und unmittelbarem Interesse, dass er ihre Kontrolle nicht Außenstehenden überlassen kann. Die alten Kollektivisten wollten die Regelung aller Dinge unterschiedslos durch das demokratische Gemeinwesen machen lassen und meinten, die Wünsche und Beschwerden der Arbeiter könnten durch ein verbessertes Parlament unter demokratischer Kontrolle entsprechend wahrgenommen werden. Sie dachten sich die nationalen Produkte und die Verteilung des Einkommens in künftige Gesellschaft in der Weise, dass der Staat und die Städte alle Arbeiter beschäftigen, so wie sie heute die Arbeiter der Post, Trambahnen und staatlichen Werften beschäftigen, mit dem Unterschied, dass der gute Wille der Verbraucher den Arbeitern angemessene Löhne, Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen sichern würde. Die neuen Syndikalisten wiederum beanspruchen alle Entscheidungen für die organisierten Arbeiter; sie wollen sie so organisieren, dass ihnen das Arbeitsmonopol gesichert wird, und sie wollen diese Grundlage wirtschaftlicher Macht durch Bereitstellung ökonomischer Hilfsmittel ergänzen, um dann nach Ausschaltung der Kapitalisten aus der Produktion sich zu alleinigen Eigentümern der Produktionsmittel und der Verteilung zu machen.
Dieser Gegensatz ist nicht bloß ein politischer Unterschied, er ist ein Gegensatz der Grundanschauungen. Die Kollektivisten, ganz unter dem Eindruck der täglichen Lohnkämpfe der Arbeiter, dachten nur an die Verteilung. Ihr ganzer Ehrgeiz gipfelte darin, hohe Löhne unter staatlicher Kontrolle zu erreichen. Sie hielten alle Leute für Träumer oder Ideologen, die wie William Morris den Standpunkt verfochten, das Problem der Produktion sei das Problem, den Arbeitern Verantwortung und Kontrolle zu geben, kurz, ihnen die Freiheit zu geben, ihre Persönlichkeit in ihrer Arbeit zu entfalten, was dann auch wieder der Gesamtheit zum Nutzen dienen würde. Die heutige sozialistische Theorie steht vor der Aufgabe, diese beiden Ansichten in Einklang zu bringen, von denen jede für sich allein nicht fähig ist, ein ideales Ziel aufzubauen. Die politische Demokratie muss durch Demokratie im Betrieb ergänzt werden, und die industrielle Demokratie muss einsehen, dass sie mit der Verneinung des Staates in eine industrielle Tyrannei zurückfällt. Wenn die Sozialisten, statt die Syndikalisten ungehört zu verdammen, den Kern der syndikalistischen Idee aufgreifen und mit ihrem eigenen Ideal von politischer Gerechtigkeit in Einklang zu bringen versuchten, dann wären Kollektivismus und Syndikalismus nicht entgegengesetzte Kräfte, sondern sich ergänzende Ideen. Eine genaue Analyse der syndikalistischen Forderungen zeigt den einzigen Weg zur Lösung.
Der unumschränkte Besitz an Produktionsmitteln, den manche Syndikalisten für die Gewerkschaften verlangen, ist die Entstellung und Übertreibung einer gerechten Forderung. Man sollte den Arbeitern die normale Leitung der Industrie überlassen, sie sollen aber nicht das Recht haben, die Preise nach ihrem Ermessen festzusetzen und den Konsumenten zu diktieren, welche Güter sie zu verbrauchen haben, mit anderen Worten, sie sollen nicht das Recht haben, die Gemeinschaft auszubeuten, wie das heute der einzelne Unternehmer tut. Wie lässt sich also diese Frage lösen? Durch die Arbeitsteilung zwischen dem Staat als Vertreter der organisierten Verbraucher und den Gewerkschaften, oder anderen aus ihnen entstehenden Industrieverbänden als Vertretern der organisierten Erzeuger. Diese Körperschaften nennen wir (nationale oder landesweite) Gilden, einerseits im Anschluss an die Tradition des Mittelalters, andererseits, um sie von der mittelalterlichen Tradition zu unterscheiden.
