Wie wir aus dem Bestehenden das Beste machen können

Beim Lesen dieses längeren Textes können wir Morris auf einem Rundgang durch „gewöhnliche“ Häuser begleiten und erfahren, welche Tips er gab, um sie schöner zu gestalten. Es beginnt (vielleicht überraschend) damit, dass Morris nicht einfach alle hässlichen Häuser abreissen will, weil das keinen Sinn mache, solange die Fähigkeiten, sie neu besser zu bauen, kaum vorhanden sind. Diese, so endet er, werden erst wiederaufleben, wenn der arbeitende Mensch geachtet wird, er das ihm Zustehende bekommt und sich in seiner Arbeit künstlerisch entfalten kann.


Heute abend möchte ich zu Ihnen über einige Dinge sprechen, auf die mich die Erfahrung meines eigenen Handwerks gebracht hat und die in mir eine Reihe von Regeln oder Grundsätzen wachsen ließen, an die ich mich in meiner Arbeit halte. Wer länger ein Handwerk ausübt, wird solche Regeln in seinem Kopf sammeln und nicht umhin kommen, sie selber zu befolgen und darauf zu bestehen, dass seine Schüler oder Arbeiter sie anwenden. Und wenn diese Regeln – oder wenn Sie so wollen – Impulse zu gleicher Zeit viele Handwerker innerlich erfüllen und ihre Hand leiten, formen sie eine bestimmte Schule und die Kunst, die sie vertritt, ist jedenfalls lebendig, wie grob, mangelhaft oder zaghaft sie auch sein mag. Je maßgeblicher diese Regeln, je verbreiteter diese Impulse sind, desto lebenskräftiger wird die von ihnen hervorgebrachte Kunst sein. Dagegen wird die Kunst in Zeiten, in denen sie nur schwach oder selten gefühlt werden, in denen die Grundsätze des einen Handwerkers seinem Kollegen absurd oder gewöhnlich vorkommen, entweder krank sein, schlafen oder in der großen Masse der Menschen so spärlich verstreut sein, dass sie auf das allgemeine Leben geringen oder keinen Einfluss hat.
Diese Art von Handwerksregeln mag manchen willkürlich erscheinen und das kommt wohl daher, dass sie das Ergebnis eines komplexen Zusammenwirkens vieler Faktoren sind, weshalb – wenn überhaupt – uns nur ein großer Philosoph die Ursachen und Zusammenhänge in Worten darlegen könnte. Wir, die wir Handwerker sind, müssen damit zufrieden sein, die Regeln in der Praxis zu beweisen und darauf zu vertrauen, dass sie ihren Ursprung in der menschlichen Natur haben; gerade dann wenn wir wissen, dass ihre ersten Früchte im wundervollsten Teil der Geschichte, der Geschichte der Künste, zu finden sind.
Wollen Sie mich daher bitte als Handwerker ansehen, der bestimmte Impulse mit anderen teilt, und dem diese Impulse verbieten, die daraus erwachsenen Regeln anzuzweifeln. Wenn Sie mich so betrachten, werden Sie nachsichtiger mit mir sein, wenn ich zu sehr dogmatisieren sollte.

Die Arbeitsteilung

Nun, ich kann nicht beanspruchen, ein bestimmtes Handwerk zu verkörpern. Die Aufteilung der Arbeitsvorgänge spielte in der Entfesselung der wirtschaftlichen Konkurrenz eine große Rolle, bis dies zu einem Mechanismus mit sich ausbreitenden und zerstörerischen Kräften wurde, dem sich nur wenige zu widersetzen wagen; den niemand kontrollieren oder dessen Endergebnis voraussehen kann. Besonders hart hat sich die Arbeitsteilung auf dem Gebiet der menschlichen Kultur ausgewirkt, auf dem zu arbeiten ich geboren wurde. Diesem Feld der Kunst, dessen Ernte des Menschen größte Hoffnung, Freude und Trost sein sollte, ist durch die Arbeitsteilung übel mitgespielt worden. Förderte sie einst die Konkurrenz in der Wirtschaft, so beherrscht sie diese nun, die wiederum selbst einst der Zivilisation diente und nun ihr Herrscher ist.  Diese Herrschaft hat sich so weit ausgedehnt, dass sie an der unbedeutenden Nische meiner Arbeit nicht spurlos vorüber ging. Sie war mir in mancher Hinsicht hinderlich, stellte sich mir aber vor allem in den Weg beim Zugang zur Unterstützung durch andere, von der ich in meiner künstlerischen Arbeit abhängig bin. Deshalb war ich gezwungen, viele Handwerke zu erlernen, um dadurch, möglicherweise dem Sprichwort folgend, keines zu beherrschen. Ich muss fürchten, es wird Ihnen so vorkommen, als ob ich in meinem Vortrag zu viele Dinge behandelte und keines tief genug.

Ich kann es nicht ändern: die besagte Tyrannei hat aus einigen von uns, die wir zufriedene Handwerker sein sollten, unzufriedene Agitatoren gemacht, weshalb wir, wenn wir über Rezepte und Regeln der Werkstatt sprechen, selbst das nicht in Ruhe tun können. Ich muss wirklich gestehen, dass ich über alle mit den Künsten zusammenhängenden Fragen schweigen würde, hätte ich nicht die leise Hoffnung, mich wie auch andere zur Unzufriedenheit mit dem gegenwärtigen Zustand der Dinge und zur Rebellion anstiften zu können – in der Hoffnung, dass unsere Unzufriedenheit fruchtbar und unsere Auflehnung anhaltend sein wird (wenigstens solange wir leben); denn wir sind überzeugt, nicht gegen das Gesetz der Natur zu rebellieren, sondern gegen Gewohnheiten aus Torheit.

Trotzdem, da auch Rebellen leben wollen und bisweilen sogar ihnen Ruhe und Frieden ein Bedürfnis ist – mehr, da sie sich gewissermaßen Bastionen errichten müssen, um aus ihnen heraus den Kampf weiterzuführen – darf uns nicht mangelnde Konsequenz vorgeworfen werden, wenn wir heute abend überlegen, wie wir aus der gegebenen Lage das Beste machen können. Wie können wir durch Vorsorge, Mühe und Geduld uns jene eigenartigen Wohnungen erträglich machen – die würdelosesten, hässlichsten und unpassendsten, die Menschen je für sich gebaut haben und worin fast alle von uns dank selbst gemachter Zwänge, dank unserer Hast und Unvernunft wohnen müssen? Das ist die an uns gestellte Frage.
Wenn ich mich mit ihr auseinandersetze, spreche ich hauptsächlich von den Wohnungen der Mittelklasse, da ich diese am besten kenne. Was ich zu sagen habe, ist aber ebenso gut auf jede andere anwendbar, denn kein modernes Haus, ob gross oder klein, folgt einem anspruchsvollen oder ganzheitlichen Plan. Es hat weder einen Mittelpunkt noch Individualität, sondern besteht durchwegs aus einem Konglomerat von aufs Geratewohl zusammengewürfelten Räumen. Weshalb die Einheit, von der ich zu sprechen habe, eher der einzelne Raum als das Haus ist.

Unsere Häuser, im Guten und im Schlechten

Nun sind vielleicht einige hier, die das Glück haben, in einem jener edlen Gebäude zu wohnen, die unsere Vorfahren erbaut haben – aus ihrer Seele heraus, könnte man sagen. Sie befinden sich in einer der glücklichsten Lagen, in der ein Mensch sich meiner Meinung nach heute befinden kann. Diese glücklichen Leute haben mit dem, was uns heute abend beschäftigt, wenig zu tun, außer als mitfühlende Zuschauer. Alles was wir mit ihnen zu tun haben, ist, sie an ihre Pflichten gegenüber diesen Bauten zu erinnern, die ihnen ohne Zweifel sehr lieb sind: sie nicht zu verändern oder zu malträtieren, um sie einer vorübergehenden Laune oder der Bequemlichkeit anzupassen. Sondern so mit ihnen umzugehen, als ob ihre Erbauer, denen sie soviel verdanken, noch unter dem, was ihrem alten Heim Übles widerfährt, zu leiden hätten oder sich freuen könnten, wenn ihnen Gutes widerfährt. Wenn sie das tun, werden auch sie bestimmt nicht vergessen oder ohne den Dank der Nachwelt bleiben.

Andere werden hier sein, die in Häusern wohnen, die kaum edel genannt werden können – ja, im Vergleich zu den letzterwähnten fast als unwürdig bezeichnet werden sollten – dennoch waren in den Erbauern dieser Häuser noch einige Überlieferungen aus den Zeiten der Kunst lebendig. Sie sind zumindest solide und gewissenhaft gebaut und wenn sie wenig oder nichts Schönes an sich haben, so zeigt sich in ihnen ein gewisser gesunder Verstand und ein allgemeine Vorstellung von Annehmlichkeit und sie verbergen nicht die Gewohnheiten und Gefühle ihrer Zeit. Die frühesten unter ihnen, gebaut etwa zur Zeit von Queen Anne, strecken eine Hand nach den Zeiten der Gotik aus und sind nicht unmalerisch, besonders dann, wenn ihre Umgebung schön ist. Die späteren aus der Zeit Georgs, sind sicherlich vollkommen unmalerisch, aber sie sind, wie schon gesagt, solide und nicht unansprechend. Alle diese Häuser, sowohl die sogenannten Queen Anne-Häuser wie die ausgesprochen georgianischen sind schwierig genug zu schmücken. Besonders denjenigen wird es schwer fallen, die eine Neigung zur Romantik haben, da sie in sich noch einen gewissen Stil zeigen, der nicht zu ignorieren ist. Gleichwohl ist es für jemand, der nicht ihrer Zeit angehört, unmöglich, sich mit einem Stil anzufreunden, dessen charakteristische Eigenschaft auf keinerlei Prinzipien gegründete Launen sind. Dennoch sind sie im schlimmsten Falle nicht beleidigend hässlich oder abstoßend und es ist möglich, ohne gravierende Störung für Arbeit und Geist in ihnen zu leben. Weshalb sie kraft Gegensatz zu Lichtpunkten in dem vorherrschenden Dunkel der Hässlichkeit, das sich über alles moderne Leben gelegt hat, geworden sind.

Aber wir dürfen nicht vergessen, dass diese Rebellion – zu deren Unterstützung wir, wie ich hoffe, hier zusammen gekommen sind – begonnen hat und jetzt sichtbare Lebenszeichen zeitigt: denn in letzter Zeit sind da und dort bei uns Häuser entstanden, die sicherlich weder von den üblichen Schablonenzeichnern der Bauherrn noch von akademisch gebildeten Nachahmern früherer Stile entworfen wurden. Obwohl vielleicht als experimentell zu bezeichnen, könnte niemand sagen, dass sie gedanken- und prinzipienlos geschaffen wären und ohne große Fähigkeiten des Entwurfs. Sie zu kritisieren ist heute abend in keiner Weise unsere Aufgabe. Ich nehme an, ihre Urheber, die mit so vielen (nicht von ihnen selbst verursachten) Schwierigkeiten zu kämpfen hatten, kannten ihre Unzulänglichkeiten besser als wir und waren weniger hochfliegend durch ihre Erfolge, als wir es sind. Jedenfalls sind dies Geschenke an unser Land, die immer geachtet bleiben, ob sich die Zeiten bessern oder verschlechtern, und ich bitte Sie, ihren Entwerfern aufs Herzlichste für ihre Voraussicht, Hoffnung und Mühe zu danken.

Nun, ich habe von drei Merkmalsgruppen für den Niedergang unserer Behausungen gesprochen, die nur diese unsere Geschichtsperiode kennzeichnen:
Erstens gibt es die ganz wenigen Häuser, die uns aus den Zeiten der Kunst geblieben sind. Außer dass wir vielleicht bisweilen das Vergnügen ihres Anblicks geniessen, haben die meisten von uns wenig genug damit zu tun.
Zweitens die Häuser aus der Zeit, in der die Menschen, obwohl die Kunst krank und fast tot war, sie diese noch nicht als „schlechtes Geschäft“ aufgegeben hatten und jedenfalls noch nicht systematisch schlecht zu bauen gelernt hatten; in der sie außerdem das bekamen, was sie wollten und ihr Leben in der Architektur seinen Ausdruck fand. Von diesen gibt es im ganzen Land noch eine große Anzahl, doch nimmt sie rasch ab durch die unwiderstehliche Macht des Konkurrenzkampfs um Bauaufträge und bald werden sie tatsächlich sehr selten sein.
Drittens jene wenigen Häuser, erbaut und zumeist bewohnt durch die führenden Leute der Rebellion gegen die erbärmliche Hässlichkeit, die zu unterstützen wir heute zusammengekommen sind. Es ist klar, dass das bis jetzt nur sehr wenige sind; sonst würdet Ihr es kaum für der Mühe wert gehalten haben, hierher zu kommen, um die einfachen Worte zu hören, die ich Euch darüber zu sagen habe.

Das sind die Ausnahmen. Die übrigen machen in der Tat die Behausungen der ganzen Bevölkerung aus und sind ohne jeden Schimmer von Schönheit oder Bemühung nach ihr gebaut – ohne irgendeinen Gedanken daran, dass der Anblick eines gewöhnlichen Wohnhauses Vergnügen bereiten kann und (infolge dieser Vernachlässigung der menschlichen Bedürfnisse) mit kaum einer Rücksicht auf wirkliche Brauchbarkeit. Es wird, so hoffe ich, eines Tages kaum geglaubt werden, dass solche Häuser für ein Volk gebaut wurden, dem es nicht an Ehrenhaftigkeit, Unabhängigkeit, Vornehmheit des Denkens und Rücksichtnahme auf andere fehlte; nicht das Mindeste davon kommt in ihnen zum Ausdruck, vielmehr Heuchelei, Nachäfferei und achtlose Selbstsucht. Es ist Tatsache, dass sie keinen Teil unseres Lebens mehr bilden. Wir haben es als ein schlechtes Geschäft aufgegeben, sie mit diesem Ziel zu entwerfen. Es lässt uns unbekümmert, wenn in unseren Häusern von uns nichts anderes als nur die allerschlechteste Seite unseres Charakters, des allgemeinen wie des persönlichen, zum Ausdruck kommt.

