Wie wir leben und wie wir leben könnten

zeichenderzeitDas Wort Revolution, das wir Sozialisten so oft gebrauchen müssen, hat in den Ohren der meisten Menschen einen schrecklichen Klang, selbst wenn wir ihnen erklärt haben, dass es nicht unbedingt eine von Aufruhr und Gewalttätigkeit aller Arten begleitete Umwälzung bedeutet; keine Veränderung, herbeigeführt von einer Gruppe von Leuten, die sich im Widerspruch zur öffentlichen Meinung auf irgendeine Weise für kurze Zeit der Staatsgewalt bemächtigt hat.
Selbst wenn wir erklären, dass wir das Wort Revolution in seinem etymologischen Sinne gebrauchen und darunter eine Veränderung der Grundlage der Gesellschaft verstehen, scheuen die Menschen vor dem Gedanken an eine so umfassende Umgestaltung zurück und verlangen, dass man von Reform und nicht von Revolution sprechen soll. Da wir Sozialisten jedoch keineswegs unter unserem Wort Revolution das verstehen, was diese ehrbaren Leute mit Reform bezeichnen, so müsste ich es unbedingt für einen Fehler halten, wenn wir letzteren Ausdruck gebrauchten, was auch immer für Pläne unter jener harmlosen Hülle verborgen sein mögen. So wollen wir denn an unserem Wort festhalten, das eine Veränderung an den Grundlagen der Gesellschaft bedeutet; es kann die Menschen erschrecken, aber wird sie zum wenigsten daran erinnern, dass man etwas zu befürchten hat, was dadurch, dass man die Augen davor verschließt, nicht gefahrloser wird; manche wird es auch ermutigen und für sie zumindest nicht Befürchtung, sondern Hoffnung bedeuten.
Furcht und Hoffnung – das sind die Namen der zwei großen Leidenschaften, die das Menschengeschlecht beherrschen und mit denen die Revolutionäre zu tun haben; unsere Aufgabe ist es, den vielen Unterdrückten Hoffnung und den wenigen Unterdrückern Furcht einzuflößen; wenn wir das erstere tun und den vielen Hoffnung einflößen, so müssen die wenigen durch deren Hoffnung in Schrecken gesetzt werden; auf andere Weise wollen wir sie gar nicht in Furcht versetzen, denn nicht Rache wünschen wir für die Armen, sondern Befriedigung; welche Rache könnte man in der Tat für all die tausendjährigen Leiden der Armen nehmen?
Viele von den Unterdrückern der Armen, ja die meisten können wir sagen, sind sich indessen gar nicht bewusst, dass sie Unterdrücker sind (wir werden gleich sehen, weshalb); sie führen ein geordnetes, ruhiges Leben und sind von der Stimmung eines römischen Sklavenbesitzers sehr weit entfernt; sie wissen, dass die Armen da sind, stellen sich ihre Leiden aber nicht lebhaft und eindringlich vor; sie haben selbst Sorgen zu tragen und glauben ohne Zweifel, dass Sorgenhaben das Los der Menschheit ist; auch haben sie kein Mittel, die Sorgen ihres Lebens mit denen der Leute in niedrigerer sozialer Stellung zu vergleichen, und selbst wenn der Gedanke sich ihnen aufdrängt, dass diese Sorgen schwerer sein könnten, so trösten sie sich mit dem Grundsatz, dass die Menschen an die Sorgen, die sie zu tragen haben, gewöhnt sind, welcher Art diese auch sein mögen.
Allerdings ist das, soweit wenigstens die Einzelnen in Betracht kommen, nur allzu wahr, so dass wir als Stützen des gegenwärtigen Zustandes der Dinge, so schlecht er auch sein mag, zunächst jene bequemen unbewussten Unterdrücker haben, die von einer Veränderung, die mehr als die leichtesten und allmählichsten Reformen bringen würde, alles glauben befürchten zu müssen. Zweitens jene armen Leute, die in der schweren Not und Sorge ihres Lebens kaum den Gedanken an eine Wendung zum Besseren zu fassen vermögen und deswegen auch nicht den kleinsten Teil ihres ärmlichen Besitzes aufs Spiel zu setzen wagen, um irgend etwas zur Besserung ihrer Lage zu unternehmen. Während wir somit bei dem Reichen wenig mehr tun können als ihm Furcht einzuflößen, ist es allerdings schwer, den Armen mit Hoffnung zu erfüllen. Es ist daher nicht mehr als billig, dass diejenigen, die wir in den großen Kampf um ein besseres Leben hineinreißen wollen, uns auffordern, ihnen wenigstens einen ungefähren Begriff davon zu geben, was ihnen dieses neue Leben bringen wird.
Eine berechtigte aber schwer zu erfüllende Forderung, da wir unter einem System leben, das bewusste Anstrengungen auf eine solche Veränderung hin fast unmöglich macht; wir haben daher allen Grund, unsererseits zu sagen: „Gewiss gibt es bestimmte Hindernisse, die sich dem wirklichen Fortschritt des Menschengeschlechts in den Weg stellen; wir können euch sagen, welcher Art diese sind; räumt sie weg, dann werdet ihr sehen.“
Trotzdem will ich mich jetzt selbst als Opfer anbieten, um denen genügezutun, die der Ansicht sind, dass wir, wie die Dinge jetzt liegen, doch wenigstens etwas erreicht haben und bei dem Gedanken erschrecken, ihren Anteil daran einzubüßen, um vielleicht festzustellen, dass sie schlimmer dran sind als zuvor und überhaupt nichts mehr besitzen. Um jedoch im Verlaufe meines Vortrags zu zeigen, wie wir leben könnten, muss ich mich mehr oder weniger mit Negativem befassen. Ich meine damit, ich muss nachweisen, in welcher Beziehung wir bei unseren gegenwärtigen Bemühungen für ein menschenwürdiges Dasein unser Ziel zu kurz stecken. Ich muss die Reichen und Wohlhabenden fragen, welcher Art denn ihre Stellung ist, die sie so ängstlich bestrebt sind, um jeden Preis aufrecht zu erhalten, und ob, alles in allem genommen, es denn ein so furchtbarer Verlust für sie wäre, sie aufzugeben, und ich muss die Armen darauf hinweisen, dass sie, ausgerüstet mit allen Fähigkeiten zu einem würdigen Leben, sich in einer Lage befinden, die sie ohne beständige Erniedrigung nicht ertragen können.
Wie leben wir nun unter unserem jetzigen System? Werfen wir einen kurzen Blick darauf.
An erster Stelle bitte ich Sie zu beachten, dass unser gegenwärtiges Gesellschaftssystem auf einem fortwährenden Kriegszustand begründet ist. Glaubt jemand von Ihnen, dass das so ist, wie es sein sollte? Ich weiß, man hat Ihnen oft gesagt, dass die Konkurrenz, die gegenwärtig die gesamte Produktion beherrscht, ein Vorteil ist und den Fortschritt des Menschengeschlechts befördert; aber die Leute, die Ihnen dies sagen, müssten für „Konkurrenz“ den kürzeren Ausdruck „Krieg“ gebrauchen, wenn sie ehrlich sein wollten, und es würde Ihnen dann freistehen, zu entscheiden, ob der Krieg den Fortschritt in anderer Weise begünstigt oder nicht, als dies ein wildgewordener Stier tun würde, der Sie in Ihrem eigenen Garten herumjagt. Krieg oder Konkurrenz, wie Sie es nennen wollen, bedeutet im besten Falle Verfolgung Ihres eigenen Vorteils auf Kosten des Verlustes eines anderen, und dabei dürfen Sie nicht zaudern, Ihren eigenen Besitz aufs Spiel zu setzen, sonst werden Sie unzweifelhaft in dem Kampfe unterliegen. Sie verstehen dies vollkommen wie bei der Art von Krieg, in den die Menschen ziehen, um zu töten und getötet zu werden, in dem Schiffe z.B. den Auftrag erhalten, „zu versenken, zu verbrennen und zu vernichten“; wahrscheinlich aber sind Sie sich der Verwüstung nicht so klar bewusst wenn Sie nur jenen anderen Krieg, „Handel“ genannt, weiter fortführen; es ist jedoch zu bemerken, dass die Verwüstung hier ganz dieselbe ist.
Lassen Sie uns jetzt diese Art von Krieg etwas näher betrachten, uns einige seiner Formen vor Augen führen, damit wir sehen, wie das „Verbrennen, Versenken und Vernichten“ in ihm vonstatten geht.