Wir Vertreter des Gildensystems wollen eine Gemeinschaft, in der die Produktion in der Weise organisiert ist, dass für jede Industrie die demokratische Vereinigung aller ihrer Arbeiter geschaffen wird und diese Vereinigungen sich dann in einer zentralen Vereinigung aller Arbeiter aus allen Industrien zusammenschließen. Wir erstreben ferner eine Demokratisierung des Staates und der lokalen Behörden und wollen die Kontrolle der Industrie zwischen Produzenten und Konsumenten teilen. Eigentümer der Produktionsmittel soll der Staat sein; den Gilden soll die Kontrolle über die Produktion selbst zustehen. In einer solchen Zusammenarbeit, nicht im reinen Kollektivismus oder im reinen Syndikalismus, liegt die Lösung des Problems der Kontrolle über die Industrie.
Diese Andeutungen müssten natürlich viel eingehender ausgeführt werden als es an dieser Stelle möglich ist, viele Entscheidungen müssten auch der Zukunft überlassen bleiben, wenn die praktischen Probleme auftauchen. Wir können hier kein genaues und lückenloses Bild dieser Arbeitsteilung entwerfen, aber wir gewinnen schon sehr viel, wenn wir uns auch nur in ganz groben Umrissen ein Bild der neu zu erschaffenden Gesellschaft vorstellen. Wir müssen sowohl das Verlangen der Produzenten nach Verantwortung und Selbstverwaltung befriedigen, als den gerechten Forderungen der Konsumenten nach einer angemessenen Verteilung des nationalen Einkommens und nach ausreichender Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen entgegenkommen.

Dann wird eine Art von Teilhaberschaft zustande kommen. Heutzutage haben allerdings viele Leute die Neigung, diese Phrase zu übernehmen, ohne das Streben, eine tatsächliche Gemeinschaft zu begründen. Soll die Gemeinschaft etwas taugen, so muss sie eine Vereinigung von Gleichberechtigten sein, nicht ein widerrufliches Zugeständnis eines wohlwollenden übergeordneten Staates: die Gilden müssen in der Lage sein, mit dem Staat gleichberechtigt zu verhandeln. Die Bedingungen, unter denen die Produzenten sich bereit erklären, für die Allgemeinheit zu arbeiten, und die Bedingungen, unter denen die Allgemeinheit diese Dienste annimmt, müssen zwischen Staat und Gilden vereinbart werden.
Die Gilden müssen das Recht und die wirtschaftliche Macht haben, ihre Arbeit zu verweigern; der Staat muss, um ungerechtfertigte Forderungen ablehnen zu können, sich auf seine gleichberechtigte Stimme und auf die organisierte Meinung der Gesamtheit berufen können. Natürlich ist die Möglichkeit gegeben, dass bei Gleichberechtigung beider Organisationen es einmal zu einer Stockung kommt; aber es ist kaum denkbar, dass in einer gleichberechtigten Gesellschaft eine solche Stockung wirklich eintreten wird.
Ich habe mein Ideal nur in groben Strichen gezeichnet, weil es an anderer Stelle schon eine gute und vollständige Darstellung erfahren hat und ich nicht den Wunsch habe, einen Boden zu beackern, den andere schon bepflanzt haben. Aber ich möchte ganz kurz die grundlegende moralische SachIage im Hinblick auf den Sozialismus, wie er gewöhnlich verstanden wird, und zugunsten meines Ideals darstellen.

Ich frage nun zunächst: welches ist das grundlegende Übel unserer modernen Gesellschaft, das wir zuerst abzuschaffen wünschen?
Man kann diese Frage zweifach beantworten, und sicher werden viele wohlmeinende Leute die falsche Antwort geben. Sie werden antworten: die  A r m u t , wo sie sagen sollten: die  S k l a v e r e i .  Durch die dauernde Beobachtung der beschämenden Kontraste zwischen Reichtum und Not, hohen Dividenden und niedrigen Löhnen und in dem schmerzlichen Bewusstsein der Nutzlosigkeit aller Bemühungen, durch private oder öffentliche Wohltätigkeit ein Gleichgewicht zu schaffen, würden sie ohne Besinnen antworten, dass sie in erster Linie für die Abschaffung der Armut seien.
Sie haben ganz recht! In diesem Punkte wird jeder Sozialist ihnen beipflichten. Aber nichtsdestoweniger haben sie meine Frage dennoch falsch beantwortet.
