Was Sozialisten wollen

Sozialisten glauben nicht mehr als viele andere, dass die Menschen von Natur aus gleich seien: es gibt unter ihnen alle Variationen von Veranlagungen und Wünschen und des Grades ihrer Fähigkeiten; obwohl diese Unterschiede deutlich verstärkt werden durch die jeweiligen Lebensumstände eines Menschen und seiner Vorfahren. Diese Umstände unterliegen mehr oder weniger dem beherrschenden Einfluss der Gesellschaft, der vorgegebenen Einordnung des Einzelnen unter seine Mitmenschen. Deshalb behaupte ich: wenn die Menschen mit bestimmten angeborenen Tendenzen zur Welt kommen, dann können diese Tendenzen durch unsere Lebensbedingungen zum Guten oder Schlechten entwickelt werden und deren Gestaltung liegt in unserer Hand; jedes Land für sich als Ganzes genommen. Wenn wir darauf bedacht sind, mit uns selbst und vor allem mit anderen sorgsam und klug umzugehen, dann können diese natürlichen Ungleichheiten genützt werden, unser Leben angenehmer und vielfältiger zu machen – aber wenn wir dumm und ungerecht handeln, werden sie für viele zu einer Quelle des Elends und für alle eine Quelle der Erniedrigung.

Ich habe also zugestimmt, dass die Menschen nicht von Natur aus gleich sind, andererseits müssen mir alle in dem zustimmen, dass es bestimmte Dinge gibt, die alle gleichermaßen brauchen: Essen, Kleidung und Wohnung. Und wenn wir diese Dinge brauchen, dann brauchen wir sie auch auf ausreichende Weise und von guter Qualität, andernfalls hätten wir sie nicht wirklich bekommen. Wenn diese Bedürfnisse allen gemeinsam aber die Bedürfnisse irgendeiner Person in dieser Hinsicht nicht befriedigt sind, dann folgt daraus, dass etwas falsch laufen muss – entweder mit der Natur oder den Menschen oder mit der Gesellschaft, von der man ein Teil ist und diktiert bekommt, wie man zu leben hat.

Aber diese Dinge: Essen, Kleidung und Wohnung decken nur unsere „tierischen“ Bedürfnisse; als Männer und Frauen haben wir noch andere Bedürfnisse: so sehr wir uns unterscheiden mögen, brauchen wir Muße, Vergnügungen und Bildung irgendeiner Art, denn alle Menschen haben die Kraft des Denkens und diese Kraft kann unterdrückt oder gefördert werden, ebenso wie eine Pflanze verkümmern kann oder fruchtbar gemacht werden kann durch die Qualität des Bodens und Kultivierung. Wieder sage ich: wenn eine Person keine Muße, keine Vergnügungen und keine Bildung hat, dann mangelt es ihr an den Notwendigkeiten für ein menschliches Leben und irgendetwas läuft dann falsch.

Ihr seht, welche Ungleichheiten ich auch immer zwischen den Menschen finde, so beanspruche ich folgende Gleichheit, die jede und jeder haben sollte: genügend Essen, Kleidung, Wohnung und genügend Muße, Vergnügen und Bildung. Und alle sollten die Gewissheit ihres Anteils an diesen Notwendigkeiten haben: in diesem Fall wären wir gleich, so wie Sozialisten dieses Wort verwenden. Wenn wir nicht in diesem Sinne gleich sind, dann behaupte ich, etwas ist falsch – entweder mit der Natur, dem individuellen Menschen oder der Gesellschaft, die ihm sagt, wie er leben soll.

Existiert diese angemessene Gleichheit unter uns? Es gibt darauf nur eine Antwort: Sie tut es nicht – dies ist das reichste Land der Erde, es gibt unter uns eine große Zahl von klugen und fähigen Leuten und eine große Zahl hart arbeitender Leute – dennoch gibt es jedes Jahr Menschen, die an Hunger sterben und eine große Anzahl, die nicht genug Essen, nicht genug Kleidung oder ein ausreichendes Dach über dem Kopf haben und keine Hoffnung, diese Dinge zu bekommen. Noch mehr haben keine Muße außer der trostlosen Muße, die ihnen die Arbeitslosigkeit verschafft; kein Vergnügen, das eines Menschen würdig ist, sondern noch weniger, als die Tiere haben. Keine Bildung im wahren Sinne des Wortes; keine Chance, die in ihnen steckende Kraft des Gedankens zu entwickeln – mit einem Wort: in dem reichsten Lande, das es bisher gab, sind viele arm.

Nun überlegt, was ist ein reicher Mensch und was ist ein armer? Es hat schon seinen Sinn, diese Frage zu stellen, denn manchmal erzählen Leute, dass Armut kein Übel sei und ein armer Mensch so glücklich sein könne wie ein Reicher, usw.: entweder erwarten sie, dass ihnen die Armen das glauben (ich weiß es nicht) oder sie wollen das Beste aus den Zuständen machen, was sie als Bessergestellte keine schwierige Sache finden. Lasst uns sehen, was ein reicher und ein armer Mensch sind: ein reicher Mensch ist sich aller Notwendigkeiten sicher, sowohl der des Körpers wie des Geistes und von anderen natürlichen Dingen des Begehrens kann er erwarten, dass er sie mehr oder weniger auch bekommen wird. Ein armer Mensch ist unzureichend versorgt mit den Notwendigkeiten des Körpers und mit nichts für seinen Geist; er lebt mit dem Risiko, auch das noch zu verlieren, also in ständiger Angst. Den Wunsch nach dem Überflüssigen hat er tatsächlich auch, ohne Hoffnung jemals in die Nähe davon zu kommen – und ich muss sagen, dass das alles für gedankenvolle Menschen eine traurige Sache ist.