Das Beste aus unseren Behausungen machen

Genau aus dieser Achtlosigkeit, die der Zivilisation so sehr schadet und die so ungerecht ist gegen die nach uns Kommenden, wollen wir die Leute herausholen. Wir wollen sie dazu bringen, über ihre Heimstätten nachzudenken; sich die Mühe zu machen, sie in Wohnstätten umzugestalten, wie sie körperlich und geistig freien Menschen zukommen – das würde manches weitere auslösen, dessen bin ich überzeugt.
Nach meiner Ansicht ist der erste Schritt auf dieses Ziel, dass wir uns an die Lebenseinstellung unseres Landes, die so oft, allzu oft, praktisch genannt wird, halten und einen Moment von einer entfernt liegenden Idealvorstellung abgehen, um die Leute zum Nachdenken darüber zu bringen, wie wir das Bestmögliche aus diesen Notbehelfshäusern machen können, deren wir uns nicht mit einem Schlage entledigen können.

Ich weiß, dass die niederen Künste, die das allein bewerkstelligen können, von vielen klugen und geistreichen Menschen nicht als der Beachtung eines intelligenten Menschen wert angesehen werden; aber, da ich zu einem Kreis von Künstlern spreche, glaube ich zu Leuten zu reden, die über dieses Stadium der Weisheit und Vernunft schon hinaus sind und denen alle Künste wichtig sind. In der Tat würde ich nur geringen Anspruch auf ihre Aufmerksamkeit erheben können, wäre ich der Ansicht, dass bei dieser Frage nichts weiter herauskäme als noch etwas mehr Befriedigung und Vergnügen für die, welche schon im Überfluss davon haben. Lassen Sie mich es aussprechen, dass ich entweder den Zweck meines ganzen Lebens verfehlt habe oder dass das Gedeihen der niederen Künste zu Zufriedenheit und Selbstachtung aller Handwerker, ob sie sich Künstler oder Handwerker nennen, mit sich bringen muss. Ich gebe nochmals meiner Hoffnung Ausdruck, dass in denen, die sorgfältig darüber nachzudenken begonnen haben, wie sie das Bestmögliche aus den Räumen machen können, in denen sie essen, studieren und schlafen und mit ihren Freunden verkehren, eine heilsame und fruchtbare Unzufriedenheit mit dem Schmutz entstehen wird, der trotzdem, wenn sie ihr Bestes getan haben, weiter ihre Insel des Behagens umgeben wird, und dass Sie, indem sie dem Unbehagen, das sie darüber empfinden, zu entgehen suchen, herausfinden werden, dass dies nur möglich ist durch Festhalten an dieser Forderung: für alle Menschen Arbeit, wie sie freien Menschen und nicht Maschinen zukommt. Ich hege die kühne Hoffnung, dass die Menschen eines Tages einen Begriff von der Kunst bekommen und sich so nach mehr sehnen und wie ich wahrnehmen werden, dass dahin nur zu gelangen ist durch allgemeine Anerkennung des Rechts jedes Menschen auf Arbeit, wie sie ihm liegt und deren Verrichtung in einem schönem Heim. Darin besteht alle unzerstörbare Lebensfreude; niemand bedarf mehr, niemandem dürfte weniger gewährt werden; und wenn einem Menschen daran fehlt, dann wird ihm sein Geburtsrecht vorenthalten und die Schuld tragen Verschwendung und Ungerechtigkeit.

So gut ich kann will ich nun versuchen, einige Hinweise zu geben, wie aus unseren Häusern das Bestmögliche zu machen ist. Da bitte ich zuerst um Entschuldigung, dass ich viel negativen Rat zu erteilen und häufig zu sagen haben werde „unterlassen Sie…“ – was, wie Sie wissen, sehr oft das Los derer ist, die Verbesserungen anstreben.

Der Garten

Ehe wir in unser Haus gehen, ja ehe wir seine Aussenseite betrachten, wollen wir uns mit seinem Garten beschäftigen, hauptsächlich in Bezug auf Gärten in der Stadt – was in der Tat, wie ich herausgefunden habe, wie ohne Zweifel auch die meisten anderen, die sich damit befasst haben, schwierig genug ist – umsomehr, weil in unserem Weltteil in der Tat nur wenige dem irgendeine Schonung zukommen lassen, was zum Leben in der Stadt unbedingt erforderlich ist: ihren Bäumen. Wodurch wir soweit gekommen sind, dass man schon beim Geräusch einer Axt zittert, wenn man daheim bei seiner Arbeit sitzt. Jedoch, ob schwierig oder nicht, der Stadtgarten darf nicht vernachlässigt bleiben, wenn es uns ernstlich darum zu tun ist, das Bestmögliche aus dem Bestehenden zu machen.

Nun, ich muss sagen, dass die Stadtgärtner für gewöhnlich eher das Entgegengesetzte tun: unsere Londoner Vorstadtgärtner zum Beispiel lassen in der Regel ihr bisschen Kiesweg und Rasenplatz in Windungen gehen, imitieren lächerlicherweise einen großen Garten im Landschaftsstil und füllen dann seltsamer- und verkehrterweise die Zwischenräume mit den formalsten Pflanzen, die sie bekommen können; während schon der gesunde Menschenverstand raten müsste, ihrem Stückchen Grund die einfachste Anlage zu geben. Dann einen Teil (wenn er groß genug ist) so ordentlich wie möglich von dem anderen abzugrenzen und das Ganze in derselben Weise von der Straße und dann den für Blumen bestimmten Raum mit Pflanzen auszufüllen, die frei und in interessanter Weise auswachsen dürfen. Dabei es der Natur überlassend, für die gewünschte Vielfalt zu sorgen, was sie sicherlich tun wird, wenn wir nicht das Beet des Blumenzüchters wegen leerräumen, der, wie ich sagen muss, es uns schwieriger als nötig macht, das Bestmögliche mit Blumen zu machen.

Es ist kaum eine Abschweifung, wenn ich kurz auf seine Art, mit Blumen umzugehen aufmerksam mache, in der außerdem recht deutlich dieses Verändern ohne Rücksicht auf Schönheit illustriert wird. Veränderung um der Veränderung willen, die zu allen Zeiten, in denen die Kunst zurück ging, eine so große Rolle gespielt hat. So bitte ich Sie zu beachten, in welcher Weise er zum Beispiel mit der Rose verfuhr: die Rose wird, seit ich weiß nicht wann, gefüllt gezüchtet; die gefüllte Rose war eine Errungenschaft für die Welt, neue Schönheit wurde uns durch sie zuteil und nichts entzogen, da die Wildrose in jeder Hecke wächst. Doch, wenn es sich auch so verhält: für die Meinung, dass die wilde Rose kaum zu verbessern ist, muss sich niemand entschuldigen – denn kann es im Ganzen und im Einzelnen gesehen etwas Schöneres geben als einen Busch davon am Wegesrand, oder kann irgendein Geruch süßer und reiner sein als ihrer? Trotzdem hatte die Gartenrose mit ihrer vollen Form neue Schönheit aufzuweisen, während ihren Blättern die wundervoll zarte Beschaffenheit derjenigen der Wildrose nicht verloren gegangen war. Die volle Farbe, die sie, von der roten Rose bis zur Damaszenerrose gewonnen hatte, war rein und echt trotz aller dazugetretenen Kraft und obwohl ihr Geruch etwas von der Süße der Heckenrose eingebüßt hatte, war er noch frisch und köstlich. Nun, dies alles war bis in unsere Zeit der Fall, als die Blumenzüchter sich auf die Rose warfen – Leute die nie genug bekommen – sie strebten danach, ihre Blüte zu vergrößern und brachten es so weit, dass ein schönes Exemplar unter den Rosen eines Blumenzüchters ungefähr den Umfang eines mittelgroßen Kopfes Wirsingkohl erreicht. Sie suchten einen starken Geruch zu erzielen und erzielten ihn, da der Geruch der Rose eines Blumenzüchters nicht selten an den des erwählten Kohls erinnert – was ihr nicht zum Besten dient. Sie suchten starke Farben zu erzielen und erzielten sie, stark und schlecht – wie eine Erobererin. Aber unterdessen ließen sie das eigentliche Wesen der Rose außer Acht; sie glaubten, es bestünde nur in Überfülle und Pracht, sie ließen diese zur Grobheit ausarten, während sie die ausgesuchte Raffiniertheit der Form, Feinheit der Blattstruktur und Lieblichkeit der Farbe wegwarfen, welche gerade in Verbindung mit dem köstlichen Geruch, den die wirklich gute Gartenrose mit vielen anderen gemeinsam hat, sie zur Königin aller, zur Blume der Blumen machen. Das Schlimmste dabei ist, dass diese gefälschten Rosen die wirklichen verdrängen. Wenn wir uns nicht darum kümmern, werden unsere Nachkommen nichts mehr von der Centifolie wissen, die die lieblichste Form von allen hat oder der roten Rose mit ihrem dunkelgrünen Stiel und ihrer unvergleichlichen Farbe oder der Rose des Ostens mit ihrem gelben Kelch, deren reiches Parfum den höchsten Grad erreicht, ohne seine Frische zu verlieren: sie werden nichts von all diesen wissen und wie ich fürchte den Dichtern aus früherer Zeit Vorwürfe machen, weil sie, ihrer Gewohnheit entsprechend, die Schönheit der Rose so stark übertrieben hätten.

Nun, als Londoner habe ich vielleicht zu viel von Rosen gesprochen, da wir sie im Rauch der Vorstädte kaum ziehen können, aber was ich von ihnen gesagt habe, gilt auch von anderen Blumen, über die ich noch folgendes hinzufügen möchte. Hüten Sie sich vor gefüllten Blumen, verwenden Sie die hergebrachte Akelei, deren Blätteranordnung unverkennbar und besonders ist, nicht die gefüllte, bei der sie in kleine Fetzen zerfällt. Verwenden Sie (wenn Sie sie bekommen können) die alte chinesische Aster mit dem gelben Kelch, der so gut zu dem rotbraunen Stiel und den seltsam gefärbten Blüten passt, statt der mit der Unmasse von Blütenblättern, die aussehen wie aus Papier geschnitten, auf die wir jetzt so stolz sind. Lassen Sie sich nicht um ein Wunder an Schönheit – das einfache Schneeglöckchen – bringen; mit dem gefüllten ist nichts gewonnen und viel verloren. Noch mehr geht durch die gefüllte Sonnenblume verloren, die eine plump gefärbte und uninteressante Pflanze ist, während die einfache, obwohl sie erst spät in unseren Gärten zur Blüte kommt, keineswegs zu verachten ist, da sie überall wächst und mit ihren scharf gemeißelten gelben Blütenblättern, die sich von dem dunkelfarbigen, urig gemusterten Kelch abheben, der soviel Nektar in sich birgt und von Bienen und Schmetterlingen umschwärmt ist, sowohl schön als auch interessant ist. Soviel zur Verkünstelung in der Blumenzucht.

Ein Wort oder zwei über deren falsche Platzierung. Verwenden Sie kein Farnkraut in ihrem Garten. Die Hirschzunge in den Spalten zwischen großen Steinen; die seltsamen Gewächse, die im Sprühregen eines Wasserfalls sprießen – dort sind sie an ihrem rechten Platz. Noch mehr der Farn des Waldes, ob im Spätherbst, wenn der Geruch seiner verwitternden Stengel sich mit dem wohlbekannten Waldbodengeruch vereinigt, oder im Frühling, wenn seine zusammengerollten Blätter sich durch die verrottenden Überbleibsel des vergangenen Jahres drängen. Diese Pflanzen sind nichts für den Garten und gedeihen darin nicht; wenn Sie es doch versuchen, werden Sie ihnen alle Romantik rauben.
Dasselbe kann von vielen Pflanzen gesagt werden, die nur Raritäten sind, welche nach Absicht der Natur grotesk und nicht schön sein sollten und die in der Regel Schöpfungen heißer Länder sind, wo die Gewächse schnell und üppig emporschiessen. Beachten Sie, dass die sonderbarsten darunter aus dem Dschungel in Tropengegenden stammen, in denen der Mensch nicht daheim, sondern ein Eindringling, ein Feind ist. Gehen Sie in einen botanischen Garten und betrachten Sie sie da und denken Sie dort nach Herzenslust an jene fernen Gegenden. Aber lassen Sie sie nicht in Ihrem rauchdurchzogenen Stückchen Grund zwischen Ziegelsteinbauten verhungern, denn sie dienen ihm nicht zur Zierde.