Zunächst haben Sie jene Form von nationaler Rivalität, die heute in voller Wahrheit die Ursache aller von zivilisierten Völkern mit Pulver und Bajonett geführten Kriege ist. Früher scheuten wir Engländer davor zurück, ausgenommen bei jenen günstigen Gelegenheiten, wo wir sie ohne jede Gefahr für uns selbst führen konnten, wo das Töten ganz auf einer Seite war oder wenn wir uns dessen unter allen Umständen sicher sein konnten. Wir sind lange Zeit vor einem wirklichen Kriege mit einem ebenbürtigen Gegner zurückgescheut, und ich will Ihnen sagen warum: es ist geschehen, weil wir den Löwenanteil am Weltmarkte gehabt hatten; wir brauchten nicht als Nation um ihn zu kämpfen, denn wir hatten ihn erlangt; gegenwärtig jedoch hat sich dies in höchst bezeichnender und für einen Sozialisten höchst erfreulicher Weise geändert; wir verlieren diesen Löwenanteil oder haben ihn verloren; es herrscht jetzt zwischen den großen Kulturnationen eine verzweifelte „Konkurrenz“ um den Weltmarkt, und morgen kann ein verzweifelter Krieg darum entbrennen. Daraus ergibt sich, dass die Begünstigung des Krieges (wenn er nicht einen zu großen Umfang annimmt) nicht länger auf den Wahlspruch der alten Tories: „Ehre und Ruhm“ beschränkt ist; die, wenn sie sich überhaupt etwas dabei dachten, von der Voraussetzung ausgingen, dass ein Torykrieg eine gute Gelegenheit sei, die Demokratie im Zaume zu halten. Darin ist ein völliger Umschwung eingetreten, und gegenwärtig ist es eine ganz andere Klasse von Politikern, die uns zum „Patriotismus“, wie man es nennt, zu entflammen pflegen. Die Führer der fortschrittlichen Liberalen, wie sie sich selbst nennen, kluge Männer, die es wohl wissen, dass sich soziale Bewegungen vollziehen; denen es nicht entgeht, dass die Welt mit oder ohne ihr Zutun weiterschreitet, sie sind die Kriegsschreier der jüngsten Vergangenheit gewesen. Ich will damit nicht sagen, dass sie wissen, was sie tun: Politiker verschließen, wie sie sehr gut wissen, sorgfältig ihre Augen vor allem, was sich sechs Monate später ereignen kann; was aber geschieht, ist dies, dass das gegenwärtige System, das stets nationale Gegnerschaft mitumfassen muss, in ein verzweifeltes Ringen um die Märkte unter mehr oder weniger gleichen Bedingungen mit anderen Nationen hineintreibt, weil wir, ich wiederhole es noch einmal, jenes Übergewicht über sie, das wir einst besaßen, verloren haben. „Verzweifelt“ ist kein zu starker Ausdruck. Wir müssen uns von dieser Notwendigkeit, uns Märkte zu sichern, leiten lassen, wir mögen wollen oder nicht. Heute ist es ein erfolgreicher Diebstahl und Schande, morgen kann es eine offene Niederlage und Schande sein.
Dies ist keine Abschweifung, obgleich ich zugestehe, dass ich mich näher auf das eingelassen habe, was man gewöhnlich Politik nennt, als ich es je wieder tun werde. Ich wollte Ihnen nur zeigen, wozu sich der Handelskrieg entwickelt, wenn er es mit fremden Nationen zu tun hat, und dass selbst der Unerfahrenste sehen kann, wie er nur Verwüstung im Gefolge hat. In diesem Verhältnis stehen wir jetzt zu fremden Völkern, bereit, sie zugrunde zu richten, wenn möglich, ohne Krieg, wenn es nötig werden sollte, mit ihm, ganz abgesehen von der schmachvollen Ausbeutung wilder Stämme und unzivilisierter Völker, denen wir durch die Mündungen unserer Kanonen zugleich unsere Schundwaren und unsere Heuchelei aufzwingen.
Nun, unzweifelhaft kann der Sozialismus Ihnen etwas anderes an dieser Stelle anbieten. Er kann Ihnen Frieden und Freundschaft statt Krieg bieten. Wir könnten vollständig ohne nationale Gegnerschaft leben, wir müßten nur erkennen, dass es für jene die sich zusammengehörig fühlen das Beste ist, sich zum Zwecke der Selbstverwaltung unter einem Namen zusammenzuschließen; und kein Gemeinwesen unter Kulturvölkern sollte das Empfinden haben, dass seine Interessen denen eines anderen entgegengesetzt seien, vorausgesetzt, ihre ökonomische Lage ist annähernd die gleiche – so dass jeder Bürger eines Gemeinwesens sich seiner Arbeit widmen und seine Lebensweise ruhig beibehalten könnte wenn er sich in einem fremden Lande aufhielte und sich dort an seinen neuen Wohnsitz ganz selbstverständlich einordnen könnte. Auf diese Weise würden alle Kulturnationen eine große Gemeinschaft bilden, deren einzelne Glieder sich soviel Zugeständnisse machen, wie in Hinblick auf Art und Umfang von Produktion und Verteilung notwendig sind; sich der und jener Produktion zuwenden, wo sie gerade am besten betrieben werden kann, und mit allen Mitteln Vergeudung von Arbeit verhindern. Aus dem Betrage der Vergeudung, die sie verhindern würden, können Sie sehen, in welchem Maße eine solche Umwälzung den Reichtum der Welt vermehren würde. Welches Wesen auf Erden könnte durch eine solche Umwälzung benachteiligt werden? Im Gegenteil, würde sich nicht jeder Mensch wohler dabei fühlen? Und was steht dem im Wege? Ich will es Ihnen gleich sagen.
Inzwischen wollen wir uns von dieser Konkurrenz zwischen den Nationen zu der zwischen den „Organisatoren der Arbeit“, den großen Firmen, den Aktiengesellschaften, kurz, den Kapitalisten, zuwenden und zusehen, wie die Konkurrenz bei ihnen „die Produktion anspornt“. Allerdings tut sie das, aber welche Art von Produktion? Nun, die Produktion solcher Waren, die sich mit Gewinn verkaufen lassen, sozusagen die Produktion von Gewinn. Jetzt beachten Sie, wie der Handelskrieg diese anspornt: ein bestimmter Markt braucht Waren: es gibt, sagen wir, hundert Fabrikanten, die diese Art Waren herstellen; jeder einzelne von diesen würde den Markt, wenn er könnte, für sich allein ausnützen und kämpft verzweifelt, möglichst viel davon zu erhalten, mit dem unzweifelhaften Endergebnis, dass sofort die Sache übertrieben, der Markt überfüllt wird und dass diese ganze Raserei der Industrie in sich selbst zusammenfallen muß. Kommt Ihnen dies nicht ähnlich wie im Kriege vor? Bemerken Sie nicht die Vergeudung dabei – die Vergeudung von Arbeit, Geschicklichkeit, Können – mit einem Worte, Vergeudung des Lebens? Gut, können Sie sagen, aber die Konkurrenz macht die Waren billiger. In gewisser Hinsicht tut sie dies, jedoch nur scheinbar, da der Lohn des gewöhnlichen Arbeiters in der Regel in demselben Verhältnis sinkt, wie die Preise sinken, und mit welchen Kosten erkaufen wir diese anscheinende Billigkeit! Um deutlich zu sprechen, um die Kosten des Betrugs gegen den Konsumenten und des Verhungerns des wirklichen Herstellers zum Vorteil des Spielers, der sowohl Konsumenten als Produzenten als seine Milchkühe betrachtet. Ich brauche nicht ausführlich auf das Thema der Verfälschungen einzugehen, denn jedermann weiß, was sie für eine Rolle bei dieser Art Handel spielen, wohl aber will ich daran erinnern, dass sie eine unumgängliche Begleiterscheinung des Gewinnziehens aus der Warenproduktion, das doch das Ziel der sogenannten Fabrikanten ist, darstellen. Und auch das müssen Sie im Auge behalten, dass als Ganzes genommen, die Konsumenten gegenüber dem Spieler völlig hilflos sind; die Waren werden ihnen durch ihre Billigkeit aufgezwungen und mit ihnen eine bestimmte Art von Lebensführung, die diese wirkungsvolle,  angriffslustige Billigkeit für ihn festlegt. Denn dieser Einfluss des Handelskrieges reicht so weit, dass kein Land vor seinen Raubzügen sicher ist; tausendjährige Überlieferungen verschwinden vor ihm im Lauf eines Monats; er überwältigt ein schwaches oder halbzivilisiertes Land, und was auch immer an Poesie, Lebensfreude oder Kunst vorhanden war, wird zu einem schmutzigen Brei voll Gemeinheit und Hässlichkeit zerstampft; der indische oder javanische Handwerker kann seinen Beruf nicht länger in Muße ausüben, wobei er nur wenige Stunden am Tage arbeitete und eine Fülle fremdartiger Schönheit auf einem Stück Tuch hervorbrachte: eine Dampfmaschine ist in Manchester in Gang gesetzt worden, und dieser Sieg über die Natur und  tausende entgegenstehender Schwierigkeiten wird als Grundlage für die Herstellung von Kitsch und Schund benutzt; der asiatische Handwerker wird, wenn er nicht buchstäblich verhungert, wie dies häufig vorkommt, in eine Fabrik getrieben um den Lohn seines Kollegen in Manchester herabzudrücken, und nichts bleibt in ihm von seinem Charakter bestehen,  außer einer Ansammlung von Furcht und Hass gegen das ihm vollständig unerklärbare Übel, verkörpert durch seinen englischen Herrn. Der Südseeinsulaner muss das Schnitzen von Kanus, seine behagliche Ruhe, seine anmutigen Tänze aufgeben und der Sklave eines Sklaven werden: Pumphosen, Lumpenzeug, Rum, Missionare, unheilbare Krankheit – er muss diese ganze Kultur im Ganzen hinunterwürgen, und weder er selbst noch wir können ihm helfen, bis die soziale Ordnung die grässliche Tyrannei des Spiels, die ihn zugrunde gerichtet hat, verdrängt haben wird.