Armut ist nur das Symptom, die Krankheit heißt Sklaverei. Der Gegensatz zwischen Reichtum und Armut ist nur die Folge des Gegensatzes zwischen Freiheit und Knechtschaft. Die Masse ist nicht geknechtet, weil sie arm, sondern arm, weil sie geknechtet ist. Die Sozialisten haben meistens nur das materielle Elend der Armen gesehen, statt sich klarzumachen, dass dieses nur durch die geistige Entwürdigung der Sklaven bedingt wird. Ich behaupte, dass die Sozialisten sich das nie klargemacht haben, trotzdem sie immer wieder verkündeten, soziale Reformen und Sozialismus seien zweierlei, und trotzdem sie stets für den Umsturz des kapitalistischen Systems eintraten. Wer von den evolutionären Sozialisten kann denn erklären, worin jener Unterschied besteht und wer von den revolutionären, was mit dem Umsturz des kapitalistischen Systems gemeint ist?
Es ist leicht zu verstehen, warum die Sozialisten auf die Tatsache der Armut solches Gewicht legen. Es gibt nicht einen unter ihnen, wenigstens unter denen, die noch nicht von den verbotenen Amtsfrüchten im politischen Garten Eden genossen haben, der nicht tiefinnerst überzeugt davon wäre, dass unsere Zivilisation über alle Maßen entwürdigend und unmoralisch sei. Sein erstes Streben ist also darauf gerichtet, andere zu der Überzeugung zu bringen, dass er recht hat. Was wäre aber wirksamer, als die offene Wunde des physischen Elends vor den Augen aller Welt zu entblößen? Selbst der phantasieloseste Mensch – und die meisten Menschen haben Mangel an Phantasie – muss das Übel der Armut einsehen. Wir zeigen deshalb aller Welt, dass nur wenige reich und viele arm sind. Die Idee, der Endzweck des Sozialismus sei die Abschaffung der Armut, beginnt so mit einem argumenturm ad hominem.
Mir fehlt der Raum, um näher auf die praktisch-politische Wirkung dieser Einstellung einzugehen. Ich will nur mit wenigen Worten ausführen, warum ich sie für so unheilvoll halte. dass wir uns so vorzugsweise mit der Armut abgegeben haben, war die Ursache unserer langen Wanderungen im Schattental des Reformismus; es zwang die Arbeiterschaft in ein liberales Bündnis und verdarb für eine Generation jede Chance einer politisch erfolgreichen Betätigung. Für all zu viele bedeutete der Sozialismus nichts anderes als eine stärkere Abstufung der Einkommensteuer, Verstaatlichung der Eisenbahnen und der Bergwerke und die Aufhebung des Armengesetzes, zusammen mit noch einem unbestimmten Etwas dahinter, dem man weder Namen noch Inhalt geben kann. Die Gier, mit der wir uns gleich Ertrinkenden an den etwas dicken Strohhalm des Minoritätsberichts geklammert haben, bewies deutlich genug unseren Bankrott auf dem Gebiete der Ideen. Vielen von uns erschien diese sehr geschickte und notwendige Ergänzung zu dem kapitalistischen System als der Gipfel des heutigen konstruktiven Sozialismus.
Unsere Generation suchte nach einem Zeichen, aber es ward ihr keines, außer dem des Propheten Jonas, und der war, wenn mein Gedächtnis mich nicht trügt, ein Prophet zweiten Ranges. Der biblische Jonas hatte seinerzeit das Glück, von einem Walfisch verschluckt zu werden. Heute sind die Rollen vertauscht: statt dass die Arbeiterbewegung ihren Jonas schluckt, hat Jonas die Arbeiterbewegung verschluckt.
Ausgehend von dem Gedanken, dass Armut die Wurzel alles Übels sei, versuchten die Sozialisten, dieses Übel dadurch zu beseitigen, dass sie eine bessere Verteilung des Einkommens herbeizuführen versuchten. Dieser Versuch ist ihnen, wie man zugeben wird, bisher durchaus noch nicht geglückt. Der Gegensatz zwischen arm und reich ist nicht ein bisschen kleiner geworden, hat sich im Gegenteil sogar noch vergrößert. Die Gildensozialisten sind nun der festen Überzeugung, dass sich dieser Gegensatz niemals überbrücken lassen wird, solange man das soziale Problem in der Hauptsache als Verteilungsproblem auffasst.