Nun weiß ich, dass viele Leute sagen, der Fehler läge bei der Natur und meistens sind das dieselben, die auch den armen Leuten die Schuld geben; in anderen Worten: sie denken, dass bestimmte Leute von Natur aus unfähig sind, sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen und dass diese Gruppe die große Masse bildet, die wir die Armen nennen. Ich hoffe Euch zeigen zu können, wie sehr sie mit dieser Ansicht im Irrtum sind.

Es gibt andere, die das Gesellschaftssystem dafür verantwortlich machen und auf verschiedene Weise versuchen, dieses System zu ändern und all diese Leute könnten zurecht Sozialisten genannt werden – obwohl sich nicht alle so nennen würden – denn sie halten es für möglich, dass eine Lage der Bedingungen herbeigeführt werden kann, in der dieses Unrecht beseitigt und die riesigen Ungleichheiten beendet werden können und es ist ermutigend, dass die Zahl der so Denkenden schnell am Wachsen ist und viele Leute Sozialisten sind, ohne es zu wissen: wenn sie das auch selbst so sehen, wird der Sozialismus mit breiter Zustimmung Wirklichkeit werden.

Nun, gehen wir auf die Meinung ein, dass es notwendig und naturgemäß sei, dass es Arme gibt; dass es an ihnen selbst liege, wenn sie arm sind und dass die Natur das so bestimmt hat.

labEs ist ein Gesetz der Natur, dass die Menschheit arbeiten muss um zu leben und mit Unterstützung ihrer ständig wachsenden Intelligenz haben die Menschen dafür gekämpft, dieses Gesetz zu ihrem Vorteil zu drehen, indem sie ihre Arbeit assoziierten und organisierten bis sie es soweit brachten, dass ein durchschnittlicher Mensch in zivilisierten Ländern mehr als genug produzieren kann um sich selbst (und die Familie) am Leben zu halten: das ist schon lange Zeit der Fall, aber in der modernen Zivilisation haben die Produktivkräfte sehr stark zugenommen durch die immer weiter verbesserte Arbeitsorganisation und die Erfindung der Maschinen. Um ein Beispiel zu geben: es wurde ausgerechnet, dass in den großen Ebenen Dakotas die Arbeit eines durchschnittlichen Mannes 5500 Bushel Weizen pro Jahr produziert. Wir müssen das an der Stelle nicht nachforschen, denn der Fakt, dass es in derselben Gemeinde dort Reiche und Arme gibt, beweist, dass die Existenz der Armen nicht durch Naturgesetze, sondern durch künstliches Arrangement gemacht ist. Denn es ist gewiss: die Armen arbeiten und durch ihre Arbeit produzieren sie die Dinge zum Leben der Menschen und den Luxus, den sie geniessen, während auf der anderen Seite die Reichen keinerlei Arbeit verrichten, oder wenn doch, dann produzieren sie keinen Wohlstand. Deshalb unterhalten die Armen durch ihre Arbeit die Reichen: die Reichen sind Rentenbezieher der Armen und wenn die Armen diese Renten zurückbehalten, müssten die Reichen entweder hungern oder selber arbeiten. Kann jemand das irgendwie abstreiten?

Dann lasst uns ein Beispiel anschauen. Ein Mensch, der eine Fabrik besitzt und übriges Geld, hält sich sagen wir tausend Arbeiter in dieser Fabrik und sie produzieren durch ihre Arbeit eine große Menge Güter: warum hat er sie eingestellt? Ganz klar, um einen gewissen Vorteil durch sie zu haben und worin besteht dieser Vorteil? Nun, er muss diesen Leuten etwas von seinem Extra-Geld geben, denn täte er es nicht, hätten diese selber nichts außer ihren Körpern und Hirnen und die Arbeitskraft in ihnen wurde verhungern – was zahlt er ihnen denn? Lässt er ihnen das, was sie mittels seiner Fabrik produziert haben – nach einem fairen Abzug für Anschaffung und Erhalt der Maschinen, für Transport der Güter zum Markt, die unvorhersehbaren Risiken bei Herstellung und Handel und eine angemessene Entschädigung für seine Oberaufsicht (vorausgesetzt dass er das kann)? Wenn er so handeln würde, hätte er einen Vorteil durch ihre Einstellung, denn er könnte ihnen mit seinen Mitteln zu Arbeit verhelfen und so würde er seinen Lebensunterhalt gemeinsam mit ihnen verdienen. Ich denke, das wäre ein fairer Deal, dessen Details zwischen ehrlichen und vernünftigen Menschen leicht ausgemacht werden könnten und die tendenziell die Fairness unter den assoziierten Arbeitern ergänzen würde. Ein fairer Deal, aber wenn es irgendeinem Arbeiter einfallen würde, das vorzuschlagen, dann sollte er besser eine andere Möglichkeit in Reserve haben, denn er würde als „Sozialist“ rausgeschmissen werden. Denn dieser faire Deal wäre, soweit es um diesen Teil des Ganzen geht, ein sozialistischer. Tatsächlich sind die ihm so vorgeschlagenen Vorteile sehr verschieden von dem, was er tut: er zahlt seinen Leuten Löhne, damit ist gemeint, so wenig wie sie nehmen ohne zu revoltieren oder zu streiken und behält den größeren Teil des gesamten Arbeitsprodukts über die Löhne hinaus für sich. Und wenn er nicht mehr herausbekommt als die Kosten der Produktionsanlagen, des Geschäftsrisikos, der Kosten des Marketing und der Bezahlung seiner Oberaufsicht (wenn er sie ausübt), dann hat er sein Ziel nicht erreicht: er sagt dann, er mache keinen Profit und früher oder später wird er sein Geld aus dem Unternehmen herausziehen und in ein anderes investieren, das ihm Profit bringen wird.