Das ist das Bild des Konsumenten; jetzt zum Produzenten; ich meine den wirklichen Produzenten, den Arbeiter – wie wirkt dieses Ringen um die Marktbeute auf ihn ein? Der Fabrikant musste in der Hitze des Kampfes ein gewaltiges Heer von Arbeitern auf einem Punkte vereinigen, er richtete sie ab, bis sie möglichst geschickt für seinen speziellen Produktionszweig, d.h. für die Erzielung eines Gewinnes daraus waren, mit dem Ergebnis, dass sie sich zu nichts anderem eigneten. Wenn nun der Markt, den er zu versorgen hat, überfüllt ist, was geschieht dann mit diesem Heere, in dem jeder Einzelne von der ununterbrochenen Nachfrage auf diesem Markte abhängt und arbeitet, da er arbeiten muss, als würde es stets so weitergehen? Sie wissen sehr gut, was mit diesen Leuten geschieht: die Fabriktore werden ihnen verschlossen, einem sehr großen Teile von ihnen oft, und im besten Falle jener Reservearmee von Arbeitern, die in Zeiten des Aufschwungs so eifrig beschäftigt werden. Was wird aus ihnen? Gewiss, wir wissen dies gerade jetzt gut genug. Was wir aber nicht wissen oder nicht wissen wollen, ist der Umstand, dass diese Reservearmee von Arbeitern eine unerlässliche Notwendigkeit für den Handelskrieg ist; wenn unsere Fabrikanten diese armen Teufel nicht hätten, die sie an ihre Maschinen ziehen könnten, wenn der Bedarf wächst, so würden andere Fabrikanten in Frankreich, Deutschland oder Amerika einspringen und ihnen den Markt entreißen.
So sehen Sie, dass, wie wir jetzt leben, ein gewaltiger Teil der industriellen Bevölkerung notwendig von Zeit zu Zeit der Gefahr halb zu verhungern ausgesetzt ist, und zwar nicht zum Nutzen der Menschen in einem anderen Teil der Welt, sondern zu deren Erniedrigung und Knechtung.
Nun werfen Sie einen kurzen Blick auf den Umfang der Verwüstung, die diese Eröffnung von neuen Märkten unter wilden und unzivilisierten Völkerschaften bedeutet; sie ist das ausgeprägteste Beispiel für den Einfluss, den der Gewinnmarkt auf die Welt ausübt, und Sie werden sicherlich erkennen, was für ein grässlicher Alp dieser Gewinnmarkt ist: er lässt uns in der Mühe und Sorge für das tägliche Brot nicht zu Atem kommen, wir können kein Buch lesen, kein Gemälde betrachten, keinen Spaziergang durch die grünenden Felder machen, nicht in der Sonne liegen oder an dem Wissen unserer Zeit teilnehmen, kurz uns weder einen physischen noch geistigen Genuss gönnen und wofür? Damit wir dieses Sklavenleben bis zu unserem Tode weiterführen, um einem reichen Manne ein Leben voller Genuss und Luxus zu verschaffen, d.h. ein Leben, so leer, so ungesund und erbärmlich, dass er vielleicht, im ganzen genommen, schlimmer daran ist als seine Arbeiter, und was das Ergebnis all dieser Leiden ist, so ist es noch das günstigste, wenn es überhaupt gleich Null ist, wenn man sagen kann, dass die Waren niemand einen Vorteil gebracht haben, denn oft haben sie viele Menschen geschädigt, und wir haben uns geplagt, haben gestöhnt und uns aufgerieben, um Gift und Vernichtungsmittel für unsere Mitmenschen zu schaffen.

Ich behaupte, all dies ist Krieg und die Folge des Krieges, des Krieges unserer Zeit, nicht zwischen konkurrierenden Nationen, sondern zwischen konkurrierenden Firmen oder Aktiengesellschaften, und dieser Krieg zwischen den Firmen ist es, der den Frieden zwischen den Nationen verhindert, den Sie sicher mit mir für unerlässlich halten; denn Sie müssen wissen, dass Krieg der wahre Lebensatem dieser kämpfenden Firmen ist, dass sie jetzt in unserer Zeit nahezu alle politische Macht in die Hände bekommen haben und dass sie sich in jedem Lande zusammenrotten, um ihre Regierungen hauptsächlich zur Erfüllung zweier Aufgaben zu veranlassen: die erste besteht darin, im Innern als starke Polizeimacht aufzutreten und den Kreis zu schließen, in dem die Starken die Schwachen niederschlagen; die zweite besteht darin, als eine piratenähnliche Leibwache nach außen zu wirken, als eine Granate, um die Türen zu sprengen, die zu den Märkten der Welt führen – so sollen um jeden Preis Märkte zuhause und im Ausland als unbeschränktes Privileg, fälschlich laissez-faire genannt, beschafft werden – das ist die einzige Aufgabe einer Regierung, wie unsere Großindustriellen sie aufzufassen imstande sind. Ich muss mich nun bemühen, Ihnen die Gründe von alledem darzulegen, indem ich die Frage zu beantworten suche: Wodurch haben die Gewinnmacher alle diese Macht erlangt oder wenigstens, wodurch vermögen sie diese aufrecht zu erhalten?
Dies führt uns auf die dritte Form des Handelskrieges: die letzte und zugleich diejenige, auf der alle übrigen beruhen. Wir haben zuerst von dem Kriege zwischen eifersüchtigen Nationen, dann von dem zwischen eifersüchtigen Firmen gesprochen: wir müssen jetzt von eifersüchtigen Menschen sprechen. Da die Nationen unter dem gegenwärtigen System genötigt sind, miteinander um die Märkte der Welt zu konkurrieren, und da die Firmen oder die Großindustriellen für ihren Gewinnanteil an den Märkten zu ringen haben, so haben auch die Arbeiter miteinander zu konkurrieren – um ihren Lebensunterhalt, und dieser beständige Wettbewerb oder Krieg zwischen ihnen ist es, der die Gewinnschlucker in den Stand setzt, ihre Gewinne einzuheimsen und mittels des so erworbenen Reichtums die ganze Staatsgewalt des Landes in ihre Hände zu bekommen. Hier liegt jedoch der Unterschied zwischen der Stellung der Arbeiter und der der Gewinnmacher: für die letzteren ist der Krieg unerlässlich; man kann ohne Konkurrenz zwischen Individuen, Körperschaften und Nationen keinen Gewinn erzielen: aber man kann für seinen Lebensunterhalt ohne Konkurrenz arbeiten; man kann sich vereinigen, anstatt zu konkurrieren.
Ich habe gesagt, dass Krieg der Lebensatem der Profitschinder ist, in demselben Sinne ist die Vereinigung das Lebenselement der Arbeiter. Die arbeitenden Klassen (das Proletariat) können als Klasse ohne eine Vereinigung irgendwelcher Art gar nicht bestehen. Die Notwendigkeit, welche die Gewinnschlucker zwang, ihre Leute zuerst in Manufakturen nach dem Prinzip der Arbeitsteilung  zu vereinigen, dann in großen Fabriken, die mit Maschinen arbeiten, zusammenzupferchen und sie so nach und nach in die großen Städte und die Mittelpunkte der Zivilisation zu ziehen, erzeugte eine besondere Arbeiterklasse oder ein Proletariat, und dies verschaffte ihr sozusagen ihre maschinelle Existenz. Es ist jedoch zu beachten, dass die Arbeiter sich in der Tat für die Warenproduktion zu sozialen Gruppen verbinden, bis jetzt allerdings nur äußerlich; sie wissen nicht, woran sie arbeiten, auch nicht, für wen sie tätig sind, denn man hat sie zu der Herstellung von Waren zusammengesteckt, bei denen der Gewinn des Fabrikbesitzers das Entscheidende ist, nicht zur Erzeugung von Gütern für ihren eigenen Gebrauch. Solange dies andauert und sie miteinander um die Erlaubnis, es zu tun, konkurrieren, so lange werden sie lediglich ein Bestandteil der konkurrierenden Firmen bleiben, von denen ich soeben gesprochen habe. Und sie werden auch das Bewusstsein davon nicht loswerden, sie werden in der Tat nichts anderes sein als ein Teil der Maschinen zur Erzielung eines Gewinnes. Solange dieser Zustand andauert, wird es das Bestreben der Besitzer oder Gewinnmacher sein, den Marktwert dieses menschlichen Teiles der Maschinen herabzudrücken; das heißt: da sie bereits die Arbeit Gestorbener in der Form von Kapital und Maschinen besitzen, so erfordert es ihr Interesse oder sagen wir die Zwangslage, in der sie sich befinden, so wenig wie möglich für die Arbeit der Lebenden zu bezahlen, die sie sich von Tag zu Tag verschaffen können. Und da die Arbeiter, die sie beschäftigen, nichts als ihre Arbeitskraft besitzen, sind sie genötigt, einander für Beschäftigung und Lohn zu unterbieten und so den Kapitalisten in den Stand zu setzen, sein Spiel immer weiter zu spielen.