Mit Ausnahme der faulen Reichen und der arbeitslosen Armen hat jeder Mensch zwei wirtschaftliche Funktionen: einerseits ist er Produzent und andererseits Konsument der Güter und Dienste. Die Sozialisten haben nun auf der Suche nach einer geeigneten Grundlage für das Gebäude ihrer idealen Gesellschaft zwischen diesen beiden Seiten der menschlichen Tätigkeit hin- und hergeschwankt. Die Fourieristen, die christlichen Sozialisten und die Kommunisten, mit ihren Ideen über die Phalansteres, Produktivgenossenschaften und freie Kommunen, bauten – und zwar unvollkommen – ihre Konstruktion auf den Produzenten auf. Der Kollektivismus hingegen, und mit ihm die meisten modernen sozialistischen Schulen, gründeten ihre Theorie auf den Menschen als Konsumenten. Wir wollen jetzt untersuchen, ob und wer von beiden recht hat.
Der praktische Sozialreformer ist sehr stolz darauf, dass er nur den „Durchschnittsmenschen in seiner Durchschnittstätigkeit“ berücksichtigt. Er hält es für baren Unsinn, eine neue soziale Ordnung auf der Grundlage des Idealismus zu errichten, weil er von lebendigstem Misstrauen gegen die menschliche Natur, die menschliche Initiative und die menschliche Freiheit beseelt ist. Sein Ideal ist eine väterlich wohlwollende Staatsregierung, beschränkt durch eine womöglich nicht allzu reale demokratische Kontrolle. Für Gemüter entsprechenden Temperaments hat der Kollektivismus eine unwiderstehliche Anziehungskraft. Die Idee, dass der Staat nicht nur die letzte Entscheidungsinstanz ist, sondern auch in allen geschäftlichen Dingen mitzureden hat, eröffnet dem Bürokraten ein weites Feld für kleinliche Tyrannei. In dem heutigen Staat, in dem die durch das Parlament ausgeübte demokratische Kontrolle mehr oder weniger eine Farce ist, wäre der kollektivistische Staat für die Bürokraten das Paradies auf Erden. Die Sozialisten geben das meist auch zu, meinen aber, durch eine Demokratisierung des Parlaments ließe sich dieser Fehler vermeiden. Die „Eroberung der politischen Macht“ wird zum Alpha und Omega ihrer politischen Methode; sie datieren alle ihre Wechsel von den calendis graecis der ersten sozialistischen Regierung an. Verdient aber dies Ideal von der demokratischen Kontrolle der Industrie durch das Parlament auch wirklich alle die Energie, die auf sie verwendet wird?

Das dringendste Erfordernis unserer Zeit ist die Freiheit. Maschinenwesen und Kapitalismus haben aus dem Arbeiter einen bloßen Sklaven gemacht, der an seinem Arbeitsprodukt kein anderes Interesse hat, als den kärglichen Lohn, den er sich durch die Arbeit sichert. Selbst wenn wir annehmen, dass der Kollektivismus eines Tages in der Lage sein wird, seine Ideen in die Praxis umzusetzen, kann er die Stellung des Arbeiters nur durch höhere Löhne bessern, im übrigen würde der Arbeiter, genau wie heute, der Schwächere bleiben – ein Lohnsklave, untertan dem Willen eines Herrn, der ihm von außen her aufgezwungen ist. Ein noch so demokratisches Parlament bliebe für den Arbeiter jeder Industrie nur eine äußere Kraft, die ihm von oben und außen Befehle erteilt. Die Postbeamten sind nicht freier, seit die Post verstaatlicht ist, ebenso wenig wie die Gewerkschaften mehr Freiheit hätten, wenn ihre Exekutivkomitees durch den Arbeitsminister Seiner Majestät ernannt würden.
Man wird nun gegen meine Beschreibung einwenden, dass ich einen wesentlichen Faktor außer acht gelassen hätte, nämlich die Gewerkschaften. Die Kollektivisten legen Wert auf die organisierte verhandelnde Macht der Arbeiter, um die Nachteile der Bürokratie auszugleichen: sie hoffen auf eine Zeit, in der in jedem Staatsdepartement und jeder Kommune den Gewerkschaften das Recht zuerkannt sein wird, als Wortführer ihrer Mitglieder mitzureden. Herr und Frau Webb, die Pioniere des wissenschaftlichen Studiums der Gewerkschaften, haben in dem „klassischen“ Schlusskapitel ihrer Industrial Democracy dargelegt, dass die Gewerkschaften in einem sozialistischen Staat nicht nur nicht unnötig sein, sondern sogar erst ihre volle Bedeutung erlangen werden. Stark genug, der Bürokratie Widerstand zu leisten, werden sie die industrielle Freiheit verwirklichen, die der Arbeiter als sein gutes Recht verlangt.