Es wird die Sache klarer machen, wenn ihr euch den Unternehmer nicht als einen Menschen, der an der Arbeit in der Fabrik teilnehmen könnte, sondern als Aktiengesellschaft vorstellt: dann seht ihr, dass die „Arbeitgeber“ damit beschäftigt sind sich zu amüsieren, oder zu arbeiten oder aus anderer Arbeit eine Show zu machen, während sie von der Arbeit der Leute in der Fabrik leben. Von jedem von ihnen nehmen sie eine Portion von dem, was er herstellt und machen damit sein Leben ärmer. So sind sie die Rentenbezieher der Arbeiter und umgehen das Gesetz der Natur, das dem Menschen Arbeit abverlangt um zu gedeihen und weil es ein Gesetz der Natur ist, können sie das nur auf Kosten anderer: wenn nicht alle helfen zu produzieren, wird auch der Einzelne nicht gedeihen, soviel ist sicher und wir Sozialisten sagen: lasst die, die nicht arbeiten wollen die sein, die nicht gedeihen – kann irgendjemand sagen, das sei unfair? Es haben viele, viele Menschen Elend, Gefängnis, Verlust der Freunde und den Verstoß aus der Öffentlichkeit erlitten – und auch den Tod am Galgen für ihr Beharren, dieses einfache Prinzip der Gerechtigkeit zu predigen.

Bevor ich Euch frage, ob ihr glaubt, dass es einen guten Grund gibt, warum all das so sein sollte, warum starke, gesunde und fähige Leute Rente von anderen beziehen sollten, lasst uns sehen, wie es geht; welcherart die Maschinerie ist, die es einer Aktiengesellschaft ermöglicht, ohne Arbeit zu leben und lasst mich nebenbei sagen, dass alles, was ich über eine Fabrik und ihre Maschinen und das Kapital gesagt habe, gleichermaßen für das Land gilt; das  Land ist auch eine Fabrik und den Maschinen vergleichbar ist die Fruchtbarkeit, die durch Generationen von Arbeitern geschaffen wurde: der Landbesitzer ist der Rentenbezieher der Arbeiter von heute und von früher.

Nun wird diese Rente, dieser Profit bestimmt nicht freiwillig oder wenigstens bewusst von den Arbeitern abgeliefert: sie sie gezwungen, sie zu bezahlen und das geht so schlau vonstatten, dass sie den Zwang nicht mitbekommen, obwohl sie ihn fühlen und in unbewusster Weise sich dagegen wehren. Was erlaubt es den Rentenbeziehern, Leute unfreiwillig dazu zu bringen, ihnen eine Rente zu zahlen? Eben dass sie die Besitzer des Rohmaterials und der Arbeitsinstrumente sind; sie haben das Privileg, sich die Benützung dieser Dinge bezahlen zu lassen, ein Privileg, das von der ganzen Macht des Gesetzes unterstützt wird und genau die Aufrechterhaltung dieses Privilegs ist des Hauptgeschäft von Gesetz und Regierung in diesem und in allen zivilisierten Ländern.

Lasst mich weiter erklären: für die Produktion von Gütern sind zwei Dinge erforderlich: die menschliche Arbeit auf der einen Seite, Rohmaterial und Arbeitsgeräte auf der anderen: der beste Arbeiter der Welt ist nutzlos ohne das zur Arbeit Nötige und bei einer so entwickelten Arbeitsorganisation wird er ohne Ausstattung mit den modernsten Maschinen hinter die Arbeiter zurückfallen, die sie zur Verfügung haben. Die Arbeiter müssen also über das Land verfügen, über Fabriken, Maschinen, Eisenbahnen und letztlich das Kapital, die angesammelte Arbeitskraft von Generationen; wenn sie diese Dinge nicht haben können, dann können sie nicht arbeiten.

klassenNun, die privilegierten Klassen, Menschen wie die Aktiengesellschaft, von der ich gesprochen habe finden es sehr gut, dass die Arbeiter arbeiten sollen, weil es zur Ausübung ihres Privilegs notwendig ist; wenn die Arbeiter nicht arbeiten würden, könnten die Nicht-Arbeitenden nicht ohne Arbeit leben: deshalb dürfen sie die Rohmaterialien und Werkzeuge benützen, die den Privilegierten gehören – aber nur, wenn sie ihren Preis dafür bezahlen. Und dieser Preis kann für den Arbeiter nicht unter dem liegen, was ihm erlaubt zu leben und sich fortzupflanzen und er kann für den Eigentümer nicht niedriger sein, als dass dass er ihm erlaubt, von der fremden Arbeit zu leben. Er variiert zwischen diesen beiden Extremen. Aber für die große Masse der Arbeiter ist der Preis nur wenig höher als das, was notwendig ist um zu leben, zu arbeiten und sich fortzupflanzen: denn sie sind das, was man ungelernte Arbeiter nennt, d.h. ihre Arbeit  erfordert keine besondere Eignung oder langes Training und für diese Art von Arbeit übersteigt das Angebot die Nachfrage; es gibt mehr Arbeiter als die Unternehmer mit Profit für sich beschäftigen können.