Ich habe gesagt, dass wie die Dinge jetzt liegen, die Arbeiter ein Bestandteil der konkurrierenden Firmen, ein Anhang zu dem Kapital sind. Jedoch sind sie dies nur aus Zwang und kämpfen, selbst ohne sich dessen bewusst zu sein, gegen diesen Zwang und seine unmittelbaren Folgen, die Herabsetzung ihrer Löhne und ihrer Lebenshaltung. Dies tun sie und müssen es tun sowohl als Klasse wie als Individuen – genau wie der Sklave des römischen Großgrundbesitzers, obgleich er sich deutlich als zum Haushalt gehörig fühlte, doch als Mitglied der Sklavenschaft eine Kraft war, die im Stillen an der Vernichtung dieses Haushaltes arbeitete, und seinen Herrn bestahl, wo er es ungestraft tun konnte. So haben Sie hier, wie Sie sehen, eine andere Form des Krieges, die den Verhältnissen entspricht, unter denen wir jetzt leben. Den Krieg einer Klasse gegen die andere, der, wenn er seinen Höhepunkt erreicht, was gegenwärtig der Fall zu sein scheint, wird jene anderen Formen des Krieges, von denen wir gesprochen haben, beseitigen; die Stellung der Gewinnmacher und den beständigen Handelskrieg unhaltbar machen und das gegenwärtige System des Konkurrenzprinzips oder Handelskrieges abschaffen.
Nun beachten Sie, dass ich sagte, für die Existenz der Arbeiter sei der Zusammenschluss unerlässlich, nicht die Konkurrenz, während für die der Gewinnmacher der Zusammenschluss unmöglich, dagegen der Krieg unerlässlich ist. Die gegenwärtige Stellung der Arbeiter ist die einer Maschine für die Zwecke des Handels oder, deutlicher ausgedrückt, die eines Sklaven; verändern sie diese ihre Stellung und werden frei, so muss die Klasse der Gewinnmacher aufhören zu existieren, und wie wird dann die Stellung der Arbeiter sein? In Wirklichkeit sind sie der einzige notwendige Bestandteil der Gesellschaft, der lebensspendende Teil, die anderen Klassen sind nur Anhängsel, die von ihnen leben. Was würden sie aber bedeuten, was werden sie bedeuten, wenn sie mit einem Male zur Erkenntnis ihrer tatsächlichen Macht gelangen und aufhören, miteinander um den Lebensunterhalt zu konkurrieren? Ich will es Ihnen sagen: sie werden die Gesellschaft, die Gemeinschaft sein. Und wenn sie die Gesellschaft sind – d.h. wenn keine andere Klasse außer ihnen existiert, die sie bekämpfen müssten – , dann können sie ihre Arbeit in Übereinstimmung mit ihren eigenen Lebensbedürfnissen regeln.

Man spricht viel von Angebot und Nachfrage; Angebot und Nachfrage sind aber, im landläufigen Sinne genommen, künstlich erzeugt; sie befinden sich unter der Geißel des Spielermarktes; die Nachfrage wird, wie oben erwähnt, erzwungen, ehe noch das Angebot da ist; da ferner jeder Produzent gegen alle übrigen ankämpft, so können die Produzenten die Arbeit nicht einstellen, bevor der Markt überfüllt ist und die brotlos gewordenen Arbeiter hören, dass Überproduktion vorhanden ist, ein Überschuss an unverkäuflichen Gütern, während sie selbst an dem notwendigsten Mangel leiden, weil der Reichtum, den sie selbst geschaffen haben „schlecht verteilt“ ist, wie wir es nennen – das heißt, ihnen widerrechtlich weggenommen worden ist.
Wenn die Arbeiter die Gesellschaft sind, so werden sie ihre Arbeit regeln, so dass Angebot und Nachfrage von den wirklichen Bedürfnissen, nicht vom Glücksspiel abhängen; beide werden dann im richtigen Verhältnisse zueinander stehen, denn dieselbe Gesellschaft, die nachfragt, bietet auch an. Es wird keine künstliche Hungersnot mehr geben, keine Armut inmitten von Überproduktion, inmitten eines zu großen Vorrates gerade an den Dingen, die die Armut beseitigen und in Wohlstand verwandeln würden. Kurz, es wird keine Vergeudung mehr geben und deswegen auch keine Tyrannei.
Nun wohl, was der Sozialismus Ihnen an Stelle dieser künstlichen Hungersnöte mit ihrer so genannten Überproduktion bietet, ist, ich wiederhole es, die Regelung der Märkte; Angebot und Nachfrage im richtigen Verhältnis zueinander, kein Glücksspiel und infolgedessen (ich wiederhole es) keine Vergeudung; keine Überanstrengung und Beschwernisse für den Arbeiter in dem einen Monat und im nächsten keine Arbeit und die Gefahr des Verhungerns, sondern jeden Monat beständige Arbeit und reichliche Muße, keine billigen Marktwaren, das heißt verfälschte Waren, mit kaum einem inneren Wert, bloße Gerüstpfähle, um das Gebäude des Gewinns darauf zu errichten. Keine Arbeit würde auf derlei Dinge verwandt werden, die die Menschen nicht mehr begehren würden, wenn sie aufhörten, Sklaven zu sein. Nicht der Erzeugung jener Güter, sondern solcher, die die wahren Bedürfnisse der Konsumenten auf das Vollkommenste befriedigen, würde sich die Arbeit zuwenden; denn wenn der Gewinn beseitigt ist, können die Leute bekommen, was sie wünschen, anstatt dessen, was die Gewinnjäger im In- und Ausland sie zu nehmen zwingen.
Denn was ich Ihnen klarzumachen wünsche, ist folgendes: dass in jedem zivilisierten Lande für alle übergenug vorhanden ist oder in gewissem Grade doch wenigstens sein könnte. Selbst bei der so fehlgeleiteten Arbeit, wie sie es gegenwärtig ist, würde eine gleichmäßige Verteilung der Güter allen Menschen ein verhältnismäßig behagliches Leben sichern; dies ist aber nichts gegen die Fülle der Güter, die wir besitzen würden, wenn die Arbeit richtig geleitet würde.
Es ist wohl zu beachten, dass in den frühesten Zeiten der Geschichte der Mensch der Sklave seiner unmittelbaren Bedürfnisse war. Die Natur war mächtig und er schwach, er hatte mit ihr einen beständigen Krieg um seine tägliche Nahrung und ein Obdach, wie er es gerade erhalten konnte, zu führen. Sein Leben war durch diesen beständigen Kampf niedergedrückt und auf das Nächstliegende beschränkt; seine ganze Sittlichkeit, seine Gesetze, seine Religion richten sich in der Tat nur auf sein Auskommen und das Nachdenken über diese unaufhörliche Mühsal, seinen Unterhalt zu sichern. Die Zeit verging, und nach und nach, Schritt um Schritt wurde er stärker, bis er jetzt nach Ablauf all dieser undenklichen Zeit die Natur beinahe vollständig unterjocht hat, um, könnte man glauben, jetzt Muße zu haben, seine Gedanken auf etwas Höheres zu richten als die Beschaffung des Mittagessens für morgen. Aber ach, sein Fortschritt ist gehemmt und unterbrochen worden, und obgleich er in der Tat die Natur bezwungen hat und ihre Kräfte meistern kann, um mit ihnen nach Belieben zu schalten, hat er sich noch selbst zu bezwingen, noch darüber nachzudenken, wie er die Kräfte, die er sich unterworfen hat, am besten verwenden kann. Gegenwärtig benutzt er sie blindlings, töricht, wie getrieben von der bloßen Schicksalsgewalt. Es scheint beinahe, als ob das Gespenst der unablässigen Sorge um die tägliche Nahrung, das einst den Wilden beherrschte, noch jetzt den zivilisierten Menschen verfolgte; er müht sich gleichsam in einem Traum ab, beunruhigt von unklaren, täuschenden Hoffnungen, die ihre Entstehung verschwommenen Erinnerungen an vergangene Tage verdanken. Aus diesem Traum muss er erwachen und die Dinge so sehen, wie sie tatsächlich sind. Die Unterwerfung der Natur ist vollendet, dürfen wir wohl sagen, und nun ist unsere Aufgabe und ist es schon längst gewesen, den Menschen zu organisieren, der die Naturkräfte lenkt. Auch werden wir uns, ehe dies wenigstens versucht worden ist, nicht einmal von jenem furchtbaren Gespenst des Hungertodes befreien können, das in Verbindung mit seinem schlimmen Bruder, dem Streben nach Herrschaft, uns zur Ungerechtigkeit, Grausamkeit und Feigheit in all ihren Spielarten antreibt. Die Furcht vor unseren Mitmenschen abzulegen und uns ihnen zuzugesellen, die Konkurrenz zu beseitigen und das Zusammenwirken zu begründen – das ist das einzige, was wir tun müssen.