Als der Syndikalismus in England erstarkte, begann ein förmlicher Wettlauf, einen Zug aus dem belebenden Trank der Industrial Democracy zu tun. Man zitierte andauernd das berühmte Schlusskapitel, um zu beweisen, dass der Syndikalismus nichts wesentlich Neues enthalte und dass die Sozialisten schon längst die Bedeutung der Gewerkschaften erkannt hätten. Man klammerte sich an das spinnwebdünne Gewebe und schlug vor, in der Industrial Democracy einen Mittelweg zu finden, der die Syndikalisten zufriedenstellen sollte, ohne die abgedroschenen Schlagworte der Kollektivisten anzutasten. Unnötig zu sagen, dass dieser Ausweg keinen befriedigte außer seinen Erfindern. Für uns aber ist seine Erörterung vielleicht der kürzeste Weg, um zu dem Mittelpunkt des Problems vorzudringen.
Die Kollektivisten sind bereit, die Gewerkschaften unter einer kollektivistischen Regierung anzuerkennen, aber sie wollen ihnen nicht die Kontrolle der Industrie anvertrauen. Sie glauben nicht an industrielle Selbstverwaltung; ihre industrielle Demokratie gibt den Arbeitern nur das Recht, die Gewerkschaften zu kontrollieren, nicht aber die Industrie. Die Anhänger des Gildensystems wiederum gründen ihre soziale Philosophie auf die Funktion. Sie wünschen auf industriellem Gebiet nicht die Anerkennung der Gewerkschaften durch einen kollektivistischen Staat, sondern sie wollen die Anerkennung eines demokratischen Staates durch die Gilden, die die Industrie im Interesse der Allgemeinheit kontrollieren.

Diejenigen von uns, die hoffen, dass die Emanzipation der Arbeiterklasse sich um die Gewerkschaften konzentrieren wird, müssen heute besonders besorgt sein. Bei Ausbruch des Krieges befanden sich die Gewerkschaften gerade in einem kritischen Übergangsstadium, und in solchen Zeiten sind äußere Erschütterungen besonders gefährlich. Müde des langen Kampfes um die Durchführung von „Reformen“, müde der ewigen Versuche, die Löhne wenigstens den Preisen entsprechend zu erhöhen, müde der Niederlagen oder der winzigen Erfolge, die eigentlich Niederlagen gleichkommen, erweiterte sich der Horizont der Gewerkschaften, und sie setzten sich revolutionäre Ziele. Sie sahen ein, dass bloße Verhandlungen mit den Unternehmern zu nichts führen können und dass bloße politische Reformen ihre Ketten nur vergolden würden. Aus diesen Gründen begannen sie nach besseren Methoden zu suchen, durch die sie den Sturz des Kapitalismus und die Einführung eines freien und demokratischen Systems in der Industrie bewirken könnten.
Die erste Wirkung dieser veränderten Haltung zeigte sich in einer kriegerischen Taktik der Gewerkschaften. Der Transportarbeiterstreik von 1911 und der Bergarbeiterstreik von 1912 wirkten, so wenig sie auch im Verhältnis zu ihren Absichten erreicht haben, aufreizend in der ganzen Arbeiterwelt. Der Dubliner Streik und die Londoner Bauarbeiterdifferenzen vergrößerten noch die schon erweckten Hoffnungen und veranlassten die Menschen, über die Zukunft der Gewerkschaften nachzudenken. Wenn es auch verhältnismäßig wenig Syndikalisten gab, hatten doch ihre Ideen und die der Industrieunionisten einen großen Einfluss auf die Bewegung, während gleichzeitig die neue Gildenlehre langsam unter den besten Elementen der Gewerkschaften Wurzel zu fassen begann. Kurzum, überall, wo die Gewerkschaften zu erwachen begannen, schlugen die Gedanken ihrer Mitglieder neue Richtungen ein, und immer größere Massen verlangten, dass die Kontrolle der Industrie durch die Arbeiter selbst erfolgen solle.
Die Idee der Kontrolle der Industrie trat durch das Aufkommen des französischen und amerikanischen Syndikalismus in den Vordergrund. Die Idee ist nicht neu, sondern nur eine Wiederholung der ursprünglichen Ideen der Arbeiterverbände und bedeutet die Rückkehr zu dem Idealismus der früheren Revolutionäre nach langem Wandern in der Wüste des Materialismus und des Reformismus. Diesmal ist aber der Idealismus nicht nur mit einer richtigen philosophischen Grundlage, sondern auch mit praktischer Politik versehen. Die neuen Revolutionäre wissen ganz genau, dass der Kapitalismus nur mit Hilfe der Gewerkschaften überwunden werden kann, und kennen die Methoden, durch die sich die Revolution herbeiführen lässt. Sie erstreben die Konsolidierung der gewerkschaftlichen Kräfte, weil jenseits der Gewerkschaften die Gilden stehen. Aus den heutigen Gewerkschaften muss eine größere Einheit entstehen, in der Beruf nicht mehr von Beruf und Industrie nicht mehr von Industrie getrennt sein werden.