Das ist also der Grund, warum der Fabrikbesitzer nicht zufrieden ist mit jener fairen Abmachung, zusammen mit seinen Arbeitern zu arbeiten: das Gesetz gibt ihm eine Macht, mit der er sie zwingen kann, für den Zugang zu Arbeit zu bezahlen. Geld kann somit schützende Immunität gegen Arbeit kaufen, aber das heisst nichts anderes, als dass der Geldbesitzer andere Leute zwingen kann, umsonst für ihn zu arbeiten, nachdem sie sich ärmlich ernährt, gekleidet und behaust haben. Also, wenn ein Mensch nicht so wohlhabend ist, dass Land, besser noch Maschinen und Kapital unter seinem Kommando stehen, dann kann er nicht nur für sich selbst arbeiten. Mindestens einen Teil seiner Zeit muss er als Steuer für die Erlaubnis zu Arbeit bezahlen (oder für die Erlaubnis zu leben) und da die Besitzer von Land und Kapital vergleichsweise wenige sind, folgt daraus, dass der kleinere Teil der Bevölkerung den größeren zwingt, diese Steuer zu bezahlen. Und was ist diese Steuer? Es ist nicht etwa eine geringfügige Geldzahlung, die man leicht an andere abgeben kann ohne sie groß zu spüren: wir haben gesehen, was sie ist: der Preis, den die Arbeiter zahlen, ist die Preisgabe aller Annehmlichkeiten des Lebens: um leben zu können muss der arbeitende Mensch damit einverstanden sein, ein dem Nicht-Arbeiter untergeordnetes Wesen zu sein. Unter Zwang muss er zustimmen, denn gewissen Personen ist es erlaubt, sich nicht an der Herstellung des Wohlstands zu beteiligen (wie der Arbeiter), sondern ihn zu besitzen: indem sie besitzen was der Arbeiter braucht, um etwas zu produzieren; was sie als Nicht-Arbeiter wiederum nur als Zwangsmittel benützen können um die Arbeiter zu zwingen, auf die Auszahlung eines Teils ihrer Arbeitsleistung zu verzichten.

Nachdem wir gesehen haben, dass es Unsinn ist, zu sagen, es sei naturgegeben, dass die große Masse der Bevölkerung arm sein müsse –  denn es ist gegen die Natur: wenn die Natur von uns fordert zu arbeiten um zu leben und ihre Schätze jedem verweigert, der nicht arbeitet, dann sollte doch daraus folgen, dass jene am meisten arbeiten, auch das meiste bekommen und die, die überhaupt nicht arbeiten, nichts bekommen sollten – wogegen unter dem jetzigen System das genaue Gegenteil der Fall ist: der große Landbesitzer, der reiche Aktienbesitzer, also Leute, die nicht einmal vorgeben zu arbeiten, befinden sich an dem einem Ende der Skala und sind die Wohlhabendsten; der ungelernte Arbeiter und der Landarbeiter, die Tag für Tag, ihr Leben lang arbeiten und im Arbeitshaus enden, befinden sich am anderen Ende und dazwischen gibt es verschiedene Gruppen, bei denen es im Wesentlichen wahr ist, dass je härter und nützlicher ihre Arbeit, sie desto weniger bekommen. Ich behaupte, das ist eine beklagenswerte Missachtung angesichts der Natur und das Ergebnis muss die Verarmung der Mehrheit der Menschheit sein. Ich sagte, dies sei ein reiches Land, aber schon das ist eine falsche Verwendung von Worten – kann ein Land reich genannt werden, das so viele Arme hat?

Wir sehen also, es ist absurd, die Ungleichheiten der modernen Gesellschaft auf eine natürliche oder notwendige Ursache zurückzuführen. Die Verteidiger dieses Systems behaupten aber, dass die Armen selber an ihrer Armut schuld seien – das ist genauso absurd: wir haben gesehen, dass die Mehrheit der Arbeiter arm ist, wie kann es dann sein, dass es an ihnen liegt? Ihr Fehler? – das hiesse, sie wollen nicht arbeiten und sind deshalb arbeitslos. Aber sie verrichten ohne Frage jeder getane Arbeit und zwar soviel davon, dass sie nur leben dürfen um zu arbeiten, sondern dass sie auch noch die Ehre haben (ein Vergnügen würde ich es nicht nennen) die zu unterhalten, die nicht arbeiten: es ist also ein verdrehter Unsinn, von der Arbeiterklasse zu sagen, sie sei arm, weil sie nicht arbeite.