Wir wollen jetzt etwas näher auf Einzelheiten eingehen. Sie wissen wahrscheinlich, dass jedermann in einem Kulturstaat sozusagen mehr wert ist als seine Haut; gemeinsam arbeitend, wie er arbeiten muss, kann er mehr produzieren, als er braucht um sich selbst am Leben und bei Kräften zu erhalten; dies hat viele Jahrhunderte lang gedauert, tatsächlich von der Zeit an, wo kriegführende Stämme ihre gefangenen Feinde zu Sklaven machten, anstatt sie zu töten; und natürlich ist seine Fähigkeit, diesen Überschuss herzustellen, immer größer geworden, bis heutzutage ein Mann z.B. soviel Tuch in einer Woche weben kann, um ein ganzes Dorf jahrelang zu kleiden, und die wahre Kulturfrage ist immer die gewesen: was haben wir mit dieser überschießenden Arbeitsleistung anzufangen – eine Frage, die das Gespenst der Furcht vor dem Hungertod, und seine Genossin, die Herrschsucht, die Menschen stets angetrieben hat, sehr schlecht beantworten; am allerschlechtesten vielleicht in unseren Tagen, in denen die überschießende Leistung mit so wunderbarer Schnelligkeit angewachsen ist. Die praktische Antwort ist immer für den Menschen der Kampf mit seinem Genossen um den Privatbesitz ihm nicht zukommender Anteile an diesen überschießenden Leistungen gewesen; List und Betrug aller Art wurde von denen, die sich im Besitze der Macht wussten, angewandt, diesen Tribut von anderen einzuziehen, um die Beraubten in dauernder Unterwerfung zu halten, und diese letzteren hatten, wie ich schon angedeutet habe, keine Aussicht auf Widerstand gegen diese Ausbeutung, solange sie gering an Zahl und ohne Zusammenhang waren, und ihre gemeinsame Unterdrückung kam ihnen daher wenig zum Bewusstsein. Jetzt aber, wo die Menschen gerade infolge der Gier nach diesen ungerechtfertigten Anteilen oder dem überschießenden Ertrag der Produktion mehr voneinander abhängig geworden und gezwungen sind, wie ich vorher erwähnte, sich zu diesem Zwecke enger zu vereinigen, hat sich die Macht der Arbeiter, das heißt der geplünderten und ausgeraubten Klasse, ungemein gesteigert und nur das bleibt noch für sie zu wünschen übrig, dass sie wissen: sie haben diese Macht. Tun sie dies, so werden sie imstande sein, die richtige Antwort auf die Frage zu geben, was mit den Mehrerzeugnissen der Arbeit über das hinaus, was den Arbeiter zur Arbeit tauglich erhält, geschehen soll; diese Antwort lautet, dass der Arbeiter all das bekommen soll, was er herstellt und überhaupt nicht mehr ausgebeutet wird. Erinnern Sie sich ferner, dass er in Gemeinschaft mit anderen schafft und deswegen die Arbeit auch leisten wird, die nach dem Maß seiner Fähigkeit von ihm verlangt wird. Von dem Ergebnis seiner Arbeit wird er das erhalten, was er nötig hat, denn, wie Sie sehen, kann er gar nicht mehr verwenden, als was er nötig hat – er kann es höchstens vergeuden.
Wenn Ihnen diese Ordnung der Dinge übertrieben ideal vorkommt, wie es wohl der Fall sein mag, wenn Sie auf unsere gegenwärtigen Verhältnisse blicken, so muss ich in Ergänzung des Gesagten darauf verweisen, dass, wenn die Menschen so organisiert sind, dass ihre Arbeit nicht vergeudet wird, sie von der Furcht vor dem Verhungern und der Gier nach Herrschaft erlöst werden und freie Muße haben, sich umzublicken und zu sehen, was sie in Wahrheit bedürfen.
Ich will jetzt etwas von dem, was ich persönlich für richtig halte, darlegen und Ihnen meine Gedanken darüber mitteilen, damit Sie sie mit den Ihrigen vergleichen können, wobei ich Sie stets ersuche, sich zu erinnern, dass die Verschiedenheiten in den Fähigkeiten und Wünschen der Menschen (wenn das allen gemeinsame Bedürfnis nach Nahrung und Obdach befriedigt ist) es leichter machen werden, ihre Wünsche in einem kommunistischen Gemeinwesen zu erfüllen.

Welches sind nun meine Bedürfnisse, die mir die Verhältnisse um mich her, meine Beziehungen zu meinen Mitmenschen, gewähren können – abgesehen von den unvermeidlichen Zufällen, die auch durch Zusammenwirken und Voraussicht nicht geregelt werden können, wenn es solche gibt?
Nun, zuerst vor allem wünsche ich mir gute Gesundheit, und ich behaupte, dass ein großer Teil der Bewohner eines zivilisierten Landes kaum weiß, was das heißt. Das bloße Leben als Genuss zu empfinden, mich an der Bewegung meiner Glieder und der Betätigung meiner körperlichen Kräfte zu erfreuen, mit Sonne, Wind und Regen gleichsam zu spielen, an der Befriedigung der natürlichen sinnlichen Triebe eines menschlichen Wesens ohne Furcht vor Erniedrigung oder ein Gefühl des Unrechttuns Gefallen zu finden: ja, und außerdem einen kräftigen schlanken Wuchs, gerade Glieder, einen starken Körper, ein ausdrucksvolles Gesicht zu besitzen – mit einem Worte schön zu sein – das ist es, was ich ebenfalls verlange. Wenn uns dieser Wunsch nicht befriedigt wird, so sind wir in jeder Hinsicht nur armselige Geschöpfe; und ich behaupte dies in offenem Widerspruch zu jenen schrecklichen Lehren der Askese, die, erzeugt von der Verzweiflung der Unterdrückten und Erniedrigten, so lange Zeit hindurch als Werkzeuge zur Aufrechterhaltung dieser Unterdrückung und Erniedrigung gedient haben.
Und ich glaube, dass dieses Verlangen nach einem gesunden Körper für uns alle zwei weitere Forderungen in sich schließt: denn wer weiß, wo die Keime der Krankheiten, an denen selbst die Reichen leiden, zuerst ausgestreut worden sind: vielleicht infolge des Wohllebens eines Vorfahren, aber oft, vermute ich, infolge seiner Armut. Und in Betreff des Armen hat ein berühmter Arzt gesagt: der Arme leidet stets an einer Krankheit – dem Hunger, und wenigstens weiß ich, dass, wenn jemand bis zu einem gewissen Grade überarbeitet ist, er sich jener Art Gesundheit nicht erfreuen kann, von der ich spreche; ebensowenig kann er es, wenn er beständig an einen dumpfen Kreislauf mechanischer Arbeit gefesselt ist, ohne Hoffnung, dass dieser jemals ein Ende nehme; auch nicht, wenn er in beständiger, drückenden Sorge um seinen Unterhalt dahinlebt, wenn er eine schlechte Wohnung hat, wenn er aller Freude an der natürlichen Schönheit der Welt beraubt ist, oder wenn er das Vergnügen entbehren muss, um von Zeit zu Zeit seine Lebensgeister aufzufrischen: all dieses, das mehr oder weniger unmittelbar sein körperliches Befinden berührt, ist eine Folge der Forderung nach vollkommener Gesundheit, die ich erhebe; allerdings glaube ich, dass diese günstigen Verhältnisse mehrere Generationen hindurch in Kraft gewesen sein müssen, bevor die Bevölkerung im allgemeinen wahrhaft gesund ist, so wie ich es eben angedeutet habe; aber ebenso zweifle ich nicht daran, dass sie im Laufe der Zeiten im Verein mit anderen Bedingungen, von denen ich später sprechen werde, nach und nach eine solche Bevölkerung erzeugen werden, die sich wenigstens ihres physischen Daseins freut, infolgedessen glücklich und entsprechend des Typs ihrer Rasse schön ist. Hierbei möchte ich erwähnen, dass die tatsächlichen Verschiedenheiten der Menschenrassen eine Folge der Bedingungen sind, unter denen sie leben, und obgleich wir in diesen raueren Himmelsstrichen einige der klimatischen und landschaftlichen Vorteile entbehren müssen, so können wir doch, wenn wir für unseren Lebensbedarf und nicht für den Gewinn arbeiten, leicht viele dieser Nachteile unseres Klimas ausgleichen, wenigstens soweit, um die volle Entwicklung unserer Rasse zu ermöglichen.