Was nun die Farbe im Garten anbelangt, so wirken Blumen in Masse sehr stark als Farbe und wenn damit nicht mit großer Vorsicht umgegangen wird, beeinträchtigen sie das Vergnügen an Gartenarbeit sehr. Insgesamt denke ich es als das Sicherste und Beste, wenn die Blumen gemischt und große Farbflächen vermieden werden – in gleichfarbigen Zusammenstellungen meine ich. Aber es gibt auch einige Blumen (Erfindungen von Menschen, d.h. Blumenzüchtern), die eine durch und durch hässliche Farbe haben und nicht verwendet werden sollten. Pinkfarbene Geranien zum Beispiel oder die gelben Pantoffelblumen, die in der Tat nicht selten in großen Mengen gepflanzt werden, um, wie ich glaube, zu zeigen, dass selbst Blumen durch und durch unschön sein können.
Etwas anderes, was man ebenfalls viel zu häufig sieht, ist eine Verirrung des menschlichen Geistes; ich müsste mich schämen, wenn ich Sie nicht davor warnen würde. Der technische Ausdruck dafür heißt Teppichbeet. Brauche ich mehr darüber zu sagen? Ich möchte es lieber nicht, da ich schon beim bloßen Gedanken daran, selbst wenn ich ganz allein bin, rot vor Scham werde.
Ich fürchte, dass in unseren Tagen, in denen es so schwierig ist, das Beste aus den Dingen zu machen und in denen die gewöhnlichen eisernen Gitter so verbreitet sind und die Schönheit des Gartens mindern, es besonders notwendig ist, zu sagen: wenn Sie etwas in einem Garten umgrenzen, sollten Sie das mittels einer lebenden Hecke, aufrecht gesetzten Steinplatten (wie man es da und dort in der Cotswolder Gegend macht), Holzpfosten, Flechtwerk oder kurzum mit irgendetwas anderem als Eisen tun.

Und um es nun zusammenzufassen, wie ein Garten beschaffen sein muss: groß oder klein, er soll sowohl regelmäßig angelegt wie reichhaltig erscheinen. Er soll von der Außenwelt durch eine geeignete Einfriedung getrennt sein. Es soll keineswegs weder Willkür noch Wildheit der Natur darin nachgeahmt werden, sondern es soll aussehen wie etwas, das nirgends zu sehen ist, außer in der Nähe des Hauses. Daraus geht hervor, dass kein privater Lustgarten sehr groß sein darf und ein öffentlicher Garten in Teile geteilt werden sollte, denen das Aussehen von Blumengehegen in einer Wiese oder in einem Wald oder inmitten des Pflasters gegeben werden müsste.
Zu richtigen Ansichten in der Gartenfrage werden Sie gelangen, wenn Sie darüber nachdenken, wo ein Garten am erwünschtesten ist. In einer sehr schönen Gegend, besonders wenn sie bergig ist, können wir ihn ganz gut entbehren, während wir in einer flachen öden Gegend uns danach sehnen und er da oft erst unsere Heimstätte zu einer solchen macht. Während in großen Städten Privatgärten wie öffentliche Gärten eine unbedingte Notwendigkeit sind, wenn die Bürger ein vernunftgemäßes, Leib und Seele zuträgliches Leben führen sollen.
Soviel vom Garten, von dem ich, da ich gesagt habe, dass er einen Teil des Hauses bilden sollte, hoffentlich nicht zuviel gesprochen habe.

Die Fassade

Was nun das Äußere unseres als Notbehelf dienenden Hauses anlangt, so ist es, fürchte ich, zu hässlich, um uns hier lange aufzuhalten. Machen Sie es, wenn es zu streichen ist, so einfach wie möglich und hauptsächlich in weißer oder weißlicher Farbe; denn wenn ein Gebäude eine hässliche Form hat, verträgt es keine Dekoration und wenn seine Teile durch verschiedene Farben hervorgehoben werden, tritt dadurch seine Hässlichkeit hervor. Darum rate ich Ihnen nicht, Ihre Häuser blutrot oder schokoladenfarben zu bemalen und weiße Verzierungen daran anzubringen, wie es in einigen Teilen Londons Mode zu werden scheint. Sie sollten jedoch immer Ihre Fensterstäbe und Fensterrahmen weiß streichen, um die triste  Fensterfläche etwas aufzubrechen. Was mir einzig noch zu sagen bleibt, ist, Sie davor zu warnen, dass Sie ein hitziges Braunrot verwenden, was einige Dekorateure mit Begeisterung tun. Bis jemand einen besseren Namen dafür erfindet, wollen wir es Kakerlakenfarbe nennen und nichts damit zu tun haben.

Die Räume

So sind wir ans Innere unseres Hauses gelangt und befinden uns in dem Zimmer, in dem wir leben, welchen Namen Sie ihm auch immer geben. Was seine Proportionen anlangt, so ist es in der Tat in einem gewöhnlichen Haus ein Glücksfall, wenn sie erträglich sind: aber lassen Sie uns das Beste hoffen. Wenn es gut proportioniert ist, muss einer seiner Teile, entweder seine Höhe, Länge oder Breite, die anderen übertreffen oder wenigstens den Eindruck machen. Wenn es quadratisch ist oder ungefähr so wirkt, sollte es nicht hoch sein; wenn es lang und schmal ist, schadet es nichts, wenn es hoch ist; aber es würde mehr für sich einnehmen, wenn es niedrig wäre; während, wenn es als deutliches, aber mäßiges Rechteck erscheint, große Höhe entschieden angebracht wäre.
Die Teile des Raumes, mit denen wir uns zu beschäftigen haben, sind die Wände, die Decke, der Fußboden, die Fenster und Türen, der Kamin und die Möbel darin. Von diesen sind die Wände von so hoher Bedeutung für den Dekorateur und ein so weites Feld, dass ich die anderen Teile, was ihre bloße Anordnung anlangt, erst behandeln will. Dabei sage ich gleich, dass das meiste, was ich zum Entwurf von Mustern für die Wand sagen werde, nach meiner Ansicht mehr oder weniger auf Muster im allgemeinen angewendet werden kann.

Die Fenster

Wenn es um die Fenster geht, so fürchte ich, dass wir wieder meckern müssen. In den meisten anständigen Häusern, oder wie man sie so nennt, sind die Fenster viel zu groß und lassen eine Flut von Licht aufs Geratewohl und in schlecht bedachter Weise herein, wodurch die Bewohner gezwungen sind, es durch Läden, Rouleaus, Vorhänge, Schirme, schwere Behänge und ähnliche Überflüssigkeiten zu dämpfen. Die Fenster sind auch fast immer zu weit unten angebracht und oft so tief unten, dass die Fensterbretter sich in gleicher Höhe mit unseren Fußgelenken befinden, wodurch ein überall hinströmendes Licht ins Zimmer dringt, das ihm jede angenehme Stimmung nimmt. Die Fenster sind ferner entweder große rechteckige Löcher in der Wand oder haben, was schlimmer ist, schlecht proportionierte runde oder wie aus einem Kreisabschnitt bestehende Stürze, und es ist in „guten“ Häusern üblich, entweder diese Öffnungen mit einer großen Glasscheibe zu füllen oder sie in der Mitte durch eine dünne Leiste zu teilen. Wenn wir dabei bleiben, sie so zu verglasen, verfahren wir mit unseren Fenstern in der schlimmsten Weise, in der wir mit ihnen verfahren können; noch sieht ein Raum erträglich aus, mit dem so umgegangen wird. Dass die Menschen dies sehr wohl fühlen, können Sie aus ihrer Bewunderung des Maßwerkes eine gotischen Fensters oder des Gitterwerks eines orientalischen Hauses ersehen. Unser Notbehelf als Ersatz für diese Schönheiten muss in der Ausfülllung der Fenster durch mäßig große, in solide Rahmen gesetzte Scheiben aus Glas (Flachglas, wenn Sie wollen) bestehen; wir werden dann jedenfalls an einem kalten Tag das Gefühl haben, dass wir uns innerhalb des Hauses befinden – und ein Dach über dem Kopf haben.

Der Fußboden

Nun zum Fußboden: vor nicht langer Zeit war es bei denen, die das Geld dazu hatten, allgemein Brauch, ihn bis in seine verstecktesten, staubigsten Winkel mit einem Teppich zu bedecken, der gut, schlecht oder keines von beiden war. Nun werden Sie sicherlich von anderen, die sich mehr mit der Gesundheit als der Kunst in einem Hause beschäftigen (wenn man wirklich das Eine vom Anderen trennen kann, was in der Tat  unmöglich ist), von Lehrern wie Dr. Richardson gehört haben, welch unangenehme und ungesunde Gewohnheit dies ist; so will ich nur sagen, dass es unangenehm und ungesund aussieht. Glücklicherweise hat man jedoch jetzt vielfach mit dieser Gewohnheit gebrochen; man kann sagen, dass über sie das Urteil gesprochen ist, denn in allen Häusern, die für einigermaßen geschmackvoll ausgestattet gelten wollen, verwendet man jetzt starkes, grobes Wollgewebe als Teppich, der groß sein kann ohne unverrückbar zu wirken und in dem sich der Staub nicht in den Winkeln absetzen kann. Doch möchte ich noch weiter gehen und wünschte, ich könnte reiche Leute dazu bringen, einen Teppich in einem Zimmer überhaupt nicht mehr als eine Notwendigkeit anzusehen, wenigstens im Sommer. Dies wäre in doppelter Hinsicht von Vorteil: erstens würden wir dann gezwungen sein, für bessere Fußböden zu sorgen, deren jetzige windige Beschaffenheit den modernen Häusern hauptsächlich mit zur Schande gereicht; und zweitens könnten wir, wenn wir weniger Teppiche zu besorgen hätten, das was wir dafür ausgeben können für bessere verwenden. Wir könnten einige vortreffliche Handwerksstücke für denselben Preis bekommen wie hundert Meter von maschinengewebtem Material, mit dem wir uns derzeit behelfen. In jedem Fall wirkt es sehr wohltuend, den wirklichen Boden unter sich zu haben; und der besagte Fußboden kann, wie Sie wissen, dadurch sehr ornamental gestaltet werden, dass er mit Holz-, Ziegel- oder Marmormosaik ausgelegt wird; besonders letztere Kunst ist leicht auszuüben, soweit es das rein Technische betrifft und sie lässt der Erfindungsgabe soviel Spielraum, dass es nach meiner Ansicht sehr zu bedauern ist, dass sie nicht mehr zur Anwendung gelangt. Der Kontrast zwischen den grauen Tönen des Marmors und den leuchtenden starken Farben der Orient-Teppiche ist so schön, dass beides zusammen ein Zimmer genügend schmückt und nicht viel mehr zu seiner Dekoration nötig ist.
Wenn Holzmosaik oder Parkett verwendet wird, halte ich es wegen der notwendigen Einfachheit der Formen für das Beste, dem Holz nicht verschiedene Farben zu geben. Die durch den verschiedenen Gang der Maserung hervorgerufene Abwechslung genügt. Die meisten Dekorateure werden, glaube ich, den Grundsatz gelten lassen, dass starke Farbkontraste vermieden werden müssen, wenn ein Muster aus sehr einfachen geometrischen Formen besteht.

Die Decke

Soviel vom Fußboden. Was seinen Genossen, die Decke betrifft, so ist sie, wie ich gestehen muss, einer der wunden Punkte in meinen Bestrebungen, das Bestmögliche aus den Dingen zu machen. Die einfachste und natürlichste Weise, eine Decke zu dekorieren, ist, die Unterseite der entsprechend bearbeiteten und, wenn gewollt, mit Mustern bemalten Quer- und Hauptbalken zu zeigen. Wie fern uns diese Möglichkeit, gerade in modernen, uns als Verlegenheitslösung dienenden Häusern gerückt ist, brauche ich nicht erst zu sagen. Dann wird eine schöne und natürliche Dekoration einer Decke dadurch erreicht, indem zarte Muster aus dem Putz herausgearbeitet werden, wie Sie sie in unseren Häusern aus der Zeit Elisabeths und Jakobs sehen können; welche, obwohl sie eine reiche Zeichnung aufweisen und geschickt modelliert sind, keineswegs pedantisch fein ausgearbeitet sind – ja, deren Ausführung bisweilen eine grobe genannt werden kann. Aber unglücklicherweise sind wenige der niederen Künste so tief gesunken wie die des Stukkateurs.
Die gegossene Stuckverzierung, die man immer in Räumen antrifft, die nach etwas aussehen sollen, ist eine gräßliche Karikatur einer Verzierung und es wird von niemand, der es vermeiden kann, erwartet, dass er sie betrachtet. Es soll einfach dadurch ausgedrückt werden: „Dieses Haus ist für einen reichen Mann gebaut.“ Selbst das dazu verwandte Material ist völlig falsch, wie es in der Tat meist bei einer darniederliegenden Kunst der Fall ist. Die reiche Muster aufweisenden, frei ausgeführten Stukkaturen in unseren alten Häusern wurden mit einem langsam trocknenden, zähen Gips aufgebracht, der die Hand ermutigte wie Modellierton und sie hätten mit dem spröden Gips nicht ausgeführt werden können, der jetzt an Decken verwendet wird; dessen Vorzüglichkeit, wie man annimmt, allein darin besteht, dass er geschmeidig ist. Um gut zu sein, muss er, unserem gegenwärtigen falschen Standpunkt entsprechend, glänzen wie ein Bogen heiß gepressten Papiers, so dass jetzt vor Ablauf geraumer Zeit und der Überwindung vieler Schwierigkeiten an diese Art der Deckendekoration nicht zu denken ist.
Vielleicht wird man uns vorschlagen, unsere Decke wie schon die Wände zu tapezieren, aber ich glaube nicht, dass uns damit geholfen ist. Theoretisch wird mit einer Papiertapete auch nur eine bestimmte Menge Leimfarbe auf eine Fläche übertragen, statt mit der Hand auf Gips gemalt; aber praktisch gesehen könnten wir in einem vollständig austapezierten Zimmer nie vergessen, dass es Tapete ist, was sich an unserer Decke befindet und wir würden uns in einem solchen wie in einem Kasten vorkommen. Außerdem ist die völlige Bedeckung eines Zimmers mit beliebigen, immer wiederkehrenden Mustern in einem uninteressanten Material nur ein armseliger Ausweg aus unserer Schwierigkeit und einer, dessen wir bald müde werden würden.