Nun müssen wir wohl zu dem Schluss kommen, dass es das System ist unter dem wir leben, das diese schrecklichen Ungleichheiten hervorbringt, die von den meisten gedankenvollen Menschen beklagt werden und wir sollten sehr froh sein, dass wir zu diesem Schluss kommen: denn wenn es das Werk der Natur wäre, könnten wir es nicht wirklich ändern oder wenn es so wäre, dass alle nützlichen Leute nicht arbeiten, d.h. doch nutzlos wären, was könnten wir dann noch tun? Aber da es der Fehler eines Systems ist, das zu dem geworden ist was es ist, durch Achtlosigkeit und Gedankenlosigkeit der Menschen, kann es verändert werden und wird verändert werden, denn es ist die besondere Natur aller menschlichen Systeme, sich zu wandeln und sich in der Richtung des Wollens der Menschen zu entwickeln. Und das Verlangen der Menschen tendiert, wie es das schon eine lange Zeit tut, in Richtung Gleichheit, auf die Abschaffung der Klassen, in einem Wort hin zum allgemeinen Glück aller. Meine Freunde, es ist eine bedauernswerte Sache, daran zu denken, wie hart und grausam Menschen zueinander sind, nicht aus Böswilligkeit oder Niedertracht, sondern aus Unwissenheit und Gedankenlosigkeit, während mit etwas Mut, etwas Voraussicht und etwas Weisheit eine davon so verschiedene Welt erreicht werden könnte und alle Armen reich oder besser wohlhabend werden könnten, ohne den Reichen das Geringste anzutun. Wäre es das nicht wert, versucht zu werden? Das ist es, was Sozialisten tun wollen. Und ich sage nochmal, es ist möglich und es wird getan werden – wenn aber zu lange damit gewartet wird, wird der natürliche Zerfall des Systems viel Elend und wahrscheinlich Krieg und Gewalt mit sich bringen, bis die Zeiten wieder besser werden: was wir vermeiden könnten, wenn wir zur rechten Zeit klug genug sind und darüber nachdenken, was getan werden kann; indem wir an uns selbst versuchen, den Wechsel vom schlechten alten System zum besseren neuen zu wagen, in Übereinstimmung aller denkenden und wohlmeinenden Menschen. Deshalb spreche ich heute zu Euch, damit ihr mir zustimmt, dass die Position der arbeitenden Menschen geändert werden kann und soll und das rundherum: nicht bloss ein bisschen verbessert sondern ganz verändert, auf eine neue Grundlage gestellt.

Ich habe gezeigt, dass der wahre Grund für die Armut der arbeitenden Klassen in der Tatsache liegt, dass einige Menschen, die ohne zu arbeiten leben wollen es geschafft haben, die Dinge, die für den Arbeiter zur Arbeit nötig sind, in die Hand zu bekommen. Das ist der Punkt, die wir Sozialisten ändern wollen: wir sagen mit dem Apostel Paulus, dass niemand der arbeiten kann ein Recht hat, ohne Arbeit zu leben und wir sagen auch, dass nachdem jeder gesunde und befähigte Mensch mehr herstellen kann als er für sich selber braucht, jeder Mensch der seinen fairen Anteil beiträgt, auch einen guten Lebensstandard haben soll.

Ich fürchte, dass einigen von Euch das unmöglich erscheint, aber denkt daran, was Arbeit jetzt ist und wie sie sein sollte: es gibt in einem Land nur eine gewisse Menge an Arbeitskraft und wenn es möglich ist, einen großen Teil dieser Arbeitskraft für Verschwendung einzusetzen, dann muss der Reichtum des Landes geringer sein, als er es müsste. Es ist nicht nur, dass viele Leute Arbeit verweigern, viele andere sind von diesen arbeitslosen reichen Leuten mit nutzloser Arbeit beschäftigt: wenn alle die nichts tun und alle, die nur für Verschwendung arbeiten, etwas herstellen würden, was wir, was die ganze Gemeinschaft braucht, und wenn wir die Güter ohne Verschwendung unter uns verteilt würden, dann wären wir als Gemeinschaft wohlhabend im Überfluss. Wenn wir diesen Wohlstand gerecht verteilten, wäre jeder einzelne von uns gesund und wohlhabend: gesund sage ich ohne zu zögern, denn ich bin sicher, dass jede Krankheit entweder vom Exzess oder von der Armut kommt.

Wie können wir uns dann ans Werk machen? Vielleicht wurde Euch gesagt, dass die Sozialisten allen Reichtum aufteilen wollen – das Ergebnis davon wäre über kurz oder lang die Rückkehr zu den alten Zuständen der Ungleichheit. Natürlich wäre das so, bliebe alles andere wie es jetzt ist. Deshalb wollen die Sozialisten den Reichtum nicht aufteilen: sie wollen, dass alle Menschen geniessen, was sie auf faire Weise durch ihre Arbeit verdient haben und was sie auf faire Weise benützen können. Wenn Ihr darüber nachdenkt, könnt ihr das kaum falsch finden. Was ein Mensch hat und kann gehört ihm selbst, aber welchen Sinn macht es, ein Ding sein eigen zu nennen, wenn man es nicht benützen kann? Stellt Euch vor, Ihr gebt einem Kind eine Süßigkeit und sagt ihm, „das ist für dich, aber du darfst es nicht essen“: was wird es tun? Wenn es zu Euch dann jede Stunde des Tages kommt und sagt „bitte darf ich jetzt meine Schokolade essen?“ oder so dann wird es Euch damit praktisch zeigen, was es über Eigentum denkt und wird es irgendwann essen, ohne Euch zu fragen. Daran seht ihr, dass ein Mensch nicht verletzt wird, wenn man ihm etwas nimmt, was er nicht benützen kann. Aber stellt Euch vor, er missbraucht dieses Eigentum, das er selbst nicht benützen kann um jemand anderen Schaden zuzufügen – wird er dann verletzt, wenn man es ihm wegnimmt? Z.B. wenn Ihr einen Mann seht, der ein Gewehr auf einen anderen richtet: fügt Ihr ihm Unrecht zu, wenn Ihr ihm das Gewehr wegnehmt? Gewiss nicht, Ihr haltet ihn dann davon ab, ein Verbrechen zu begehen. Das ist das, was wir Sozialisten tun wollen und noch weiter: wir würden Leuten den Teil ihres Eigentums wegnehmen, den sie nicht benützen können und den sie jetzt missbrauchen, um damit anderen Leuten zu schaden. Aber wir würden es nicht wegnehmen um damit nichts zu tun, sondern wir würden es benützen und darin genau diesen Leuten wie allen anderen einen Vorteil bringen. Wir erkennen das Recht auf Nutzung des Eigentums vollkommen an und wir lehnen das Recht ab, es zu missbrauchen und ich muss Euch offen sagen, dass wir damit in direkter Opposition zu den jetzigen Gesetzen der Gesellschaft stehen; der Gesetze, die Euch arm halten: ihre Maxime ist, dass ein Mensch das Recht hat, legal erworbenen Reichtum zu nützen und zu missbrauchen. Diesen Missbrauch des Eigentums würden wir sofort beenden.