Das nächste, was ich fordere, ist Erziehung. Und Sie dürfen nicht sagen, dass schon jetzt jedes englische Kind erzogen wird; diese Art Erziehung würde nicht meiner Forderung entsprechen, trotzdem ich gern zugebe, dass es etwas ist: etwas und doch nach allem nur eine Klassenerziehung. Was ich verlange, ist eine freie Erziehung, das heißt die Gelegenheit, meinen Anteil an dem gesamten geschichtlichen oder positiven Wissen der Welt nach Maßgabe meiner Fähigkeit oder Geistesrichtung, zu erhalten, und ebenso meinen Anteil an der Handfertigkeit, die in der Welt verbreitet ist, sei es in gewerblicher Tätigkeit oder in den schönen Künsten, Malerei, Plastik, Musik, Schauspielkunst, zu erhalten: ich verlange, mehr als ein Handwerk zu erlernen, wenn ich es erlernen kann, um es zum Nutzen der Gesamtheit auszuüben. Sie werden dies für eine weitgehende Forderung halten, ich bin jedoch überzeugt, dass sie nicht zu weitgehend ist, wenn die Gesamtheit einen Vorteil von meinen besonderen Fähigkeiten haben soll, wenn wir nicht alle auf das niedrige Niveau der Mittelmäßigkeit herabgedrückt werden wollen, wir alle, mit Ausnahme der Allerstärksten und Allerbegabtesten.
Ich weiß aber auch, dass dieses Verlangen nach Erziehung ein anderes nach öffentlichen Erleichterungen in Gestalt von öffentlichen Bibliotheken, Schulen und dergleichen nach sich zieht, wie sie keinem Einzelnen, selbst nicht dem Reichsten, zur Verfügung stehen; ich erhebe diese Forderungen jedoch mit völligem Vertrauen, da ich überzeugt bin, dass kein vernünftig geordnetes Gemeinwesen solche Hilfsmittel für ein menschenwürdiges Leben entbehren kann.
Ferner enthält das Verlangen nach Erziehung die Forderung einer reichlichen Muße, die ich wiederum in vollem Vertrauen erhebe; denn wenn wir einmal die Sklaverei des Gewinnes abgeschüttelt haben, wird die Arbeit unter so völligem Ausschluss jeder Vergeudung organisiert werden, dass keinem einzelnen Bürger eine schwere Last auferlegt werden würde; jeder einzelne von ihnen würde natürlich seinen Zoll in Gestalt einer anerkannt nützlichen Arbeit zu entrichten haben. Gegenwärtig, müssen Sie bedenken, dienen all die bewunderungswürdigen Maschinen, die wir erfunden haben, nur zur Vermehrung des Vorrats an gewinnbringenden Waren, mit anderen Worten zur Vermehrung des Gewinnbetrages, den Einzelne zu ihrer eigenen Bereicherung einstecken; teils benutzen sie diesen wiederum als Kapital zur Erzielung weiteren Gewinnes, der ebenfalls mit derselben Vergeudung verknüpft ist, teils als Privatreichtümer oder Mittel zu einem luxuriösen Leben, das wiederum bloße Vergeudung ist, und in der Tat als eine Art Feuerwerk betrachtet werden muss, mittels dessen die Reichen den Arbeitsertrag verbrauchen, den sie den Arbeitern über das hinaus, was sie zu ihrem eigenen Bedarfe verwenden, aus der Tasche gezogen haben. So sage ich, dass trotz unserer Erfindungen kein Arbeiter unter dem gegenwärtigen System dank den sogenannten arbeitssparenden Maschinen auch nur eine Stunde weniger arbeitet. Unter glücklicheren Verhältnissen würden sie dagegen lediglich zur Arbeitsersparnis benutzt werden, woraus sich ein riesiger Gewinn an Freizeit ergeben würde, der der Gesamtheit zugute käme zusammen mit dem Betrage, der durch den Wegfall der Vergeudung, durch nutzlosen Luxus und die Abschaffung der Dienstpflicht für den Handelskrieg erzielt würde.
Und ich kann sagen, dass ich durch diese Muße in keinem Falle jemand zu schädigen vermag, sondern im Gegenteil der Gesamtheit oft manchen unmittelbaren Vorteil verschaffen kann, indem ich mich Künsten oder Beschäftigungen für Hand und Geist zuwende, die vielen meiner Mitbürger Freude bereiten; mit anderen Worten, ein großer Teil der vorzüglichsten Leistungen würde in der Zeit der Muße von Menschen hervorgebracht werden, die von jeder Sorge um ihren Lebensunterhalt befreit und bestrebt sind, ihre besondere Begabung auszubilden, wie es bei allen Menschen, ja bei allen Lebewesen der Fall ist.
Nun würde mich ferner diese Muße in den Stand setzen, mir selbst einen Genuss zu verschaffen und durch Reisen meine Kenntnisse zu erweitern, wenn ich Lust dazu habe. Sagen wir z.B. ich bin Schuhmacher: bestünde eine richtige soziale Ordnung, so folgte daraus keineswegs, dass ich verpflichtet bin, immer an ein und demselben Orte Schuhe zu machen; eine leicht denkbare Einrichtung von entsprechenden Vereinbarungen würde es mir ermöglichen, sagen wir drei Monate lang in Rom Schuhe zu machen und mit neuen Ideen über die Herstellung, die ich aus der Besichtigung der Arbeiten früherer Zeiten geschöpft hätte, heim nach London zu kommen, wo diese Erfahrungen nebst anderen Dingen vielleicht von Nutzen sein könnten.

Damit jedoch meine Muße nicht in Trägheit und Ziellosigkeit ausarte, muss ich den Anspruch auf angemessene Arbeit erheben. Nichts ist meiner Ansicht nach wichtiger als diese Forderung, und ich muss Sie bitten, mir einige Worte darüber zu gestatten. Ich habe erwähnt, dass ich wahrscheinlich meine Muße darauf verwenden würde, ein Gutteil von dem zu verrichten, was man jetzt Arbeit nennt; es ist jedoch klar, dass, wenn ich Mitglied eines sozialistischen Gemeinwesens bin, ich den auf mich entfallenden Teil von härterer Arbeit verrichten muss, das heißt den auf mich entfallenden Teil der Arbeit, zu der mich meine Anlagen befähigen; ich brauche mich zwar nicht auf ein Prokrustesbett strecken zu lassen; aber selbst jener Anteil an der für die Existenz des einfachsten sozialen Lebens notwendigen Arbeit muss in erster Linie, worin er auch bestehe, vernunftgemäße Arbeit sein, das heißt, eine Arbeit, deren Notwendigkeit ein guter Bürger einsehen kann; als ein Mitglied des Gemeinwesens muss ich meine Zustimmung dazu geben.
Um zwei in die Augen springende Beispiele vom Gegenteil anzuführen, erwähne ich, dass ich mich nie dazu verstehen würde, mich in die rote Uniform stecken zu lassen und gegen meinen französischen, deutschen oder arabischen Freund zu marschieren, um auf ihn in einem Kampfe zu schießen, dessen Grund ich nicht kenne; ich würde mich eher empören als dies tun.
Auch würde ich mich nicht dazu hergeben, meine Zeit und Kraft auf die Herstellung einer kindischen Spielerei zu verwenden, von der ich weiß, dass nur ein Narr sie verlangen kann. Ich würde mich eher empören als dies tun.
Indessen können Sie überzeugt sein, dass ich bei dem Bestehen einer sozialen Ordnung nicht nötig haben werde, mich gegen solche unvernünftige Forderungen zu empören: ich musste nur von der Art, wie wir leben ausgehen, um sie mit der zu vergleichen, wie wir leben könnten.
Ist ferner die notwendige vernunftgemäße Arbeit von mechanischer Art, so kann ich mir dabei von einer Maschine helfen lassen, nicht um meine Arbeit zu verbilligen, sondern damit möglichst wenig Zeit darauf zu verwenden ist und damit ich an andere Dinge zu denken vermag, während ich die Maschine leite. Und ist die Arbeit ganz ausnahmsweise schwer oder erschöpfend, so werden Sie sicher mit mir darin übereinstimmen, dass ich mit anderen Arbeitern darin abwechsle; ich glaube, es darf  z.B. von mir nicht erwartet werden, dass ich stets meine Arbeitsstunden in der Tiefe eines Kohlebergwerks zubringe. Ich glaube, Arbeit wie diese müsste in vollem Maße freiwillige Arbeit sein und, wie gesagt, abwechselnd getan werden. Und was ich von sehr schwerer Arbeit sage, gilt auch von schmutziger Arbeit. Andererseits würde ich sehr gering von der Entschlossenheit eines starken und gesunden Mannes denken, dem die Verrichtung schwerer Arbeit nicht Vergnügen machte, wobei ich immer annehme, dass er unter den genannten Bedingungen arbeitet, nämlich, dass er das Bewusstsein hat, seine Arbeit sei nützlich (und folglich ehrenvoll), sie sei nicht von hoffnungsloser Dauer und er verrichte sie in der Tat aus freiem Antriebe.