So bleibt denn nichts übrig, als unsere Decken behutsam und so geschmackvoll wie möglich zu streichen, wenn wir die Mittel dazu haben: obwohl selbst dieses einfache Verfahren durch die Hässlichkeit der erwähnten Gipsverzierungen und Simse aus Gips erschwert wird, die so schlecht ausgeführt sind, dass Sie sie bei der Bemalung frei lassen sollten, obwohl sie gerade infolge dieser Vernachlässigung, wenn Sie nur die flachen Stellen der Decke streichen, in gewisser Weise ein Teil der Dekoration werden und Ihnen möglicherweise jede denkbare Farbenzusammenstellung durchkreuzen. Dennoch weiß ich keinen anderen Rat als behutsames Bemalen oder die Fläche leer und weiß zu belassen, damit sie, wenn möglich, nicht auffällt.

Die Wände

So kommen wir nun zu den Wänden unseres Raumes, dem Teil, der uns am meisten interessiert, denn niemand wird es möglich scheinen, sie überhaupt unbehandelt zu lassen. Und die erste Frage ist: wie teilen wir sie in der Waagrechten ein.
Wenn das Zimmer eng und nicht hoch ist oder die Wand vielfach durch Bilder und große Möbel unterbrochen wird, würde ich sie in horizontaler Richtung nicht teilen. Ein Tapetenmuster, was es auch immer ist oder ein Farbton genügt, wenn uns kein sorgfältig ausgearbeitetes, architektonisches Dekorationsschema vorliegt. Aber wenn das Zimmer eine gute Größe hat und die Wand nicht zu sehr unterbrochen ist, ist eine horizontale Teilung angebracht, selbst wenn das Zimmer nicht sehr hoch ist.
Wie teilen wir sie nun? Ich brauche kaum zu sagen, nicht in zwei gleiche Teile; das könnte nur ein Bewohner der Insel Laputa tun. Übrigens glaube ich, dass, wenn uns wiederum kein sehr gut ausgearbeiteter Dekorationsplan vorliegt, eine einmalige Teilung, durch die zwei Flächen geschaffen werden, genügt. Nun kann diese auf zweierlei Weise vorgenommen werden: entweder, Sie lassen einen schmalen Fries unter dem Deckensims frei und behängen die Wand von da bis zum Fußboden oder Sie bringen eine Leiste an, nicht zu hoch, sagen wir maximal 4 Fuß 6 Zoll (ca. 1,30 m) über dem Fußboden und behängen die Wand vom Deckensims bis zu dieser Begrenzung des unteren Bereichs der Wand. Je nach den Umständen ist jede dieser Wandaufteilungen gut: die erste mit der langen Behängung und dem schmalen Fries empfiehlt sich vor allem, wenn Sie ihre Wand mit Stoffen, gewirkten Tapeten oder Holztäfelung bedecken wollen. In diesem Fall ist es wünschenswert, dass der Fries in Ermangelung solchen Stucks, wie der, von dem ich oben gesprochen habe, sorgfältig gemalt wird; oder Sie können selbst, wenn die Größenverhältnisse des Zimmers es dringend fordern, in Ermangelung von Handmalerei einen Streifen bedrucktes Papier dazu verwenden, obwohl dies, wie ich sagen muss, einer der traurigsten Notbehelfe ist.
Die Teilung in Lambris und von da in eine bis zum Deckensims zu behängende Wand empfiehlt sich am meisten für eine Wand, auf der gemalte Dekoration oder als Ersatz dafür, Papiertapete, angebracht werden soll.
Was diese betrifft, so möchte ich Ihnen ernstlich abraten, mehr als ein Muster in einem Zimmer zu verwenden, wenn es nicht eine Unterbrechung der Wand mit einem so unbedeutenden Muster ist, dass man es kaum bemerkt. Ich kenne das Verfahren, beim Tapezieren verschiedene Muster übereinander anzubringen, gut genug, und es erscheint mir sehr unbefriedigend zu sein; ich bin, um es kurz zu sagen, überzeugt, wie ich eben andeutete, dass minder hochwertige wiederkehrende Muster in einem Material, in dem es kein Spiel des Lichts gibt und das keine eigene Schönheit aufweist, sparsam verwendet werden müssen oder sie machen alle Feinheit der Dekoration zunichte und zerstören unsere Freude an der Schönheit, die in ihrem Design liegen mögen.

Ehe ich von der Einteilung der Wand auf einen anderen Gegenstand übergehe, möchte ich noch bemerken, dass, wenn wir es mit einem sehr hohen Raum zu tun haben, es am besten ist, nichts, was das Auge anzieht, höher als etwa 8 Fuß (2,4 m) über dem Fußboden anzubringen – alles darüber sozusagen bloß Luft und Raum sein zu lassen. Ich denke, Sie werden auch finden, dass große Räume dadurch das beklemmende Aussehen verlieren, das sie oft haben.
Soviel von der Einteilung unserer Wand. Wir haben nun zu überlegen, wie sie zu bedecken ist. Diese Frage wird uns bis zu ihrem Abschluss weit und bis dahin führen, uns mit dem Entwurf von Mustern für ebene Flächen im allgemeinen zu beschäftigen (abgesehen von aufgemalten Mustern).

Das Holzwerk

Um den Weg vorzubereiten, habe ich ein oder zwei Worte über die Behandlung des Holzwerks in unserem Zimmer zu sagen. Wenn ich könnte, möchte ich kein Holzwerk darin haben, das einen deckenden Anstrich erfordert, worin ich ein bloßes Übermalen in vier Schichten mit Grundierung und mit in Ölen oder Lack aufgerührten Bleipigmenten verstehe. Aber wenn kein edles Holz wie Eiche zur Verfügung steht, weiß ich nicht, was sich sonst tun ließe. Ich habe niemals Tannenholz gesehen, das mit Erfolg lasierend gefärbt gewesen wäre; seine natürliche Farbe tritt wenig hervor und passt in keinen Dekorationsplan, während sie durch Polieren noch mehr verliert. Kurzum, es ist ein so minder gutes Material, dass es verborgen werden muss, wenn es nicht in größerem Maßstab als Gebälk verwendet wird. Selbst dann, in einem Kirchengewölbe oder wo sonst, schadet ihm ein Anstrich mit Wasserfarbe nichts und in einem Zimmer würde ich dem Holzwerk der Decke sicherlich einen solchen geben und das der Hand Erreichbare bemalen. Was die Farbe des letzteren angeht, sollte ihr Grundton in der Regel dem der Wände entsprechen, sollte bloß einen oder zwei Schatten dunkler sein. Sehr dunkles Holzwerk macht ein Zimmer düster und unbehaglich, während wenn die Dekoration auf sehr hellen Farben aufbaut, das Holzwerk nicht heller als die Wände sein darf. Wenn Sie im Übrigen in der glücklichen Lage sind, Eiche und diese in Menge verwenden zu können, gründen Sie ihre Dekoration darauf und lassen Sie sie gerade so, wie sie vom Hobel kommt.

Die Farbtöne

Da Sie nicht verpflichtet sind, zur Dekoration Ihrer Wände anderes als einfache Farbtöne zu verwenden, will ich hier ein paar Worte über die hauptsächlichsten sagen, ehe ich zu dem übergehe, was genauer genommen Dekoration ist. Nur kann ich, indem ich von ihnen spreche, kaum allein nur die in Betracht ziehen, die sich zur Bemalung einer Wand eignen, deren es, um die Wahrheit zu sagen, nicht viele gibt.
Obwohl jeder von uns für die eine oder andere der hauptsächlichsten Farben eine besondere Vorliebe haben mag, der nachzugeben er ganz recht tut, ist es ein Zeichen von Krankheit bei einem Künstler, ein Vorurteil gegen eine bestimmte Farbe zu haben, obwohl solche Vorurteile häufig und recht massiv bei Leuten sind, deren Bildung in der Kunst unvollkommen ist oder die von Natur ein schwaches Empfinden dafür haben. Denn in der Dekoration haben Farben ihren eigenen Willen, sowohl positiv an sich wie relativ zur verschiedenen Verwendungsweise. Darum denke ich, einige meiner Wahrnehmungen zu diesem Willen weitergeben zu dürfen.

Gelb ist keine Farbe, die in Menge angewandt werden darf, wenn es nicht durch andere Farben gebrochen oder mit ihnen vermischt wird. Und selbst dann bedarf es eines Materials mit viel Licht- und Schattenspiel zu seiner Unterstützung. Sie wissen, dass die Leute etwas gelbes immer goldfarben nennen, wenn es auch in keiner Weise die Farbe des Goldes hat, welches selbst ohne Zusatz nicht leuchtend gelb aussieht. Daraus geht hervor, dass schöne gelbe Farben keine sehr positiv wirkenden Farben sind und, wie schon gesagt, durch ein glänzendes Material unterstützt werden müssen. Die hellen strahlenden gelben Farben wie Narzissen- und Schlüsselblumengelb sind in der Kunst kaum verwendbar, außer für Seide, deren Glanz ihrem Farbton Farbe nimmt und ihn heller erscheinen lässt, gerade wie es durch das Sonnenlicht mit den gelben Blumen geschieht, die in der Natur so häufig sind. In matter Materialform wie Wasserfarbe kann ein ausgesprochenes Gelb nur sparsam in Verbindung mit anderen Farben gebraucht werden.

Rot ist gleichfalls eine schwierig verwendbare Farbe, wenn es nicht durch irgendeine Schönheit des Materials unterstützt wird, denn ob es ins Gelbe spielt und Scharlachrot genannt wird oder ins Blaue und Karmesinrot heißt, seine Wirkung ist nur wenig ansprechend, wenn es nicht tief und voll ist. Wenn Scharlachrot über einen gewissen Grad hinaus unrein ist, wird es zu dem lebhaften Braunrot, das  in großer Menge so unangenehm wirkt. Wenn Karmesinrot sehr gedämpft wird, wird es zu einer kalten Farbe, die man in letzter Zeit Magenta genannt hat und die ein Künstler weder für sich allein noch in Verbindung mit anderen Farben verwenden kann.

Das schönste Rot liegt  in der Mitte zwischen Karmesinrot und Scharlachrot und ist in der Tat eine sehr wirkungsvolle Farbe, aber schwer beim Streichen einer Fläche hin zu bekommen. Ein durch Graubraun gedämpftes, ins Rotbraune spielende Karmesinrot ist auch eine sehr brauchbare Farbe, aber wie alle die schönsten roten Farben geeigneter für den Färber als den Hausmaler. Die Welt ist reich an löslichen roten Farbtönen; vom Pigment her sicher nicht die dauerhaftesten Farben, aber für lösliche Farben doch sehr farbecht.
Rosa, obwohl eine der schönsten Farben in Zusammenstellungen, ist keine leicht auf eine – wenn auch kleinere – Fläche anzuwendende Farbe; seine mehr ins Orangefarbene fallenden Töne sind am brauchbarsten; ein kaltes Rosa ist eine sehr zu vermeidende Farbe.
Was Purpurrot anlangt, so wird es kein vernünftiger Mensch in einem hellen Ton in Menge anwenden. In Verbindung mit anderen Farben kann es etwas hell zur Anwendung gelangen, wenn der Ton warm ist und ins Rot spielt; aber die beste und charakteristischste Schattierung von Purpurrot ist keineswegs hell sondern spielt ins Rotbraune. Ägyptischer Porphyr, besonders wenn er mit Orangegelb kontrastiert wie in der Pflasterung der Markuskirche von Venedig, wird Ihnen diese Farbe deutlich machen. Im Britischen Museum und in ein oder zwei anderen berühmten Bibliotheken befinden sich noch Proben dieser Farbe, wie sie die byzantinische Kunst in ihrer Glanzzeit kannte. Und zwar in Büchern aus mit Gold- und Silberschrift bedecktem, purpurfarbenem Pergament, das wahrscheinlich mit den nun verloren gegangenen Stachelschnecken- oder Fischfarben der Alten gefärbt wurde; den Ton dieses Farbstoffes beschreibt Plinius eingehend und genau in seiner „Naturgeschichte“. Ich brauche kaum zu sagen, dass keine gewöhnliche Anstrichfarbe diese herrlichste aller Farben wiedergeben könnte.