Ihr werdet mich natürlich fragen, was wir in diesem Fall vorschlagen; wie wir den Missbrauch des Eigentums abschaffen wollen: ich kann Euch nicht die Details dieser Neugestaltung geben; niemand könnte das in diesem Stadium, aber ich glaube, dass ich die Prinzipien klarmachen kann, die zugrundeliegen werden. Um das zu tun, lasst mich zurückgehen zu dem Fabrikbesitzer von vorhin: sagen wir, er wäre zufrieden, von den Arbeitern für die Betriebskosten, das Risiko und in Anerkennung seines eigenen Arbeitsbeitrages bezahlt zu werden. Ich denke, ein solcher Mann würde unter diesen Bedingungen die Fabrik nur deshalb seine nennen wollen, weil er andernfalls seine Arbeit verlieren würde. Ich glaube, er wäre absolut bereit, sie einer Gruppe von Leuten zu übergeben, der er vertrauen könnte, sie richtig weiterzuführen und ihm Arbeit zu angemessenen Bedingungen zu bieten. Ich denke, er wäre ganz zufrieden wenn er sagen könnte, das ist nicht meine Fabrik, sondern unsere. Wessen? Der Leute, die in ihr arbeiten, ihn eingeschlossen. Das ist Kooperation, werdet ihr sagen und so ist es und es ist auch Sozialismus, wenn (und das ist ein großes wenn) das in allen Fabriken des Landes genauso ist. Aber in allen Fabriken kann es nur genauso sein, wenn die Fabriken aufhören, der Besitz von Privatpersonen zu sein, sondern der Bevölkerung im Ganzen auf die eine oder andere Weise gehören.

Deshalb ist die einzige Gruppe, an die der Fabrikbesitzer das für ihn nutzlose Eigentum übergeben kann, die Bevölkerung im Ganzen: sie ist die einzige Gruppe, die es besitzen kann, ohne jemand damit zu benachteiligen. Nun, wenn die Bevölkerung, oder das Volk, wenn ihr wollt, dieses Eigentum besitzt – was würde sie damit anfangen? Sie würde es den Arbeitern erlauben, sie zu bewirtschaften um Güter zu produzieren, unter der Bedingung, dass sie der gesamten Bevölkerung für die Abnützung ihrer Betriebsanlagen zahlen, kurz gesagt, was es braucht, um es zu einem gut gehenden Betrieb zu machen und dass sie unter sich fair aufteilen, was sie durch ihre Arbeit eingenommen haben. Das ist es, was die Vergesellschaftung der Produktionsmittel genannt wird und den Fall einer Fabrik habe ich zuerst behandelt, denn wenn ihr dem zustimmen werdet, werdet ihr erst recht zustimmen, dass das Land vergesellschaftet werden sollte. Das Land sollte von keiner privaten Person besessen werden, sondern von der Bevölkerung insgesamt, um von denen genutzt zu werden, die es benutzen können: sie müssten sehr wohl Abgaben an die Bevölkerung zahlen, denn ohne das hätte derjenige einen unfairen Vorteil gegenüber seinem Nachbarn, der ein Stück besonders produktiven Landes zur Nutzung bekommt. Aber diese Rente wäre so gestaffelt, dass sie erst dann beginnt, wenn die Bebauung der Erde ein faires Einkommen einbringt und es würde dann keine Steuer auf die Arbeit bezahlt werden sondern der Bevölkerung würde das ausbezahlt, wofür nicht gearbeitet werden musste – die Fruchtbarkeit als Folge günstiger Bedingungen und der Arbeit vergangener Generationen. Und von dem, was an die Bevölkerung gezahlt würde, hätte er wieder seinen entsprechenden Anteil. Das Kapital des Landes, der angesammelte Reichtum, der für die fortgesetzte Produktion verwendet wird, würde auch der Bevölkerung gehören; niemanden wäre es erlaubt, auf Geld Zinsen zu nehmen um von ihnen zu leben ohne zu arbeiten. Die Bevölkerung würde an diejenigen Kredit geben, die Geld brauchen, abgesichert durch ihre Arbeitskraft unter angemessenen Regeln. Die Eisenbahnen und anderen Transportmittel würden wie alle Maschinen der Bevölkerung gehören, damit sie von allen nach ihren Wünschen benützt werden könnten. Natürlich sollten wir unter uns für die Wartung und Erneuerung dieser Dinge bezahlen, aber wir sollten es bequemer finden, für sie pauschal zu bezahlen und jeder sollte sie frei benützen können wie die Brücken und Strassen und den Postdienst.

Darin läge eine sehr große Veränderung, die die Gesellschaft auf eine neue Basis stellen würde: alle müssten arbeiten und alle könnten entsprechend ihren Fähigkeiten arbeiten. Es gäbe keinen Grund für Überarbeitung, wenn alle etwas tun: die Arbeit wäre frei, die Arbeiter müssten nicht darum bitten, von einem „Arbeitgeber“ eingestellt zu werden, denn sie könnten sich selber Arbeit geben und die Produkte der Arbeit würden ihnen gehören. Darüber hinaus würden die Leute sehen, dass die Bildung für alle entsprechend ihren Fähigkeiten gleich wäre und dass für die Alten, die Kranken und alle, die aus natürlichen Gründen nicht arbeiten können, gut gesorgt wäre. Da der Lebensstandard der Arbeiter stark angehoben wäre, wäre auch der Standard dieser Menschen, glaubt mir, ganz ähnlich. Es würde auch großer Aufwand für die öffentlichen Aufgaben und Vergnügungen unternommen, was in einem Land leicht fallen würde, in dem keine Arbeit verschwendet wird. Und wenn die Grundbedürfnisse großzügig befriedigt sind, würden sich die Menschen diesen gemeinsamen Vorteilen zuwenden, zu dem Luxus und der Pracht, die ihnen vorschweben.