Die letzte Forderung, die ich für meine Arbeit erhebe, ist die, dass die Räume, in denen ich arbeite, die Fabriken oder Werkstätten, angenehm sind, genau wie die Felder, auf denen unsere notwendigste Arbeit verrichtet wird, angenehm sind. Glauben Sie mir, es gibt nichts in der Welt, was dieser Forderung entgegensteht, außer der Notwendigkeit, aus allen Waren Gewinn zu ziehen; mit anderen Worten, die Waren werden auf Kosten der Leute verbilligt, die gezwungen sind, in engen, ungesunden, schmutzigen, von Lärm erfüllten Höhlen zu arbeiten, das heißt, sie werden auf Kosten des Lebens der Arbeiter verbilligt.

Nun, so viel über meine Forderungen hinsichtlich meiner notwendigen Arbeit, meines Tributs an das Gemeinwesen. Ich glaube, die Menschen werden in demselben Maße, wie sie in ihrer Fähigkeit fortschreiten, nach den Grundsätzen der sozialen Ordnung zu leben, einsehen, dass ein solches Leben viel weniger Aufwand erfordert als wir es uns jetzt vorstellen können, und dass nach kurzer Zeit die Menschen sich eher bemühen werden, Arbeit aufzusuchen als sie zu umgehen; dass unsere Arbeitsstunden eher fröhliche Zusammenkünfte von Männern und Frauen sein würden, bei denen sich junge und alte Menschen an ihrer Arbeit ergötzen, als die dumpfe Plage, die sie jetzt meistens sind. Dann würde die Zeit für die Wiedergeburt der Kunst kommen, von der so viel gesprochen worden ist und die so lange hat auf sich warten lassen; unausbleiblich würden die Menschen ihre Lust und Freude an ihrer Arbeit zeigen und würden sie stets in einer greifbaren und mehr oder weniger dauerhaften Form auszudrücken wünschen; dann würde die Werkstatt nochmals eine Schule der Kunst sein, deren Einfluss sich niemand entziehen könnte.
Und dieses Wort Kunst führt mich weiter auf meine letzte Forderung, die darin besteht, dass die Umgebungen, in denen sich mein Leben abspielt, anmutig, edel und schön sein sollen. Zwar weiß ich, dass dies eine weitgehende Forderung ist, aber das will ich sagen: wenn sie nicht befriedigt wird, wenn nicht jedes zivilisierte Gemeinwesen solche Umgebungen für jedes seiner Mitglieder schaffen kann, ich nicht wünsche, dass die Welt fortbesteht. Es ist ein wahres Elend, in dem der Mensch bisher gelebt hat. Ich halte dies unter den jetzigen Umständen für unmöglich, diesen Punkt überzubetonen. Ich bin überzeugt, die Zeit wird kommen, wo man es kaum für glaubbar halten wird, dass eine reiche Gemeinschaft wie die unsere, die eine solche Herrschaft über die äußere Natur ausübt, sich dazu herabgelassen hat, ein so erbärmliches, armseliges, schmutziges Leben zu führen, wie wir es tun.
Und ein für allemal, es gibt nichts was uns dazu zwingt als die Jagd nach dem Profit. Es ist der Profit, welcher die Menschen  in riesige, ungefüge Ansammlungen, Städte genannt, zwingt; es ist der Profit, welcher sie in Quartieren ohne Gärten und offene Plätze zusammenpfercht; es ist der Profit, der nicht die geringsten Vorkehrungen gegen das Einhüllen einer ganzen Gegend in eine Wolke von Schwefeldampf trifft, der anmutige Flüsse in schmutzige Kloaken verwandelt, der alle mit Ausnahme der Reichen verurteilt, im besten Falle in Häusern zu wohnen, die zum Erschrecken eng und beschränkt sind, und im schlimmsten Falle in Häusern, für deren Erbärmlichkeit die Worte fehlen.
Ich sage, es ist beinahe unglaublich, dass wir einen so offenkundigen Wahnsinn dulden; auch würden wir es nicht tun, wenn wir Abhilfe schaffen könnten. Wir würden ihn nicht dulden, wenn man es den Arbeitern ausreden könnte, dass sie nur ein Anhängsel der Gewinnmacherei sein können; dass, je höher der Gewinn steigt, sie um so mehr Beschäftigung gegen hohen Lohn erhalten, und dass deswegen all die unglaubliche Schmutzigkeit, Unordnung und Herabwürdigung, die die moderne Kultur mit sich bringt, Vorzeichen ihres Wohlstandes sind. Weit entfernt davon, sind sie vielmehr Anzeichen ihrer Sklaverei. Wenn sie nicht mehr Sklaven sind, werden sie es als selbstverständlich beanspruchen, dass jeder Einzelne und jede Familie eine behaglich eingerichtete Wohnung besitze, dass jedes Kind in einem Garten an dem von seinen Eltern bewohnten Hause spielen könne, dass die Gebäude vermöge ihrer in die Augen fallenden Schmuckheit und Sauberkeit eine Zierde, keine Verunstaltung der Natur sein sollen, denn die erwähnte Schmuckheit und Sauberkeit würden, wenn sie ihren Höhepunkt erreichten, ganz sicher zu architektonischer Schönheit führen. All dies würde natürlich voraussetzen, dass das Volk – das heißt die ganze Gesellschaft – entsprechend organisiert ist, dass es in seinen Händen alle Produktionsmittel habe, die nicht das Eigentum eines Einzelnen wären, sondern von allen benutzt würden, je nachdem es sich träfe, und dass nur unter diesen Bedingungen gearbeitet werden könnte; unter jeder anderen Voraussetzung würden die Menschen veranlasst werden, persönliches Privateigentum anzusammeln und dadurch, wie wir gesehen haben, die Güter der Gesamtheit vergeuden und die Klasseneinteilung verewigen, die gleichbedeutend ist mit beständigem Krieg und beständiger Verwüstung.
Bis zu welchem Grade es für die Menschen bei einer sozialer Ordnung erforderlich oder wünschenswert sein könnte, in Gemeinschaft zu leben, können wir ganz gut nach unserer Neigung zum geselligen Leben entscheiden. Ich für meinen Teil kann nicht sehen, warum wir es für eine Härte halten sollten, wenn wir mit den Leuten zusammen speisten, mit denen wir zusammen arbeiten; ich bin überzeugt, dass wir es in Bezug auf so viele Dinge, wie wertvolle Bücher, Gemälde und prächtige Ausstattung der Räume für angebrachter halten werden, unsere Mittel zusammenzuwerfen. Oft, wenn ich mich über die Lächerlichkeit der blödsinnigen Kaninchenställe, die sich die reichen Leute in Bayswater und sonst wo gebaut haben, krank geärgert habe tröste ich mich mit Visionen der vornehmen Versammlungshalle der Zukunft, die das reichste Material aufweist, durch würdiges Ornament großzügig wirkt und belebt ist mit den in der vorzüglichsten Kunstweise, über die ein freies und kräftiges Volk verfügt, verkörperten Gedanken der Gegenwart und Vergangenheit. Ein Aufenthaltsort für Menschen, dem kein Privatunternehmen an Schönheit und Brauchbarkeit nahekommen würde, da nur gemeinschaftliches Denken und Leben die Vorstellungskraft nähren können, die seine Schönheit hervorzubringen vermag, oder über die Kunstfertigkeit und Muße verfügen kann, die zu ihrer Ausführung erforderlich sind. Ich für meinen Teil würde es für das Gegenteil einer Unbequemlichkeit halten, wenn ich an einem solchen Orte meine Bücher zu lesen und meine Freunde zu treffen hätte; auch glaube ich nicht, dass es sich besser in einem geschmacklosen, stuckverzierten Hause lebt, das mit Möbeln, die ich verabscheue, vollgestopft ist und in jeder Hinsicht den Geist schwächt und den Körper verweichlicht, nur weil ich es mein Eigentum oder mein Haus nenne.
Es ist ein bekannter Ausspruch, den ich aber hier anführe, dass mein Heim dort ist, wo ich mit den Leuten zusammentreffe, in deren Gesellschaft ich mich wohl fühle, die ich liebe.