Obwohl Grün (jedenfalls in England) die von der Natur am häufigsten verwendete Farbe ist, wird doch nicht soviel Hellgrün von ihr verwendet, wie viele Leute glauben; in der Hauptsache bedient sie sich desselben während acht oder vierzehn Tagen im Frühling, wenn das Blattwerk noch klein ist und seine Farbe sich mit den grauen und anderen unbunten Farben der Zweige mischt; wenn „die Blätter breit und lang werden“, wie es in der Ballade heißt, werden sie auch grau. Ich glaube, es ist von Ruskin bemerkt worden und sicherlich verhält es sich so, dass die Freude, die uns der Anblick des jungen Frühlingslaubs gewährt, mehr durch seine zarte Schattierung als den Glanz seiner Farbe hervorgerufen wird. Wie dem auch sein mag, Sie können sicher sein, dass wenn wir die grünen Farbtöne der Natur an unseren Wänden zu übertreffen suchen, uns dies misslingen wird und wir uns obendrein dazwischen unbehaglich fühlen würden. Kurzum, wir dürfen Hellgrün nur sehr vorsichtig und ein sowohl helles wie kräftiges Grün, wenn überhaupt, nur selten anwenden.
Fallen Sie andererseits nicht auf ein schmutziges, giftig aussehendes Gelbgrün herein, eine Farbe, gegen die ich eine besondere und  persönliche Abneigung entwickelt habe, weil (wenn ich hier persönliche Angelegenheiten erwähnen darf) ich derjenige gewesen sein soll, durch den sie etwas in Gebrauch gekommen ist. Ich versichere Sie, dass ich wirklich nicht schuld daran bin.
Tatsache ist: ein Grün zu erlangen, das zu gleicher Zeit rein, weder kalt noch kräftig und nicht zu hell ist, um davon umgeben zu sein, unter den einfachen  Dingen, die ein Dekorateur zustande zu bringen hat, eine so schwierige Sache ist wie irgend etwas, doch es ist zu schaffen und das ohne die Hilfe eines besonderen Materials; und wenn geschafft, ist ein solches Grün so verwendbar und unseren Augen so wohltuend, dass wir auch darin der Natur folgen und von dieser werktäglichen grünen Farbe ausgiebig Gebrauch machen müssen.

Aber wenn Grün eine Werktagsfarbe genannt werden kann, muss Blau sicherlich die Feiertagsfarbe genannt werden, und jene, welche es am meisten nach leuchtenden Farben verlangt, werden die größte Freude daran haben, denn wenn sie einen kalten Ton darin meiden, der entsteht, wenn es ins Rote spielt und einen groben, der entsteht, wenn es ins Grüne spielt, brauchen Sie seinen Glanz nicht sehr zu fürchten. Wie nun Rot hauptsächlich eines Färbers Farbe ist, so ist Blau vorwiegend eine Malerfarbe und zur Schmelzmalerei brauchbar; es gibt viele unlösliche blaue Farben, wovon viele praktisch unzerstörbar sind.

Ich habe gesagt, dass es nicht viele Farben gibt, die sich zur Bemalung einer Wand eignen: dies sind sie alle, soweit ich weiß: ein solides Rot, das nicht sehr tief ist, sondern eher als ein volles Rosa bezeichnet werden kann und das sowohl durch Gelb oder Blau abgetönt sein kann, eine sehr schöne Farbe, wenn Sie sie zu treffen vermögen; ein helles, ins Orangefarbene fallende Rosa, das sparsam verwendet werden muss. Eine blass goldene Farbe, d.h. ein gelbliches Braun, eine Farbe, die sehr schwer zu treffen ist. Eine Farbe zwischen den beiden letzten: nennen Sie sie blass kupferfarben. Mit all diesen dreien müssen Sie sehr sorgsam sein, denn wenn sie trübe oder schmutzig ausfallen, haben Sie verloren.
Grüne Töne von dem reinen und blassen bis zu den dunklen und grauen: Sie müssen immer daran denken: je reiner, desto blasser, je dunkler, desto grauer.
Reine blassblaue Töne von einem ins Grünliche spielenden Blassblau, das der Farbe eines Stareneies entspricht, bis zu einem grauen Ultramarin, das schwer zu verwenden ist, weil es eine so starke Farbe ist, aber unvergleichlich, wenn richtig getroffen. In diesem müssen Sie sorgsam den Punkt vermeiden, an dem das Grüne vor das Blaue hervortritt, wodurch jene bedauernswerte blasslavendelfarbige Tonschattierung, jene Bläue erzeugt wird, wofür manche Dekorateure eleganter Empfangszimmer und vornehmer Esszimmer nicht selten eine Vorliebe an den Tag gelegt haben.
Sie werden schon angenommen haben, dass ich hier von wasserlöslichen Farben spreche, und unter diesen sind das alle Farbtöne, die mir anwendbar zu sein scheinen; wenn Sie hervortretendere Farben benutzen, werden Sie, glaube ich, nicht mehr monochrom zurecht kommen, wenn Sie wollen, dass ihre Farbe harmonisch wirkt. Ein letztes Wort über mehrfarbig verwendete Wasserfarbe und den Ersatz dafür, die Papiertapeten. Ich glaube es ist immer das Beste, der Farbe keinen Zwang anzutun, sondern sich damit zu begnügen, in diesem Material entweder eine ganz helle oder ganz grau und keinesfalls sehr dunkle Farbe zu erzielen. Durch volle Farben zu wirken, bleibt Stoffen und der Malerei überlassen, die auch Gold einzusetzen erlaubt.

Ich muss diese flüchtigen Andeutungen über Farbe im allgemeinen mit der Ermahnung an Sie schließen, Ihre Farben an den Wänden eines gewöhnlichen Wohnzimmers maßvoll zu verwenden. Dem Material entsprechend, das Sie benutzen, können Sie die Skala von den hellen und glänzenden bis zu den dunklen und vollen durchlaufen, aber eine gewisse Nüchternheit des Tons ist durchaus notwendig, wenn Sie nicht die Leute ermüden wollen, bis sie sich gegen alle Dekorateure wehren. Aber ich glaube, davor brauchen nur sehr junge Dekorateure gewarnt zu werden.
Das ist das eine, was falsch geraten kann; das andere Versehen besteht darin, dass Ihnen ihre Farbe schmutzig oder trüb gerät und das ist schlimmer als das erste, weil es schwerer wieder gutzumachen ist. Alle vernünftigen Handwerker, die mit Farbe arbeiten, werden danach streben, soviel Glanz, soviel Farbe hineinzubringen, wie die Eigenheit der jeweiligen Arbeit gestattet. Die Absicht, die sie vielleicht ausdrücken wollen, die Natur des zu bearbeitenden Materials oder der Zweck, dem es dienen soll, setzen womöglich dieser Sättigung der Farbe Grenzen; aber in welchem Farbton sie auch arbeiten, wenn es Ihnen nicht gelingt, die Farbe klar und rein herauszubringen, haben sie ihr Handwerk nicht gelernt und wenn sie den Fehler nicht sehen, wenn er in ihrer Arbeit zutage tritt, werden sie es schwerlich lernen.

Die Muster

Nun, bisher sind wir in der Dekorationsfrage nicht weiter gelangt, als dass wir von ihrer Einteilung und Anordnung gesprochen haben. Ehe ich von einigen allgemein mit unserem Gegenstand zusammenhängenden Dingen rede, will ich ein paar Worte über die Zeichnung der Muster sagen, die in der Hauptsache ihre eigentliche Dekoration ausmachen werden. Das Thema ist viel umfassender und schwieriger und meine Zeit viel zu kurz, um ihm gerecht werden zu können, aber hier und da taucht vielleicht ein Hinweis auf und ich kann ihn auf andere Art erwähnen.
Wenn ich von diesen Mustern spreche, werde ich vor allem jene im Auge haben, die sich notwendigerweise wiederholen müssen: Muster, die mit mehr oder weniger mechanischen Hilfsmitteln wie Druckform oder Webstuhl ausgeführt werden.
Da wir uns zuletzt mit Farbe beschäftigt haben, tun wir am besten, zuerst diese Seite zu behandeln, obwohl ich weiß, dass es schwierig sein wird, sie getrennt von den notwendigen anderen Eigenschaften eines Musters zu betrachten.

Der erste Schritt von der Einfarbigkeit weg ist, den Grund durch ein Muster in derselben Farbe zu brechen, aber einen Schatten heller oder dunkler gehalten; das erste ist der bessere und natürlichere Weg. Ich muss darüber, was die Farbe anbelangt, nur wenig sagen, obwohl mit vielen sehr bedeutenden Mustern so verfahren wird.
Etwas ist mir bei diesen Damasten, wie ich sie nennen sollte, klar geworden: dass unter den drei Hauptfarben Rot diejenige ist, in der die beiden Farbschatten einander am nächsten kommen müssen um nicht eine unschöne und schwache Wirkung zu erzielen; während sie in Blau weit auseinander gehen können, ohne dadurch an Farbe zu verlieren und Grün hält die Mitte zwischen beiden.
Wenn Sie diese beiden Schattierungen im Farbton wie in der Dunkelheit weit auseinander gehen lassen, geraten Sie deutlich über die Einfarbigkeit hinaus und es wird Ihnen einige Schwierigkeiten bereiten, dass Ihre beiden Farbtöne gut zusammen stimmen. Ein helles grünliches Blau auf einem dunklen, ins Rötliche fallenden anzubringen – Türkis auf Saphir –, wird zum Beispiel Ihre ganze Geschicklichkeit erfordern. Die Perser schaffen dieses Kunststück, aber nicht oft ohne Zuhilfenahme einer dritten Farbe und kommen so in das nächste Stadium. In der Tat wird diese Art der Hervorhebung des Musters, indem man es sowohl in einem anderen Ton wie einer anderen Schattierung als den Grund hält, hauptsächlich verwendet, wenn man es mit relativ unbunten Farbtönen, wie einem goldenen Braun oder Grau zum Beispiel zu tun hat. Wenn man mit kräftigeren zu tun hat, werden Sie es im allgemeinen für nötig halten, wenigstens eine dritte Farbe hinzuzufügen und so auf die nächste Stufe gelangen.

Dies ist das Hervorheben eines Musters in mehr als einer Farbe (die aber alle hell gehalten sind) auf einem dunklen Grund. Dies empfiehlt sich vor allem in Fällen, wenn Sie nur über eine beschränkte Farbpalette verfügen; sagen wir zum Beispiel bei einem gemusterten Stoff, der mechanisch gewebt werden soll und wozu Ihnen unter Einschluss des Grundes nur drei oder vier Farben in einer Linie zur Verfügung stehen.
Sie werden finden, dass diese Methode, Ihr Muster hervorzuheben, nicht schwierig ist, wenn Sie nicht zu sehr danach streben, die verschiedenen aufgebrachten Farben einerseits zu kräftig zu wählen, so dass sie auseinander fallen, oder andererseits zu zart, so dass sie zusammenfließen und nicht unterschieden werden können. Die Vortrefflichkeit dieser Art Arbeit liegt in einer klaren aber zarten Heraushebung der Form, durch Farben, wovon jede an sich schön ist und mit den anderen in Einklang steht, auf einem Grund, dessen Farbe auch schön, jedoch nicht aufdringlich ist. Härte zerstört die Arbeit; Verschwommenheit der Form durch zu zaghafte Farbenverwendung hervorgerufen, wird dem Auge zur Plage und macht es ruhelos. Mangel an Farbe nimmt ihr nach unserem Gefühl die Daseinsberechtigung. Sie sehen, dass die Anforderung an den Zeichner ziemlich hoch ist. Dennoch nenne ich sie noch als die leichteste Art vollkommener Musterzeichnung.
Ich habe von ihr als der Anbringung eines hellen Musters auf einem dunklen Grund gesprochen. Ich sollte erwähnen, dass die voll entwickelte Form der Musterzeichnung, an die ich denke, oft den Eindruck hervorruft, als befände sich das Muster auf mehr als einer Ebene. Wenn das Muster strikt wie auf einer Ebene erscheint, sind wir nicht zur vollen Entwicklung dieser Art der Musterzeichnung gelangt, der vollen Entwicklung von Farbe und Form zusammen, wobei aber die Form dominiert.
Wir sind nicht ohne Beispiele dieser Art der Musterzeichnung in ihrer höchsten Vollkommenheit geblieben. Die Webstühle in Korinth, Palermo und Lucca im zwölften, dreizehnten und vierzehnten Jahrhundert brachten gemusterte Seidenstoffe hervor, die weit und breit so gesucht waren, dass wir Proben ihrer Arbeit auf Kanzeln aus dem fünfzehnten Jahrhundert in Kirchen im Osten Englands oder im Hintergrund von Bildern der van Eycks sehen können, während eine der bedeutendsten Sammlungen der originalen Erzeugnisse dieser Webstühle in der Schatzkammer der Marienkirche in Danzig aufbewahrt wird; auch das South-Kensington Museum enthält eine sehr schöne solche Sammlung, die aber, wie ich nicht umhin kann zu bemerken, dem Publikum nicht so zugänglich ist, wie es der Fall sein sollte. Sie ist jedoch mit Hilfe eines von Dr. Rock und der Abteilung veröffentlichten vorzüglichen Katalogs zu entdecken und wird, hoffe ich, wenn dem Museum mehr Raum zur Verfügung steht, besser zugänglich sein.
Um nun alles zusamenzufassen: diese Methode des Musterzeichnens muss als die des Westens und der zivilisierten Welt bezeichnet werden; angewandt von Handwerkern, die immer Bilder sahen und deren Geist voll mit genauen Ideen hinsichtlich der Form war. Farbe war wesentlich für ihre Arbeit und sie liebten sie und verstanden sie, aber sie ordneten sie stets der Form unter.

Nun kommt als nächstes die Methode, einen Kontrast zu schaffen, indem man eine dunkle Figur auf einen hellen Grund bringt. Bisweilen ist diese Methode nur eine Umkehrung der vorherigen und ihre Anwendung empfiehlt sich nicht so, weil sie weniger Abwechslung und Spiel von Farbe und Ton zulässt. Bisweilen muss sie als ein Übergang von der zuletzt erwähnten Methode zur nächsten, Farbe neben Farbe zu bringen, angesehen werden. In dem Fall hat sie etwas Unvollständiges an sich. Man möchte, wenn man sie anwendet, mehr Farben verwenden können, als das Weberschiffchen oder die Druckform einem erlauben. Es entsteht dabei ein Bedürfnis nach der Besonderheit der nächsten Methode, bei der die trennende Linie angewendet wird und führt graduell zu dieser hin. Und das ist in der Tat die letzte, von der ich zu Ihnen zu sprechen habe und in der Farbe neben Farbe gelegt wird.