Ihr habt vielleicht bemerkt, dass ich sagte, die „Bevölkerung“ wird diese und jene Sachen übernehmen und so und so handeln: dieses Wort habe ich benützt, um alle Formen der verwaltenden Institutionen einzuschließen. Ich will nicht vorentscheiden, welche exakte Form die Gesellschaft annehmen wird. Nach meiner Auffassung würde es viel weniger Zentralisierung geben als jetzt. Eine Beamtenkommission, ein Parlament oder eine ähnliche Einrichtung sollte nicht versuchen, die Angelegenheiten von weit entfernt lebenden Menschen zu regeln, deren Bedingungen und Umgebungen sie nicht wirklich verstehen können. Mit Sicherheit ist es immer und überall gut, wenn die Leute ihre Dinge selber regeln und damit sie es richtig machen, sollte jeder Bürger daran teilnehmen und einen Teil der Verantwortung auf seine eigenen Schultern heben. Und das können nur freie Menschen tun: Sklaven haben keine Verantwortung und solange die Arbeiter die Sklaven des Kapitals sind und nach deren Anweisung arbeiten und leben müssen, müssen sie sich auch berufsmäßigen Vertretern (wie ich sie nennen möchte) unterwerfen und bekommen alle öffentliche Arbeiten schlecht gemacht zu hohen Kosten.

Deshalb sollten wir in der neuen Gesellschaft Körperschaften bilden wie Stadt- und Landkreisverwaltungen und fast jede praktische öffentliche Aufgabe würde dann von ihnen durchgeführt. Ihre Mitglieder würden ihrer üblichen Arbeit nachgehen und von ihr leben und alle, die irgendeine der Fähigkeiten dafür haben, würden ihren Teil übernehmen: und vergesst nicht, dass dies nicht etwa eine neue Idee ist, sondern nach der Art der althergebrachten Landesverfassung, die schrittweise korrumpiert und überwuchert wurde durch Bürokratien der einen oder anderen Art. Natürlich würden diese Körperschaften zu nationalen oder internationalen Zwecken Föderationen bilden und keine Gruppe von Delegierten würde sich einbilden, die Chefs der Allgemeinheit zu sein, eher würden sie sich als ihre Diener sehen.

Rekapitulieren wir: in der Gesellschaft, die wir Sozialisten realisiert sehen wollen, wird die Arbeit frei sein: kein Mensch wird erst einen Herren finden müssen um durch seine Arbeit etwas Gutes zu schaffen; einen Herren, der ihn nur deshalb einstellt, wenn er ihm einen Teil dessen, was er produziert, wegnehmen kann: jeder Mensch wird sich durch seine Arbeit selbst erhalten können und die Vereinigung aller Arbeitenden wird die Dinge bereitstellen, die nur von der Allgemeinheit benützt werden können, wie Bäder, Büchereien, Schulen, große öffentliche Gebäude, Eisenbahnen, Straßen, Brücken usw. Es wird keine politischen Parteien geben, die nur ständig darüber zanken, wer das Land regieren soll und die sonst nichts tun; denn das Land wird sich selbst regieren, und das Dorf, die Gemeinde- und Stadträte werden Delegierte zu Treffen entsenden, die sich mit den allgemeinen Anliegen befassen. Die verschiedenen Gewerbe werden auch ihre Räte haben entsprechend den Arbeitszweigen und diese wiederum werden sich wenn nötig zusammensetzen um die Fragen zu besprechen, die alle Industrien berühren: kurz gesagt, das Leben und die Arbeit wird auf die am wenigsten verschwenderische Weise organisiert sein und der gewöhnliche Bürger wird lernen, sich zumindest in einen Teil dieser Organisation einzubringen.

So werden wir es lernen, vernünftig zu leben. Meine Meinung ist, dass wenn wir einmal durch die Bande von Ehrlichkeit und gegenseitigem Respekt verbunden sind, das Ganze einfacher und einfacher werden wird, bis sich unser gemeinsames Tun sehr leicht abwickeln lassen wird. Ich habe davon gesprochen, dass es dann noch soziale Ungleichheiten geben wird, z.B. dass ein Mensch mehr Geld verdienen wird als andere (obwohl niemand weniger verdienen wird als für ein komfortables Leben nötig): aber ich glaube nicht, dass das lange andauern würde. Wir sollten dann herausfinden, dass, sobald wir aufgehört haben uns untereinander zu berauben und um den Lebensunterhalt zu bekämpfen, alle Notwendigkeiten und Annehmlichkeiten so leicht verfügbar und günstig würden, dass sie umsonst wären, wenn jemand sie braucht: Natürlich sollten wir dafür bezahlen, aber der Punkt liegt so wie in diesem Beispiel: Wenn eine Familie, der es gut geht, beim Verspeisen einer Lammkeule zusammen sitzt – wie macht sie das? Stellen sie eine Waage auf und und wiegen jedem einzelnen seinen Anteil an dem Essen aus? Nein, so macht man es im Gefängnis, aber nicht in einer Familie: in einer Familie hat jeder, was er braucht und niemand neidet es: Mary hat ein Stück, Jack hat zwei und Bill hat vier, aber Mary und Jack fühlen sich nicht schlecht behandelt, denn sie bekamen so viel sie wollten und der Grund dafür ist, dass genug vorbereitet wurde und die Mitglieder der Familie sich gegenseitig vertrauen.