Dies ist meine Ansicht, die eines Mannes aus dem Mittelstande. Ob ein Mann aus der arbeitenden Klasse seinen Familienbesitz jenes elenden kleinen Zimmers für erstrebenswerter hält als seinen Anteil an dem Palast, von dem ich gesprochen habe, muss ich seiner Entscheidung oder den Einbildungen des Mittelstandes überlassen, die vielleicht manchmal die Tatsache begreifen, dass der genannte Arbeiter in Hinsicht auf Platz und Wohnungseinrichtung beschränkt ist – z.B. an Waschtagen.
Bevor ich dieses Thema der Lebensumgebungen verlasse, möchte ich einen möglichen Einwurf beantworten. Ich habe von Maschinen gesprochen, die nach Belieben zur Befreiung der Bevölkerung von dem mehr mechanischen und widerwärtigen Teile der erforderlichen Arbeit dienen; ich weiß nun, dass manchen gebildeten Leuten, Leuten von künstlerischer Geisteshaltung, Maschinen in hohem Grade zuwider sind, und sie werden geneigt sein, Ihnen zu sagen, dass es niemals gelingen wird, Ihre Umgebung anmutig zu gestalten, solange Sie von Maschinen umgeben sind. Ich stimme dem nicht völlig zu; es ist der Umstand, dass man den Maschinen gestattet, unsere Herren anstatt unsere Diener zu sein, der heutzutage der Schönheit des Lebens so ins Gesicht schlägt. Mit anderen Worten, es ist das Anzeichen des furchtbaren Verbrechens, das wir unbewusst begehen, des Missbrauchs unserer Herrschaft über die Naturkräfte zum Zwecke der Versklavung von Menschen, dass wir uns meistenteils nicht darum kümmern, wieviel Glück wir ihrem Leben rauben.
Doch zum Trost für die Künstler will ich erklären, dass ich in der Tat glaube, ein Zustand der sozialen Ordnung würde wahrscheinlich zunächst zu einer großen Entwicklung des Maschinenwesens für wirklich nützliche Zwecke führen, weil die Menschen noch in Sorge sein werden, wie sie die zum Zusammenhalt der Gesellschaft erforderliche Arbeit bewältigen sollten; nach einiger Zeit aber werden sie finden, dass nicht soviel Arbeit zu tun ist, wie sie erwartet hatten, und dass sie daher Muße haben, die ganze Frage nochmals zu erwägen; und wenn es ihnen scheint, dass eine bestimmte Industrie mit mehr Vergnügen für den Arbeiter und mit mehr Leistungsfähigkeit in Betreff der Erzeugnisse besser durch Hand- als durch Maschinenarbeit betrieben werde, so werden sie sicher ihre Maschinen aufgeben, weil dies für sie dann möglich sein wird. Jetzt ist es unmöglich, es steht nicht in unserem Belieben, so zu handeln; wir sind Sklaven der Ungeheuer, die wir geschaffen haben. Und ich hege gewissermaßen die Hoffnung, dass gerade die Vollkommenheit der Maschinen in einer Gesellschaft, deren Zweck nicht die Vermehrung der Arbeit ist, wie jetzt, sondern die Führung eines genussreichen Lebens, wie dies unter der sozialen Ordnung der Fall sein wird; dass die Vollkommenheit der Maschinen, sage ich, zur Vereinfachung des Lebens und so wiederum zur Beschränkung der Maschinen führen wird.

Nun, ich will jetzt meine Forderungen, wie ich sie für ein menschenwürdiges Dasein aufgestellt habe, auf sich beruhen lassen. Kurz zusammengefasst lauten sie: erstens ein gesunder Körper, zweitens ein reger Geist mit Interesse an der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, drittens Beschäftigung, die für einen gesunden Körper und lebhaften Geist passt, und viertens eine schöne Welt als Aufenthalt.
Dies sind die Lebensbedingungen, die gebildete Menschen aller Zeiten als das erstrebenswerteste Ziel von allen betrachtet haben. Oft ist der Mensch in ihrer Verfolgung so ermattet, dass er seine Blicke sehnsuchtsvoll auf die Tage vor der Zivilisation gerichtet hat, als die einzige Beschäftigung darin bestand, seine Nahrung von Tag zu Tag zu suchen. Die Hoffnung in ihm schlummerte ein oder er verfügte über kein Ausdrucksmittel für sie.
Wenn in der Tat die Zivilisation (wie viele glauben) die Verwirklichung der Hoffnung auf Erreichung eines solchen Zustandes der Dinge verhindert, dann hindert die Zivilisation den Menschen, glücklich zu sein, und wenn das der Fall ist, dann lasst uns alle Fortschrittsbestrebungen aufgeben – ja alle Empfindungen gegenseitigen Wohlwollens und gegenseitiger Liebe unter den Menschen – und lasst jeden Einzelnen von uns erschnappen, was er von den angehäuften Gütern, die Narren für Schurken herstellen um davon dick und fett zu werden, erschnappen kann, oder noch besser, lasst uns sobald wie möglich als Männer sterben, da es uns verwehrt ist, als Menschen zu leben.
Fassen Sie aber trotzdem Mut und Vertrauen, dass wir, die wir in der Gegenwart leben, trotz all ihrer Qual und Unordnung, mit einer wunderbar reichen Erbschaft geboren sind, die aus dem Werk vergangener Geschlechter beruht,  und dass der Tag der Organisation der Menschheit heraufdämmert. Nicht wir sind es, die die neue soziale Ordnung ausrichten werden, die Vergangenheit hat das meiste davon für uns geleistet; aber wir können unseren Blick für die Zeichen der Zeit schärfen, und wir werden dann sehen, dass die Erreichung eines befriedigenden Daseins für uns möglich ist und dass wir jetzt nur noch die Hand auszustrecken brauchen, um es zu erringen.
Und wie können wir dazu gelangen? Hauptsächlich, denke ich, durch Erziehung des Volkes zum Bewusstsein seiner wahren Menschenwürde, so dass es imstande ist, die politische Macht, die ihm reißend rasch zuwächst, zu seinem eigenen Besten zu verwenden, damit es zu erkennen vermag, dass das alte System der Organisation der Arbeit zugunsten Einzelner unhaltbar wird und dass das gesamte Volk nun zu wählen hat zwischen der Verwirrung, die aus dem Zusammenbruch dieses Systems erwächst, und dem Entschlusse, die jetzt für den Profit organisierte Arbeit in die Hand zu nehmen und ihre Organisation für den Unterhalt der Gesamtheit zu verwenden; dem Volke klarzumachen, dass die auf ihren persönlichen Gewinn bedachten Unternehmer nicht eine notwendige Voraussetzung für die Arbeit, sondern ein Hemmnis sind, und zwar nicht nur oder hauptsächlich, weil sie die beständigen Kostgänger der Arbeit sind, wie es in der Tat der Fall ist, sondern vielmehr wegen der Vergeudung, die ihre Klassenexistenz notwendig mit sich bringt. All dies haben wir dem Volke klarzumachen, nachdem wir es uns selbst klargemacht haben, und ich gebe zu, dass diese Arbeit viel Zeit und Mühe in Anspruch nehmen wird. Wie ich zu Beginn sagte, ist die Bevölkerung durch die Furcht vor dem Verhungern mit solcher Abneigung gegen eine Veränderung erfüllt worden, dass selbst die Unglücklichsten gleichgültig und schwer zu überreden sind. So schwer aber auch die Arbeit ist, der Erfolg ist nicht zweifelhaft. Die bloße Tatsache, dass eine Schar von Menschen, mag sie auch noch so klein sein, sich als sozialistische Apostel zusammengetan hat, beweist, dass der Umschwung naht. Wenn die arbeitenden Klassen, dieser wahrhaft organische Teil der Gesellschaft, diese Ideen in sich aufnehmen, wird die Hoffnung in ihnen erwachen, und sie werden Umgestaltungen in der Gesellschaft verlangen, von denen viele zweifellos nicht unmittelbar auf ihre Befreiung hinauslaufen, weil sie ohne die Erkenntnis der einzigen notwendigen Forderung, der Gleichheit der Bedingungen, gefordert werden; die aber mittelbar zum Sturz unserer verrotteten falschen Gesellschaft beitragen werden, weil jener Anspruch auf Gleichheit der Bedingungen beständig und mit immer lauterer Stimme erhoben werden wird, bis man auf ihn hören muss, und dann wird es zuletzt nur noch eines Schrittes darüber hinaus bedürfen, und die zivilisierte Welt wird sozialisiert sein – wenn wir dann auf die Vergangenheit zurückblicken, werden wir erstaunt sein, wie lange wir das Leben, welches wir jetzt führen, ertragen haben.

Dieser Vortrag wurde erstmals gehalten am 30. November 1884 und 1887 in „Commonweal“ abgedruckt. Aufgenommen in den Sammelband „Signs of Change“.
„Zeichen der Zeit“ erschien mit der Übersetzung von Paul Seliger, Leipzig, Hermann Seemann Nachfolger, 1902.

Überarbeitung der Übersetzung 2013

Dieser Beitrag wurde unter Texte von William Morris veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.