Diese Methode erfordert es, dass die verschiedenen Farben durch eine Linie in einer anderen Farbe voneinander getrennt werden, und das nicht nur, um die Form hervorzuheben, sondern um die Farbe selbst zu vervollständigen. Diese Umgrenzung lässt, während sie dem Zweck der Farbabstufung dient, die in naturalistischer Arbeit durch Schattieren erreicht würde, die Musterzeichnung ganz flach erscheinen und in keiner Weise so wirken, als ob sie sich auf mehr als einer Ebene befände.
Diese Art der Musterzeichnung ist so viel schwieriger als die anderen, dass sie fast eine Kunst für sich ist und ein besonderes Studium verlangt. Wenn die Methode, Kontraste hervorzurufen, indem hell auf dunkel angebracht wird, die des Westens und die zivilisierte genannt werden kann, so ist diese die des Ostens und in gewissem Maße die unzivilisierte.
Aber sie umfasst ein weites Gebiet von Werken, in denen die Form von geringer Bedeutung und nur vorhanden ist, um für die Farbe eine Begrenzung zu bilden, bis zu denen, in welchen die Form so durchdacht, ausgearbeitet und reizvoll ist, dass man kaum sagen kann, dass diese Form der Farbe untergeordnet ist; während andererseits die Farbe mit so viel Liebe behandelt, so erfinderisch gehandhabt ist und so unfehlbar harmonisch wirkt, dass es kaum möglich ist, an die Form ohne sie zu denken – so vollständig durchdringen sich beide.
In Werken wie diesen, welche, soviel ich weiß, nur unter den Erzeugnissen der Blütezeit der persischen Kunst zu finden sind, tritt uns die Kunst der Musterzeichnung in ihrer höchsten Vollkommenheit entgegen und es scheint ein etwas harter Ausdruck zu sein, solche Kunst unzivilisiert zu nennen. Aber sehen Sie, ihre ganze Seele  ging in der Hervorbringung von Dingen auf, die der zuarbeitenden Kunst, wie sie die Leute nennen, angehören; ihre Teppiche waren von größerer Bedeutung als ihre Bilder; ja, genauer gesprochen, sie waren ihre Bilder. Und es kann sein, dass eine solche Kunst niemals eine Zukunft mit Veränderungen vor sich hat, außer den Tod, der nun sicherlich die östliche Kunst ereilt hat; während die unduldsamere, höher strebende, weniger sinnliche Kunst, welche zur Zivilisation des Westens gehört, manchen Wechsel ertragen kann und nicht völlig stirbt; ja, eine Zeitlang von ihrem Geist allein zehren kann und das ihr durch eine Periode der Hässlichkeit auferlegte Martyrium auszuhalten und weiterzuleben vermag – sich zu gleicher Zeit gegen den kleinlich denkenden Pedanten der Wissenschaft und den luxusliebenden Tyrannen der Geldaristokratie erhebend, bis ein Wechsel einen neuen Frühling bringt und ihr abermals ein glückliches Gedeihen beschieden ist. Möge es so sein.
Unterdessen können wir sicher behaupten, dass Farbe nur um der Farbe willen, sich nie wirklich die Oberhoheit in der Kunst unserer Zivilisation, selbst der Hilfskunst verschaffen wird. Nachahmung und Künstelei können die Leute veranlassen, irrtümlicherweise zu glauben, dass sich ein dahingehender Instinkt jetzt in uns regen könnte, aber die Täuschung wird nicht dauern. Eine Bedeutung zu haben und sie anderen fühlbar und verständlich zu machen, muss immer Ziel und Zweck unserer westlichen Kunst bleiben.

Ehe ich von der Farbgebung in Mustern auf einen anderen Gegenstand übergehe, muss ich Sie vor dem falschen Vorgehen warnen, einen Hintergrund durch Punktieren, Schraffieren und Ziehen von Linien und andere mechanische Behandlungsweisen zu brechen; das ist zu oft ein Notbehelf, zu dem Mangel an Erfindungsgeist treibt und wenn es nicht mit großer Vorsicht angewendet wird, macht es ein Muster ganz gewöhnlich. Vergleichen Sie zum Beispiel jene sizilianischen und anderen Seidenstoffe, die ich erwähnt habe, mit den (überall verbreiteten) Brokaten, die zu Ende des siebzehnten und zu Beginn des achtzehnten Jahrhunderts durch die Webstühle in Lyon, Venedig und Genua hervorgebracht worden sind. Die ersteren, vollkommen einfach in der Herstellung, wirken lediglich durch Schönheit der Musterzeichnung und das Spiel des Lichtes auf der natürlich gewebten Oberfläche, während bei den letzteren der übertrieben prächtige, schwache Eindruck, den sie machen, durch Tupfen, Rippen und loseliegende Fäden und alle Arten bedeutungsloser Quälereien des Gewebes verstärkt wird, weshalb sie uns weiter nichts mitteilen ausser einer Warnung.

Ordnung und Bedeutung bei Mustern

Soviel über die Farbe beim Musterzeichnen. Nun lassen Sie uns ein Weilchen einige andere unbedingt dazugehörende Dinge betrachten, die ich seine moralischen Eigenschaften nennen möchte und die sich letztlich auf zwei zurückführen lassen – Ordnung und Bedeutung.
Ohne dass Sie sich an Ordnung halten, kann Ihr Werk überhaupt nicht bestehen; hat es keine Bedeutung, wäre es besser, es existierte nicht.
Nun setzt uns die Ordnung gewisse Schranken, die teils in der Natur der Kunst selbst, teils in dem Material, in dem wir zu arbeiten haben, ihren Ursprung haben; und es ist ein klares Zeichen von Unzulänglichkeit entweder einer Schule oder eines Individuums, wenn Sie sich weigern, solche Schranken anzuerkennen, selbst dann, wenn Sie sie nicht freudig anerkennen und besonderen Nutzen daraus ziehen – gerade so, wie wenn sich ein Dichter beklagte, im Versmaß und in Reimen schreiben zu müssen.
In unserem Handwerk stellt sich uns als hauptsächlichste Schranke, die im Wesen der Kunst ihren Ursprung hat, die entgegen, dass die Kunst des Dekorateurs keine nachahmende sein darf, auch nicht in dem beschränkten Maße wie in der Kunst des Bildermalers.
Das ist Ihnen hundertmal gesagt worden und in der Theorie lässt man es überall gelten; so brauche ich nicht viel darüber zu sagen – hauptsächlich dies, dass ungenügende Naturbeobachtung oder lässiges Zeichnen dadurch nicht entschuldigt wird, wie einige Leute zu denken scheinen. In Gegenteil, wenn Sie nicht viel von der natürlichen Form, die Sie verwenden wollen, wissen, wird es Ihnen nicht nur unmöglich sein, den Leuten genügend klar zu machen, was Sie selbst für eine Vorstellung davon haben, sondern Ihre Unwissenheit wird Sie auch so hemmen, dass es Ihnen nicht gelingen wird, das von Ihnen gewählte Motiv ornamental zu gestalten.
Sie wird keine Fläche in geeigneter Weise ausfüllen, weder frisch noch originell wirken oder irgendeinen Zweck erfüllen, den Sie damit erreichen wollten.
Ihre Adaptionsweise muss Ihre eigene sein, Sie dürfen sie nicht anderen Zeiten und Völkern entlehnen: oder wenigstens müssen Sie sie zu Ihrer eigenen machen, indem Sie sorgsam sowohl die Natur wie die Kunst, mit der Sie sich befassen, zu verstehen suchen. Wenn Sie das nicht beachten, sehe ich nicht ein, warum Sie nicht ebenso gut mühsam die natürliche Form von Blumen, Vögeln und Tieren abzeichnen und diese Abbildungen irgendwie an Ihren Wände befestigen sollten. Es ist richtig, dass Sie auf diese Weise kein Ornament zuwege bringen, aber Sie lernen vielleicht etwas dafür, dass Sie sich die Mühe gemacht haben; während dagegen, wenn ein offensichtlich richtiger Grundsatz als Vorwand für Lässigkeit im Entwerfen und Mangel an Erfindungskraft gebraucht wird, sowohl der Kunst insgesamt geschadet wird, wie die Leute für die Richtigkeit dieses Prinzips blind gemacht werden.

Schranken, sowohl was Nachahmung wie Entwicklungsfreiheit anlangt, sind uns auch durch die Aufgabe gesetzt, der unser Muster dienen soll. Ein kleines und oft wiederkehrendes Muster untergeordneter Art verträgt viel weniger naturalistische Behandlung als eines auf freierem Raum und an wichtiger Stelle, und je deutlicher der geometrische Bau des Musters hervortritt, umso weniger sollten seine Teile zum Naturalismus neigen. Das hat man von den ersten Zeiten der Kunst bis in die letzte Zeit, in denen die Musterzeichnung noch an irgendwelcher gesunden Überlieferung festhielt, klar eingesehen, aber jetzt nimmt allgemein fast niemand Rücksicht darauf.
Was nun die Schranken anlangt, die aus dem Material entstehen, so müssen wir uns vergegenwärtigen, dass es bei jedem Material gewisse Schwierigkeiten zu überwinden und gewisse Vorteile auszunützen gibt. Bis zu einem gewissen Grad müssen Sie der Herr Ihres Materials sein, aber nie so sehr sein Herr, dass Sie eine grobe Veränderung damit vornehmen. Sie dürfen es nicht zu Ihrem Sklaven machen, oder Sie werden dadurch sogleich selbst zum Sklaven. Sie müssen es soweit beherrschen, dass es sich von Ihnen als Ausdrucksmittel für einen Gedanken gebrauchen lässt und Ihnen bei Ihrem Streben nach Schönheit dient. Sie können zu Ihrem eigenen Vergnügen noch über diesen notwendigen Punkt hinaus Herrschaft darüber zu erlangen suchen und noch auf dem rechten Wege sein; aber wenn Sie dann noch weiter gehen, bloß damit die Leute über die Gewandtheit staunen, mit der Sie mit einem schwierig zu bearbeitenden Material umgehen, haben Sie die Kunst wie die Rechte Ihres Materials vergessen und werden kein Kunstwerk schaffen, sondern eine bloße Spielerei; Sie sind dann kein Künstler mehr, sondern ein Taschenspieler. Die Kunstgeschichte enthält eine große Zahl an Beispielen, die zur Warnung dafür dienen können. Zuerst klare, feste Grundsätze, dann ein Spielen mit der Gefahr und zuletzt ein Hineingeraten in die Schlinge bezeichnen mit äußerster Deutlichkeit die Zeiten der Gesundheit, des Niedergangs und der schließlichen Krankheit der Kunst.

Das Mosaik

Erlauben Sie mir, Ihnen dies an der edlen Kunst der Mosaikarbeit klar zu machen. Die darin notwendigerweise zu überwindende Schwierigkeit war die Gestaltung einer klaren, biegsamen, nicht zu dicken Linie durch kleine, fast rechteckige Glas- und Marmorstückchen. Ihren Ruhm erlangte sie infolge ihrer Dauerhaftigkeit, der schönen Farben, die darin erzielt werden konnten, durch das Spiel des Lichts auf der geschliffenen und glänzenden Oberfläche der Würfelchen und die klare und zugleich sanfte Heraushebung von Formen aus dem schimmernden Gold, das in ihren besten Tagen so reichlich zur Verwendung kam. Außerdem, wie leuchtend die verwendeten Farben auch waren, sie wurden durch den grauen Schimmer, den die zahllosen Fugen zwischen den einzelnen Glas- und Marmorstückchen über die ganze Oberfläche des Mosaiks werfen, reizvoll abgetönt.
Nun wurden die Schwierigkeiten der Kunst in ihren ersten und besten Tagen gemeistert, keine Mühe gescheut und aller Fleiß angewandt, um aus ihrer Eigenart das beste herauszuholen, während man lange, lange Zeit dem Material keine Gewalt antat und nicht versuchte, die Pinselmalerei in ihrer Eigenart nachzuahmen, weder ihre Kraft der Farbe, Zartheit der Schattierung noch Kompliziertheit der Behandlung des Gegenstandes. Und außerdem wurde, so leicht es gewesen wäre, kein Versuch gemacht, die Fugen im Mosaik zu verringern.
Aber im Verlauf der Zeit begannen die Menschen, der feierlichen Einfachheit der Kunst müde zu werden und danach zu streben, sie mit der immer größer werdenden Kompliziertheit der Bildermalerei Schritt halten zu lassen und obwohl noch schön, verlor sie Farbe, ohne Form zu gewinnen. Von dem Zeitpunkt an (sagen wir etwa ab 1460) ging es rückwärts und rückwärts mit ihr, bis schließlich die Menschen sich lediglich deshalb darauf verlegten, weil das in ihr verwendete Material sich nicht zur Nachahmung der Ölmalerei gebrauchen lassen wollte, und um diese Zeit war sie von ihrer Höhe als einer Meisterkunst, als die Krone der Schönheit der den feierlichsten Zwecken dienenden Gebäude zu einer bloßen Geduldsprobe für den Handwerker und einer Spielerei für Leute, die nichts mehr nach der Kunst fragten, herabgesunken. Und genau dieselbe Geschichte könnte von jeder Kunst, in der ein besonderes Material zur Verwendung gelangt, erzählt werden.