Auf dem Wege zur Freiheit liegt der Gedanke des industriellen Unionismus; er bedeutet nicht bloß “ e i n e  Industrie,  e i n e  Gewerkschaft,  e i n e  Mitgliedskarte“, sondern den Zusammenschluss  a l l e r  Industrien zu einer großen Armee der Arbeit. Aber auch dieser Armee wird nicht eher der Sieg beschieden sein, ehe sie nicht von einer großen konstruktiven Idee geführt wird. Dieser ideellen Forderung entspricht der Gildensozialismus. Die Arbeiter können erst frei werden, wenn sie selbst die Kontrolle und Organisation der Industrie, im Interesse der Allgemeinheit, übernommen haben. Aus den Gewerkschaften, die bisher nur ein Verhandlungsorgan waren, das sich mit den Unternehmern wegen der Arbeitsbedingungen herumstritt, muss eine Kontrollinstanz, eine industrielle Republik werden. Mit anderen Worten, aus den unterhandelnden Gewerkschaften muss die produzierende Gilde herauswachsen.
Vor der dunklen kapitalistischen Ära, im Mittelalter, war die Industrie in Gilden organisiert. Die einzelnen Städte waren zu jener Zeit mehr oder weniger isoliert und sich selbst genügend, und in jeder Stadt gab es ein System von Gilden, denen die Produktion oblag. Die mittelalterlichen Gilden waren allerdings Vereinigungen der kleinen Meister, aber in der Blütezeit der Gilden gab es keine scharfe Trennung zwischen Meister und Arbeiter, da jeder Geselle nach Ablauf einer gewissen Zeit zum Meister wurde. Die Gilden waren, entsprechend der damaligen undemokratischen Gesellschaftsordnung, selbst in gewissem Sinne undemokratisch; als der Kapitalismus aufkam, verschärften sich die Ungleichheiten, und das Gildensystem löste sich allmählich auf. Entsprechend den veränderten Bedürfnissen unserer heutigen Zeit sind die von den Gildensozialisten propagierten Gilden von den mittelalterlichen in vielen Punkten verschieden, aber sie stimmen mit ihnen darin überein, dass sie die Kontrolle der Industrie den Arbeitern selbst übertragen.
In der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts blühte eine zweifellos von den besten Absichten getragene Gesellschaft, die sich Verein zur Verbreitung nützlichen Wissens nannte. Diese von Kapitalisten, Politikern und Universitätsprofessoren unterstützte und geförderte Gesellschaft hatte es sich zum Ziele gesetzt, die arbeitende Klasse über die Vorteile aufzuklären, die ihr durch die Einführung der Maschinen und durch die Fortschritte der Industrie zuteil geworden sind. In Flugschriften, die weiteste Verbreitung fanden, suchte sie zu beweisen, in wie ungeheurem Maße die Maschinenarbeit materielle Bequemlichkeiten ermöglicht und dadurch den Wohlstand der Allgemeinheit gesteigert habe. Ferner suchte sie den Arbeitern die gesonderten und umschriebenen Funktionen von Kapital und Arbeit im industriellen System zu erklären, sowie die Gesetze der politischen Ökonomie, die deren gegenseitige Stellung bedingten. Als die Gesellschaft dies vollbracht hatte, ruhte sie zufrieden aus und dankte Gott, dass sich die Dinge so und nicht anders verhielten.