Meine Freunde, es ist an Euch zu wählen, ob ihr in einem Gefängnis oder in einer Familie leben wollt: wir Sozialisten bieten Euch an, das letztere zu wählen. Aber um das zu tun, müsst ihr verstehen und müsst es an andere weitergeben, dass die Welt nur glücklich werden kann, wenn sie rechtschaffen ist – und sie kann nur rechtschaffen sein, wenn sie es nicht erlaubt, dass einzelne Personen davon leben, andere arm zu machen: alle reichen Leute leben auf diese Weise und als Konsequenz ist die Welt nicht rechtschaffen. Man mag denken, dass die Aufgabe zu schwer sei, entweder die Reichen davon zu überzeugen oder arme Leute davon, dass sie die Reichen zwingen müssen, rechtschaffen zu werden, d.h., nicht mehr länger reich zu sein. Das ist eine schwierige Aufgabe, aber wir Sozialisten verzweifeln an ihr nicht, denn auf der einen Seite sind die Reichen nicht gerade überglücklich in ihrem Reichtum und viele von ihnen beginnen, den Punkt anzuerkennen, dass sie nichts zu befürchten haben von einem System, das sowohl Armut wie Reichtum beenden wird. Und auf der anderen Seite sind die Armen nicht mehr so unwissend und sie beginnen zu lernen, dass es nicht nur ihr Interesse ist, sich nicht ausrauben zu lassen, sondern eine Notwendigkeit, weil sonst völliger Ruin ihre Herren und damit auch sie selbst überwältigen wird: Überall machen die „Arbeitgeber“ weniger und weniger Profite, die Großen fressen die Kleinen, die Größeren die Großen und die Großen werden von den ganz Großen gefressen. Eine Anstellung ist mit jedem Jahr schwieriger zu bekommen und schwieriger zu geben. Das alte System bricht in Stücke und die Arbeiter müssen jetzt nach vorne treten und den Weg zu dem neuen zeigen: indem sie fordern, für sich selbst zu arbeiten und so eine Gesellschaft zu formen, in der alle Arbeiter sein werden: wenn sie das nicht tun, bewusst und auch schnell, dann wird eine Zeit des Schreckens eintreten, bevor die neue Gesellschaft geboren wird: wir jetzt Lebenden werden womöglich Leute zu Dutzenden in den Straßen vor vollen Läden und überquellenden Lagerhäusern an Hunger sterben sehen oder gar Leute, die in ihrer Verzweiflung aus Not alle Sperren durchbrechen und solche Läden und Lager plündern und dabei links und rechts in wütendem und kopflosen Aufruhr alles klein hauen – denn sie werden nicht verstehen können, dass es nicht um den benötigten Tagesvorrat an Brot und Fleisch oder den Jahresbedarf an Kleidung gehen kann, sondern um das Rohmaterial und Werkzeug zur Herstellung von Brot, Fleisch und Kleidung und um die Organisierung der Arbeit, die dafür nötig ist. Genau diese Botschaft müssen wir an sie weitergeben. Wenn wir, die wir das schon wissen unsere Pflicht erfüllen, werden sie es schnell annehmen (da bin ich mir sicher) und ihr Recht fordern, ihr Recht frei zu leben und das für sich zu benützen, was sie nutzen können, obwohl es ihnen noch verweigert wird: das Rohmaterial und die Instrumente der Arbeit. Dieser Forderung kann nicht widerstanden werden, wenn sie von den vereinigten Arbeitern des Landes erhoben wird. Die Frage ist: wollen sie sich vereinigen? Meine Antwort: sie müssen sich vereinigen oder hungern.

Aber um sich auf die bestmögliche Weise zu vereinigen und die Befreiung der Arbeit mit so wenig Gewalt und Elend wie möglich zu erreichen (nachdem sie ihre Lage, wie sie ist und sein könnte, erkannt haben), müssen sie alle Eifersüchteleien untereinander beiseite stellen und gründlich verstehen, dass sie sich nicht Feinde sind sondern alle zusammen Soldaten einer großen Armee: sie müssen verzeihen können und Streit beilegen … und wenn sie das wirklich fühlen wird es ihnen den Mut geben, den Menschen niemals haben können solange sie einzeln und selbstsüchtig für ihre jeweiligen Interessen kämpfen: einen Mut, der sie zu guten Menschen machen wird und aufrecht in jedem Sinn des Wortes: und dann werden sie unbezwingbar sein, sie werden alles an ihre Seite ziehen, was es an Klugheit in den arbeitenden Klassen gibt; sie werden all jene aus den wohlhabenden Klassen überzeugen, die wertvoll und gutmeinend sind und den Rest werden sie zur Seite schieben, um sie durch Erfahrung herausfinden zu lassen, dass das Leben eines freien Menschen besser ist als das eines Sklaven oder das eines Sklavenhalters.

Der Vortrag „What Socialists want“ wurde gehalten am 6. November 1887 vor dem Fulham Liberal Club in London und danach mehrmals wiederholt.
Erstmals 1969 im Druck veröffentlicht in „The unpublished Lectures of William Morris“ von Eugene D. Lemire
Eigene Übersetzung, 2013

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