Der Aufbau von Mustern

In das Kapitel Ordnung gehören auch einige Worte über den Aufbau von Mustern, aber die Zeit, mich mit einer so verwickelten Frage zu beschäftigen, fehlt mir; so will ich bloß wiederholen, dass ein wiederkehrendes Muster auf einer geometrischen Grundlage aufgebaut werden sollte, dass es nicht anders aufgebaut werden kann; allein kann der Aufbau mehr oder weniger verdeckt werden und einige Zeichner geben sich große Mühe, dies zu tun.
Ich kann nicht sagen, dass ich dies immer für notwendig hielte. Es kann notwendig sein, wenn das Muster sehr klein ist und nur wenig Aufmerksamkeit auf sich ziehen soll. Aber bei großen und bedeutenden Mustern ist es manchmal das Gegenteil von wünschenswert und nach meiner Ansicht sollten alle edlen Muster wenigstens groß aussehen. Einige der schönsten und am angenehmsten wirkenden unter diesen lassen ihren geometrischen Aufbau deutlich genug erkennen; und wenn ihre Linien sich kräftig entwickeln und anmutig dahin fließen, glaube ich, dass sie entschieden durch ihren nicht sorgsam sorgsam verdeckten Bau unterstützt werden.
Zu gleicher Zeit sollten alle Muster, die das Auge befriedigen und dem Geist Genüge tun sollen, etwas irgendwie Geheimnisvolles an sich haben. Wir sollten nicht imstande sein, das Ganze mit einem Male zu durchschauen, noch wünschen, es zu tun, noch verlockt werden, einer Linie nach der anderen nachzuspüren, um herauszufinden, wie das Muster entstanden ist und ich glaube, dass eine deutlich wahrnehmbare geometrische Anordnung das unterstützt und verhindert, dass beim Betrachten eines Musters sich unser ein Gefühl der Ruhelosigkeit bemächtigt.
Dass jede Linie in einem Muster sich in der passender Weise entwickelt und sich bis auf ihren Anfang zurückverfolgen lässt, ist, wie Sie ohne Zweifel schon gehört haben, unfraglich für die schönste Musterarbeit sehr wichtig, ebenso wie dies, dass sich kein Zweig von dem Ast, von dem er ausgeht, so weit entfernt, dass er schwach und schwankend aussieht. Gegenseitige Unterstützung und unaufhörlicher Fortschritt unterscheiden wirkliche und natürliche Ordnung von seiner Scheinform: pedantischer Tyrannei.
Jeder, der sich mit dem Zeichnen von Mustern beschäftigt hat, weiß, dass der Untergrund gleichmäßig und dicht zu bedecken ist. Dies ist wirklich zum großen Teil das Geheimnis, wie jene Auge und Geist befriedigende wunderliche Wirkung zu erzielen ist und es ist geradezu der Prüfstein für die Fähigkeit eines Zeichners.
Schließlich können die Kurven eines Musters nicht sauber genug gezeichnet, kann bei den Hauptlinien nicht sorgfältig genug darauf geachtet werden, dass sie von Anfang an richtig geraten, denn durch Schönheit der Einzelheiten sind Fehler in dieser Hinsicht nicht wieder gut zu machen. Denken Sie stets daran, dass ein Muster entweder richtig oder falsch ist. Fehler darin können nicht entschuldigt werden wie in einem Bild, das noch andere große Qualitäten besitzt. Es ist bei einem Muster wie bei einer Festung, es ist nicht stärker als sein schwächster Punkt. Ein immer wiederkehrender Fehler darin quält das Auge zu sehr, als dass der Geist an dem, was dadurch suggeriert und bezweckt wird, Freude haben könnte.

Was die zweite moralische Qualität eines Musters betrifft – Bedeutung – so rechne ich in sie die Erfindungsgabe und Einbildungskraft ein, die die Seele dieser Kunst wie jeder anderen bildet und die, wenn ordnenden Banden unterworfen, einen Körper und eine sichtbare Existenz hat.
Nun könnten Sie wohl denken, dass sich von dieser Qualität weniger sagen lässt als von der anderen; denn die Form kann gelehrt werden, aber der Geist, der durch sie atmet, nicht. So will ich weiter nichts über diese Eigenschaft sagen, als dass, obwohl ein Zeichner alles mögliche Seltsame und Überraschende in sein Muster bringen kann, er dies nicht auf Kosten der Schönheit tun darf. Sie werden in keinem Fall, in dem dies geschieht und eine unschöne, gewaltsame Wirkung entsteht, dies als das Ergebnis einer fruchtbaren Phantasie finden. Der schöpferische talentvolle Kopf braucht sich nicht mit dem Erfinden zu plagen. Er braucht bloß an Schönheit und Einfachheit des Ausdrucks zu denken; sein Werk wird sich weiter und weiter entwickeln, eines darin zum anderen führen, wie es bei einem schönen Baum der Fall ist. Während dagegen der, der alles zusammenstückeln muss, sich abmüht, etwas Absonderliches ausfindig zu machen, das er hier anbringt und da was anderes und auf gewöhnte Weise zu verbinden sucht; und wenn alles fertig ist, zeugt weder das Absonderliche an seinem Muster von mehr Erfindungsgabe als das Gewöhnliche, noch hat das Gewöhnliche mehr Reiz als das Absonderliche.
Kein Muster sollte ohne eine gewisse Bedeutung sein. Es ist richtig, dass diese Bedeutung uns vielleicht überliefert wurde und nicht unsere eigene Erfindung ist, dennoch müssen wir sie im Innersten verstehen oder wir können sie uns weder zu eigen machen noch sie denen überliefern, die nach uns kommen. Sie ist nicht länger Überlieferung, wenn sie sklavisch in der überlieferten Weise ausgedrückt wird, ohne Veränderung, das Zeichen des Lebens. Sie können sicher sein, dass die zartesten und reizvollsten Muster die treuesten Bewunderer des jeweiligen Stils ermüden, sobald sie sehen, dass sie keiner Entwicklung fähig sind. Denn Sie wissen, alle Kunst setzt sich aus Anstrengung, Misslingen und Hoffnung zusammen und wir können nicht anders als zu glauben, dass die Vollkommenheit irgendwie vor uns liegt, indem wir eifrig nach dem Besseren, das aus dem Guten kommen soll, ausschauen.
Außerdem müssen Sie nicht nur eine Bedeutung in Ihre Muster legen, sondern auch imstande sein, sie anderen verständlich zu machen. Es heißt, dass der Unterschied zwischen einem Genie und einem Verrückten darin besteht, dass das Genie einen oder zwei Leute dazu bringen vermag, ihm zu glauben, während der Verrückte, der arme Kerl, nur sich selbst als Publikum hat. Nun ist der einzige Weg, den wir Musterzeichner betreten können, um die Leute zu zwingen, uns zu verstehen, dass wir unmittelbar der Natur folgen; denn worauf sonst können Sie die Menschen hinweisen oder was gäbe es sonst, das jedermann verstehen kann? – jeder, der es wert ist, dass Sie sich an Ihn wenden, das heißt alle, die denken und fühlen können.

Und nun lassen Sie mich das über Erfindungsgabe und Einbildungskraft Gesagte mit einem Wort der Erinnerung und des Dankes an die Entwerfer vergangener Zeit beschließen. Wer sich mit dem Studium der geringeren Künste, die sie ausübten, befasst, wird diese Qualitäten reichlich bestätigt finden. Sehr schade wäre es gewesen, wäre soviel davon verloren gegangen, wie der intellektuelle Stolz zerstören kann, der sich nicht dazu herablassen will, Schönheit anzuerkennen, bei der seine eigenen Könige und großen Männer nicht ihre Hand mit dabei im Spiel hatten. Vielleicht konnten die Menschen, die diese Art Kunst schufen, ihre Gedanken nicht in erhabenerer Weise oder bestimmter ausdrücken oder sie liessen sich wenigstens nicht anders ausdrücken; darum glaube ich, dass ich nicht allein an meinem eigenen Genuss, sondern an die Freude vieler denke, wenn ich das fruchtbare Leben dieser Menschen preise, deren Namen lange vergessen sind, aber deren Werke wir noch anstaunen. Auf ihre eigene Art wollten sie uns sagen, wie die Blumen in den Gärten von Damaskus wuchsen, wie es bei der Jagd auf den Ebenen Kirmans zuging oder wie aus dem Gras eines Tals in Mittelpersien die Tulpen hervorglänzten und wie ihr Seele sich an all dem erlabte und welche Freude ihnen das Leben gab. Und es ist ihnen gelungen, das was sie meinten, einigen unter uns klar zu machen.

Der Kamin

Aber sie und andere Themen haben uns in der Tat von unserem als Notbehelf dienenden Haus und dem Zimmer darin, das wir zu dekorieren haben, weit weg geführt. Und es ist noch über den Kamin zu sprechen.
Nun ich glaube, dass in keinem der Dinge, die zu einem Haus gehören, der Gegensatz zwischen alter und neuer Zeit mehr hervortritt als in diesem Stück Architektur. Der alte, entweder in seiner behaglichen Einfachheit aufs angenehmste wirkend oder mit der edelsten und bedeutungsvollsten Kunst des Raums geschmückt – der moderne meist armselig, unbehaglich wirkend, ein Schaustück vollgepflastert mit schlechtem Ornament, mit Zierrat aus Gusseisen, Messing und poliertem Stahl und was nicht allem ausgestattet – das Auge beleidigend und mit Mühe zu reinigen – und das ganze Ding liederlich mit einem ebenso liederlich gemachten Aschekasten, Gitter und Teppich davor, so dass jetzt sicherlich die Feuerstellen, die zu verteidigen wir so oft aufgefordert worden sind, zu einer bloßen bildlichen Phrase geworden sind, dessen Bedeutung herauszufinden gelehrten Philologen auf die Schnelle unmöglich sein wird.
Ich rate Ihnen aufs Dringendste, sich all dessen zu entledigen oder doch so weit, wie sie können, ohne sich Ihre Aussichten im Leben vollkommen zu verderben; und wenn Sie nicht wissen, wie Sie ihn verzieren sollen, bringen Sie wenigstens ein seinem Zweck angemessenes Loch in der Wand an und kleiden Sie es mit Ziegeln oder Fliesen aus, die das Feuer vertragen und sich reinigen lassen; ferner eine Art eisernen Korb darin und außerhalb desselben einen richtigen Ofen aus Ziegeln und Backsteinen, die sich reinigen lassen, dessen Anblick Sie nicht schamrot werden lässt, und nicht mehr Schutzvorrichtungen und Gitter, als Sie der Sicherheit wegen für notwendig halten; das genügt für den Anfang. Sollte der Kamin von Holzwerk umgeben sein, so bringen Sie das Holz und Fliesen nicht durcheinander; lassen Sie das Holzwerk so aussehen, dass es der Wandverkleidung zugehört und die Fliesen zum Kamin.

Die Möbel

Was die bewegliche Ausstattung des Zimmers anlangt, so wäre sie, selbst wenn wir Zeit genug hätten, uns damit zu befassen, ein großes Thema – oder ein sehr kleines – so will ich nur sagen, haben Sie nicht zuviel Möbel. Haben Sie keine zum Zweck der bloßen Schaustellung oder um den Ansprüchen der Mode zu genügen – das sind flache Klugheiten, nicht wahr? Aber es scheint wirklich, als ob vielen Leuten dies nie klar geworden wäre, denn es ist fast allgemein üblich, einige Zimmer so voll zu stopfen, dass Sie sich kaum darin rühren können und andere ganz und gar leer zu lassen; während alle Zimmer so aussehen sollten, als ob sie bewohnt seien und sozusagen ein freundliches Willkommen für den Eintretenden bereit haben sollten.
Ein Esszimmer sollte nicht aussehen, als ginge man aus demselben Grund hinein, aus dem man sich in das Sprechzimmer eines Zahnarztes begibt – um einer Operation willen, und es zu verlassen, wenn die Operation vorüber ist – der Zahn heraußen, oder das Mittagessen drinnen. Ein Salon sollte so aussehen, als könnte man darin auch etwas arbeiten (was weniger beschwerlich ist, als sich zu langweilen). Ein Bibliothekszimmer sollte auf jeden Fall Bücher enthalten und nicht nur Stiefel, wie bei Thackeray im Landhaus des Snobs, aber das sollte mehr oder weniger ein Zimmer wie das andere im Haus; auch sollten alle Zimmer, obwohl sie ordentlich und sogar sehr ordentlich aussehen sollten, nicht zu ordentlich aussehen.
Ferner sollte auch beim Reichsten kein Zimmer einen so großartigen Eindruck machen, dass ein einfacher Mensch sich darin beklommen fühlt, oder so luxuriös ausgestattet sein, dass ein denkender Mann sich darin zu schämen hätte; es wird nicht der Fall sein, wenn darin die Kunst heimisch ist, deren Todfeinde Anmaßung und Verschwendung sind. Ich fürchte in der Tat, dass gegenwärtig die Dekoration der Häuser reicher Leute vor allem auf Prachtliebe und Luxus zurückzuführen und die Kunst eingeschüchtert und schmachbedeckt aus ihnen gewichen ist; allerdings beklage ich dies, wenn ich daran denke, nicht übermäßig. Die Kunst wurde nicht im Palast geboren; sie ist vielmehr darin erkrankt und sie bedarf kräftigerer Luft als der, die in den Häusern der Reichen weht, um wieder zu gesunden. Wenn sie je wieder stark genug werden soll, um den Menschen noch einmal zu helfen, muss sie an einfachen Orten Kräfte sammeln; in der Zufluchtstätte vor Wind und Wetter, zu der der Hausvater vom Feld und Hügel heimkehrt; in dem gut in Ordnung gebrachten Raum, in den sich der Handwerker aus der ihn am Webstuhl, in der Schmiede oder an der Hobelbank umgebenden Unordnung zurückzieht; auf der Insel, auf die sich der Gelehrte aus der See der Bücher rettet; auf dem Fleckchen, auf dem der Künstler, aus seinem Wald von Leinwand flüchtend, Zuflucht sucht – von solchen Orten muss die Kunst ausgehen, wenn sie je in jener anderen Gruppe von Gebäuden wieder auf den Thron gelangen soll, deren man, unter dem Namen oder einem anderen, ob Sie sie Kirchen oder Hallen der Vernunft nennen, immer bedürfen wird: den Gebäuden, in denen die Menschen zusammenkommen, um ihre vorübergehenden eigenen Sorgen und die ihrer Familie über Bestrebungen für ihre Mitmenschen und die Zukunft zu vergessen und die die Bewohner einer Stadt bis zu einem gewissen Grade dafür entschädigen, Feld, Fluss und Berge entbehren zu müssen.
Nun, ich glaube, dass es diese beiden Arten von Gebäuden sind, mit denen wir uns wirklich zu beschäftigen haben, nebst Nebengebäuden, Werkstätten und ähnlichem, was eben notwendig ist. Mögen die übrigen ruhig in Stücke zerfallen, es braucht uns nichts zu kümmern – wenn es nicht im Interesse der Geschichte für gut erachtet wird, in jeder großen Stadt eines zu erhalten, damit die Nachwelt sieht, in welch seltsamen, hässlichen, unbehaglichen Häusern reiche Leute früher einmal wohnten.