Als Ruhestörer dieser kommerziellen Behaglichkeit finden wir unter den demokratischen Schriftstellern als ersten William Morris. Poet und Handwerker zugleich, geriet er in Widerspruch zu dem Kommerzialismus. Das gab den ersten Anstoß zu seiner schriftstellerischen Tätigkeit. Ihm gingen sozusagen die Augen auf, er sah rings um sich die Produkte des Kommerzialismus und sah, dass sie schlecht waren. Er bemühte sich nun, innerhalb dieser kommerziellen Welt wunderschöne Werke zu schaffen, die keine Handelsware waren; aber trotzdem er diese schönen Dinge schuf und ihnen sogar einen kaufmännischen Erfolg verschaffte, war er damit nicht zufriedengestellt. Er wollte seine wunderschönen Werke für das Volk schaffen, musste aber sehr bald einsehen, dass das Volk weder das Geld hatte, seine Erzeugnisse zu kaufen, noch den Geschmack, sie zu würdigen. Je vorteilhafter er seine Waren an die wenigen Reichen verkaufte, um so klarer wurde ihm, dass es in dieser kommerziell eingestellten Welt für die Vielen weder Schönheit noch Verständnis für Schönheit geben könne.
Auf diese Weise ging Morris von der Kunst zum Sozialismus über, denn er erkannte, dass es unter der Herrschaft des Kapitalismus für die Mehrzahl der Menschen keine Kunst und kein Glück geben könne. Als Künstler gründete er seinen Sozialismus auf die Kunst, so wie jeder Sozialist seine sozialistischen Ideen auf das stützt, was er am besten kann und am meisten schätzt. Denn der Kommerzialismus ist wie ein Gifthauch, der jede Blüte der Zivilisation tötet.
Morris‘ Auffassung von Kunst war groß und umfassend. Kunst war ihm nicht nur eine äußere Verzierung der produzierten Dinge, sie war ihm das Lebensprinzip, das jedes wirkliche Schaffen inspiriert. Kunst waren ihm nicht bloß Bilder, Skulpturen, Poesie, Musik oder Kunstgewerbe; ihm war alles Kunst, was gut oder schlecht, schön oder nicht schön gemacht werden konnte. Er glaubte, dass wirkliche Kunst dem Leben eines Volkes entsprießt: wo das Leben ein gutes ist, muss sie blühen, wo es ein tiefstehendes ist, kann sie nicht gedeihen. Es war ihm ganz klar, dass es für die Masse keine gute Kunst und kein gutes Leben geben könne, solange der Mensch der Sklave des industriellen Systems sei.
Vielleicht sah er den Ausweg nicht so deutlich – aber schließlich war das auch weniger seine Sache. Sein Verdienst bleibt es, der Welt gezeigt zu haben, wie niedrig und ungerecht der Industrialismus ist, und wie er die Zivilisation befleckt, trotz des wachsenden materiellen Wohlstandes. Diese Tat ist für einen Mann genug, und Morris hat sie gut und gründlich vollbracht.
Morris, der vor allem Handwerker war, mit der Freude an der Arbeit seiner Hände und seines Hirns, konnte sich nicht zufrieden geben mit einer Welt, in der das, was ihm das größte im Leben schien, nämlich die Freude an der Arbeit, mit wenigen Ausnahmen von keinem Menschen empfunden wurde. Von Natur aus zum Schaffen von Werken bestimmt, wurde Morris durch sein Zeitalter gezwungen, einen immer größeren Teil seiner Kräfte zur Schaffung von Unruhe zu verwenden. Viele Leute können es zuerst gar nicht verstehen, wieso der „glücklichste aller Poeten“, wie er von W. B. Yeats genannt wurde, einen so kriegerischen Sozialismus predigen könne. Sie können sich die ruhige Schönheit seiner Gedichte und Romanzen, seiner Buchdrucke und Illustrationen nicht damit zusammenreimen, dass er sich gegen alles auflehnt. Aber gerade die Eigenschaften, die Morris zum Schöpfer all dieser schönen Dinge machten, haben auch aus ihm einen Sozialisten gemacht. Er hatte den glühenden Wunsch, dass die Dinge, die erzeugt werden, auch wirklich des Erzeugens wert sein sollten, „eine Freude für Erzeuger wie für Gebraucher“.