Billig gemachte Kunst

Inzwischen, während reiche Leute die Kunst nicht haben wollen und arme sie nicht haben können, besteht nichtsdestoweniger eine ungedachte Sehnsucht nach ihr, haben die Menschen das beunruhigende Gefühl, dass irgendwo etwas fehlt, was einige wohlwollende Leute dazu veranlasst hat, nach der Möglichkeit einer billigen Kunst zu suchen.
Was verstehen sie darunter? Eine Kunst für die Reichen und eine andere für die Armen? Nein, das gibt es nicht. Die Kunst ist nicht so fügsam wie die Gerechtigkeit oder die Religion einer Gesellschaft und lässt sich nicht so behandeln.
Was dann? Es hat sicherlich zuzeiten billige Kunst gegeben – auf Kosten der hungerleidenden Handwerker. Aber diese können die Leute nicht meinen; und würden sie es, hätten sie glücklicherweise nicht mehr Gelegenheit, sie wie früher bekommen zu können. Dennoch glauben sie, die Kunst auf die eine oder andere Weise herumkriegen – also betrügen – zu können.
Ich denke da etwa folgendermaßen: ein hochbegabter und sorgfältig erzogener Mensch wie Herr Pecksniff schielt auf ein Blatt Papier und das Schielen hat zur Folge, dass eine große Anzahl gut genährter, zufriedener Arbeitskräfte (sie würden es nicht wagen, sie Arbeiter zu nennen) anfangen, Kurbeln zu drehen und das zehn Stunden am Tag, und ihre angeborenen Gaben und Erziehung zurückzuhalten bis zu ihrer – ich wollte sagen Freizeit, aber ich kann dies nicht recht, denn wenn ich am Tag zehn Stunden Arbeit zu verrichten hätte, die ich verachtete und hasste, so würde ich während meiner Mußestunden hoffentlich als politischer Agitator tätig werden, oder aber wie zu fürchten ist – mich auf’s Trinken verlegen.
So lassen Sie uns sagen, dass die besagten Arbeitskräfte von ihren angeborenen Gaben und ihrer Erziehung erst in ihren Träumen Gebrauch machen dürfen. Dieses System wird einen dreifachen Segen nach sich ziehen – Nahrung und Kleidung, armselige Wohnungen und ein wenig Muße für die Arbeitskräfte – enorme Reichtümer für die Kapitalisten, die sie mieten – sowie bescheidene Reichtümer für den, der auf das Blatt Papier geschielt hat und zuletzt, ganz entschieden zuletzt, eine Unmasse billiger Kunst, die sich die Arbeitskräfte oder Kurbeldreher leisten können – in ihren Träumen.

„Arbeitskraft“ oder „Arbeiter“

Nun, es hat viele andere auf Wohlwollen und Sparsamkeit aufbauende Systeme gegeben, mittels derer man einen gegessenen Kuchen nochmal essen, eine Laus um den Balg schinden, aus einem Floh Fett und Talg gewinnen wollte und diese Variante der billigen Kunst mag nur denselben Weg gehen.
Doch nach meiner Ansicht ist wirkliche Kunst nicht teuer, selbst für den Preis, der dafür bezahlt werden muss. Dieser Preis ist, um es kurz zu sagen, die Versorgung des Handwerkers, der seine eigene individuelle Intelligenz und Begeisterung in die Güter legen soll, die aus seiner Hand hervorgehen. So wenig darf seine Arbeit eine „geteilte“ sein, wie der technische Ausdruck dafür lautet, dass er immer genau ein und dasselbe Stück Arbeit zu verrichten hat und nie an ein anderes denken darf; so wenig darf dies der Fall sein, dass er alles von der Ware, die er herzustellen hat und von ihrem Verhältnis zu ähnlichen Waren wissen muss; er muss so von Natur für seine Arbeit befähigt sein, dass keine Erziehung ihn von seiner besonderen Neigung abbringen kann. Er muss über das, was er tut, denken und sein Werk verändern dürfen, je nachdem es behandelt sein will und wie seine Stimmung ist. Er muss immer danach streben, die Arbeit, die er gerade unter Händen hat, besser zu machen als die zuletzt von ihm verfertigte. Er darf nicht auf irgend jemandes Forderung, ich will nicht sagen, ein schlechtes aber gleichgültiges Stück Arbeit zu liefern, eingehen, was immer das Publikum bedarf oder zu bedürfen glaubt. Er muss eine Stimme in der ganzen Sache haben und eine Stimme, die es wert ist, dass man auf sie hört.
Einen solchen Menschen würde ich nicht eine Arbeitskraft, sondern einen Arbeiter nennen. Sie können ihn einen Künstler nennen, wenn Sie wollen, denn ich habe die Eigenschaften so wie die eines Künstlers beschrieben; aber ein Kapitalist ist imstande, ihn einen „lästigen Burschen“, einen Erzradikalen zu nennen und er wird in der Tat Unruhe stiften – wie Sand im Räderwerk der geldmahlenden Maschine wirken und Reibung verursachen.
Ja, ein solcher Mensch wird vielleicht die Maschine anhalten; aber nur durch ihn können Sie Kunst, das heißt unverstümmelte Zivilisation bekommen, wenn Sie wirklich dazu gelangen möchten; nun überlegen Sie sich, ob dies der Fall ist und bezahlen Sie den Preis dafür und geben Sie dem Arbeiter, was ihm zusteht.

Was gebührt ihm? – das heißt, was kann er von Ihnen fordern, um der Mann zu sein, den Sie brauchen? Soviel Geld, dass er und die Seinen nicht fürchten müssen, in Not zu geraten und Erniedrigung zu erdulden; soviel Muße neben seiner ihm Brot verschaffenden Arbeit (selbst wenn sie ihm angenehm ist), dass er Zeit zum Lesen und Nachdenken und zur Verknüpfung seines Daseins mit dem der großen Welt hat; soviel Arbeit der erwähnten Art und soviel ermutigendes Lob dafür, dass er sich gut Freund mit seinen Kollegen fühlt; und zuletzt (und das ist nicht das Wenigste und gehört durchaus mit dazu): seinen eigenen, ihm gebührenden Anteil an der Kunst, der in der Hauptsache in einer Wohnstätte bestehen wird, der es nicht an der Schönheit mangelt, die ihr die Natur freiwillig zugestehen würde, wenn unsere eigene Verkehrtheit die Natur nicht aus dem Hause gewiesen hätte.
Das ist der zu schließende Handel, solche Arbeit und solcher Lohn; und ich glaube, wenn die Welt nach solcher Arbeit ruft und bereit ist, den Lohn dafür zu zahlen, dass die Arbeiter dann nicht lange ausbleiben werden.

Kunst oder keine Kunst

Andererseits, wenn es sicher wäre, dass in der Welt – das heißt in der modernen zivilisierten Gesellschaft – nie wieder Nachfrage nach solchen Arbeitern sein wird, dann weiß ich so gewiss wie ich hier stehe und atme, dass es mit der Kunst zu Ende geht: dass in den noch glimmenden Funken nicht wieder Leben kommen, sondern dass er verlöschen wird. Und tatsächlich, oft denke ich in meiner Angst davor: „Könnte ich doch sehen, was an die Stelle der Kunst treten wird!“ Denn ob die moderne zivilisierte Gesellschaft den erwähnten Handel schließen kann, wer vermag es zu sagen? Ich weiß wohl – wer wüsste es nicht – dass sich dem große Schwierigkeiten entgegenstellen.
Die Welt ist immer nur zu bereit gewesen, „um des Lebens willen die guten Seiten des Lebens wegzuwerfen“ und wird vielleicht mehr und mehr dazu neigen, je verwickelter die Lebensverhältnisse werden, je eiliger und je mehr von Furcht erfüllt wir dem Untergang zu entrinnen suchen, der uns immanent und erdrückend zu drohen scheint. Aber wie wäre es, wenn wir alle Furcht ablegten, dem ins Gesicht sähen und auf unserem Anspruch bestehen, dem Anspruch eines jeden von uns auf die guten Seiten des Lebens? Der Himmel würde vielleicht nicht gleich einfallen, wenn wir es täten.

Entscheiden wir uns jedenfalls, was wir haben wollen, ob Kunst oder keine Kunst und machen wir uns bereit, wenn wir uns für die Kunst entscheiden, viele Dinge aufzugeben und in vieler Hinsicht eine Änderung der bestehenden Zustände herbeizuführen. Vielleicht sind einige hier, die mich verstehen werden, wenn ich sage, dass durch diesen notwendigen Wechsel das Leben für die Reichen ärmer, für den, der einen verfeinerten Geschmack hat, roher, für den Begabten vielleicht dümmer werden wird – eine Zeit lang; dass er vielleicht selbst solche Formen annimmt, dass auch die Besten und Klügsten unter uns nicht immer wissen werden, ob sie es mit einem Freund zu tun haben und ihn zeitweise vielleicht als einen Feind ansehen und bekämpfen werden. Dennoch, wenn der Tag kommt, an dem wir sichtbare Zeichen dafür empfangen, dass die Kunst wie die Sonne von unten aufsteigt – wenn sie nicht länger eine mit Recht verachtete Laune der Reichen oder eine träge Gewohnheit der sogenannten Gebildeten, sondern etwas ist, wonach sich die Arbeit als etwas Notwendigem sehnt, wie die Arbeit selbst für alle Menschen eine Notwendigkeit ist – an dem Tag wird alle Plage vergessen, alle Torheit vergeben werden, selbst unsere eigene.
Nach und nach wird er kommen, das weiß ich. Nur darf uns Geduld und Klugheit nicht ausgehen, noch weniger der Mut. Lassen Sie uns sein wie die Schar Gideons: „Wer immer voll Furcht und Angst ist, der möge umkehren und beizeiten herabsteigen vom Berge Gilead.“ Und in dieser Schar möge kein Betrug zugelassen werden, in ihr möge die letzte ermutigende Lüge gesagt, der letzte After-Dinner-Unsinn gesprochen worden sein. Denn sicher dürfen wir uns daran erinnern, jetzt, da die Tage dunkel zu sein scheinen, dass sich die Menschen nach Freiheit sehnten, als sie noch Sklaven waren; dass in Zeiten, in denen jeden Tag die Schwerter rot wurden, die Menschen an Frieden und Ordnung zu denken und dafür zu kämpfen begannen.

Wir, die wir denken und das Köstliche, das die Natur uns darbietet, geniessen können – haben wir nicht das Recht wie auch die Pflicht, uns gegen diese Sklaverei aufzulehnen, die die Menschen um die Freunden des Lebens bringt und die gedanken- und freudlose Leute (nicht durch eigene Schuld) über die Welt verhängt haben? Wenn wir von uns selbst ausgehen, können wir sagen, hoffen zu dürfen, siegreich aus unserem Aufstand hervorzugehen, da wir Kunst genug in unserem Leben haben, nicht um uns zufrieden zu stellen, sondern um Sehnsucht nach mehr zu empfinden, und diese Sehnsucht treibt uns dazu, die Kunst auszubreiten und allenthalben Sehnsucht danach erwecken zu wollen. Und wie es uns geht, wird es denen gehen, die wir gewinnen: eines, so können wir wohl hoffen, wird sich zu dem anderen finden, bis schließlich eine große Anzahl Menschen genügend Kunst haben wird um zu sehen, wie wenig sie haben und wieviel besser sich ihr Leben gestalten würde, wenn jedermann den Anteil an der Kunst hätte, der ihm gebührt – das heißt gerade soviel, als er gebrauchen könnte, wenn ihm eine faire Chance dazu gegeben wird.


Den Vortrag „Making the Best of it“ hielt William Morris 1879 vor der Kunstgenossenschaft und Zeichenschule in Birmingham. Morris nahm ihn in seinen Sammelband Hopes and Fears for Art auf und er war auch Teil der deutschen Ausgabe Kunsthoffnungen und Kunstsorgen von 1902.
Diese Übersetzung haben wir 2016 gründlich überarbeitet und zur besseren Übersichtlichkeit des langen Textes Zwischenüberschriften eingefügt.

 

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