Leider kennen die meisten Leute, besonders in der Arbeiterbewegung, Morris nur oder fast nur als Verfasser der News from Nowhere (Kunde von Nirgendwo). Sie würden ein viel besseres Bild von ihm aus anderen Büchern bekommen, z.B. aus Hopes and Fears for Art, in denen er seine Ansichten über die Beziehungen der Kunst zum Sozialismus auseinandersetzt. Sie würden in ihm einen Patrioten finden, der sein Land liebt, ohne die anderen Länder zu hassen oder zu verachten, und zwar um deswegen liebt, was es ist, nicht wegen seines Platzes im Wettlauf der Nationen, – einen Menschen, der nicht nur an eine Volkskunst glaubt, sondern an eine Kunst die aus dem freien Leben einer freien Nation entspringt. In Dream of John Ball findet man die Verheißung eines freien England, in dem die Menschen glücklich sind, weil sie ein würdiges Leben als „Kameraden“ führen und nicht bloß „Hände“ in einem profitgierigen System sind. Oder man nehme die Verse von Morris, beispielsweise The Pilgrim of Hope, eines der gewaltigsten Epen der Neuzeit, trotzdem es unvollendet ist. Auch in diesem Gedicht findet man die Hoffnung auf eine bessere Welt ausgesprochen, die das Streben und der Wille des unteren Volkes einst auf den Trümmern der alten Welt errichten wird. Erst wer alle diese Werke kennt, wird die News from Nowhere verstehen und sie nicht mehr rein als Vision eines in weiter Feme liegenden, vielleicht sogar unmöglichen Utopien ansehen, sondern als Ausdruck von Morris festem Glauben an den höchsten Wert menschlichen Glücks.

Ich habe mich so lange bei den sozialistischen Ideen von William Morris aufgehalten, weil er, wie ich glaube, mehr als irgendein anderer Prophet der Revolution von dem gleichen Blute ist wie die Anhänger der Gilden. Freiheit in der Lebensführung, Freiheit in der Arbeit wie in der Muße, Freiheit zu dienen und Freiheit zu genießen – das ist das Leitmotiv seines Werks und seines Lebens wie es das der Gildensozialisten ist. Wir können die Tyrannei der Maschinen nur dann brechen – was nicht gleichbedeutend mit Zerstörung der Maschinen ist – , wenn wir den Arbeitern die Kontrolle über ihr Leben und ihre Arbeit geben, wenn wir ihnen die Wahl freistellen, ob sie Gutes oder Schlechtes machen, ob sie die Arbeit von Sklaven oder freien Menschen tun wollen. Alle unsere Bestrebungen müssen nach dieser Richtung gehen; alle unsere Maßnahmen sollen den Weg für das kommende freie Bündnis zwischen Produzenten und Konsumenten ebnen.
Diese Lehre steht allerdings im Gegensatz zu unseren heutigen politischen Tendenzen. Wir bewegen uns heute in schnellstem Tempo in der Richtung einer nationalen Kontrolle über das Leben der Menschen, national allerdings nur in dem Sinne, dass sie den Interessen der herrschenden Klassen dient. Schon jetzt sind jene Sozialisten, die bisher die begeistertsten Anhänger der staatlichen Leitung waren, ganz entsetzt über die Anwendung ihrer Theorie auf eine undemokratische Gesellschaft. Die größte Gefahr liegt im „Zuchthaus“-Staat, der vor zwanzig Jahren von „Callisthenes“ Webb so laut verkündet wurde. Den Arbeitern muss in der Industrie Freiheit und Selbstverwaltung gegeben werden, wenn ihr ganzer Befreiungskampf nicht vergebens gewesen sein soll. Wären wir gezwungen, zwischen Syndikalismus und Kollektivismus zu wählen, so müsste sich jeder anständige Mensch für den Syndikalismus entscheiden, trotz aller Gefahren, die er in sich birgt. Denn Syndikalismus hat wenigstens hohe Ziele, wenn er auch nicht dafür zu bürgen vermag, dass die Produktion tatsächlich in gemeinwirtschaftlichem Interesse betrieben wird. Syndikalismus ist ein Gebrechen edler Seelen, Kollektivismus bestenfalls der verworrene Traum eines Geschäftsmannes mit Gewissen. Zum Glück sind wir nicht vor diese Wahl gestellt, denn durch die Gildenidee werden Sozialismus und Syndikalismus miteinander versöhnt.
Der Kollektivismus wird sich dieser Idee erst anschließen, wenn schon alle anderen freiheitlich gesinnten Menschen sich um ihr Banner geschart haben werden, und doch hat er eine Sendung für sie gehabt, wie keine andere sozialistische Lehre zuvor. * Aus den Gewerkschaften wird die Gilde herauswachsen; sie allein gewährt den Arbeitern Freiheit und Erleichterung von der allgegenwärtigen Tyrannei des modernen Industrialismus.

* Alternative Übersetzung dieses Satzes: Wenn sich nur alle freiheitlich gesinnten Menschen um dieses Banner scharen, wird sich der Kollektivismus dieser Idee anschließen, denn gerade für ihn hat es eine Botschaft, wie bis jetzt keine andere sozialistische Lehre.

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